Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
Fackel hervor. Heißes Licht ergoß sich über die Waffen, funkelte auf metallenen Schränken und streute helle Streifen auf den Schleifstein; auf die abgelegten, schimmernden Klingen, die schon bald von frischem Blut getrübt werden sollten; und auf die Amethysten und Diamanten auf Diegans Wams, die sich im Rhythmus seines hitzigen Atems bewegten.
Sanft wie sonnengebleichter Samt, umringt von scharfgeschliffenen Waffen, blickte der Hüter des Althainturmes verständnislos drein. »Wünscht Ihr zu helfen?«
»Ich wünsche Dharkarons Fluch über Euch alle, wie ich es nie zuvor so inbrünstig getan habe!« Brüsk trat Diegan vor; Goldtroddeln schlugen an seinen Stiefelstulpen, als er abrupt stehenblieb und auf Lysaer herabstarrte. »Was habt Ihr mit ihm gemacht? Ihn getötet? Weil er sich gegen Euren Prinzen ausgesprochen hat?«
»Sie würden ihm nichts tun«, unterbrach Dakar. »Lysaers Gabe des Lichts wird noch gebraucht, um Arithons faule Schatten zu vertreiben.«
»Also ist es wahr!« Diegans schwarze Augen wanderten von Sethvir zu Asandir. »Der König, den Ihr uns habt andrehen wollen, ist einer von Euch, ein Zauberer von Geburt und Lehre. Ihr habt unseren Rat mit der Androhung eines Aufstandes zum Stillhalten gezwungen. Nun, der Rat hat stillgehalten, und wir haben trotzdem einen Aufstand. Die Gildehäuser brennen. Der Ministerialpalast und die Ratshalle werden gerade jetzt von dem Pöbel gestürmt.«
Es hatte ganz den Anschein, als vermochten Diegans Beschuldigungen Sethvir nicht weiter zu beeindrucken. Er spielte mit seinem Barthaar, als er sich im Zusammenhang mit Lysaer wieder seinem Bruder im Geiste zuwandte. »Es gefällt mir gar nicht, ihn freizulassen, ehe wir wissen, was Arithon widerfahren ist.«
»Wir haben keine andere Wahl.« Asandir legte seine Hände auf den blonden Schopf des Prinzen auf der Sänfte und schickte ihm einen sanften, weckenden Ruf. Sethvirs entsetzliche Enthüllung über die verpfuschte Menschlichkeit des Geistes hatte sämtliche Prioritäten verändert. Der Unterbringung Desh-Thieres in dem sichereren Gewahrsam in Rockfell mußte Vorrang eingeräumt und das Überleben Etarras sich selbst überlassen werden. Der Stand des Lordgouverneurs war weit über den Punkt hinaus ins Schwanken geraten, an dem seine Autorität noch hätte bestehen können. Lysaer allein war fähig, Arithons Würgegriff der Schatten von der Stadt zu lösen und die weitere Ausbreitung der Panik und des irregeleiteten Blutvergießens zu unterbinden, selbst wenn der Fluch des Desh-Thiere ihn dazu treiben würde, die Stadtgarnison als Waffe gegen seinen Halbbruder einzusetzen.
Mit der Voraussage eines Krieges würde das Netz auf jeden Fall recht behalten.
»Ihr sollt bekommen, was Ihr begehrt.« Asandir begegnete Diegans Groll mit einer Ruhe, hinter der sich der Schrecken der Erkenntnis verbarg. »Krieg, Mißverständnisse und einen Grund zu unvergänglichem, erbittertem Haß.«
Unter seiner Fürsorge rührte Lysaer sich stöhnend.
Diegan kniete rasch neben ihn und schüttelte des s’Ilessid-Prinzen Arm. »Geht es Euch gut? Freund, haben sie Euch verletzt?«
Lysaer schlug die Augen auf. Für einen Augenblick sah er ganz verloren aus. Dann wandte er stirnrunzelnd den Kopf und fixierte Asandir mit klarem Blick. »Ath, vergib mir«, flüsterte er. »Ich hatte einen Alptraum. Oder ist es wahr, daß ich Elshians Lyranthe zertrümmert habe?«
Beinahe wäre Asandir zurückgeschreckt. In seinen fragenden Blick trat ein Ausdruck des Jammers, als Sethvir von der Seite traurig Lysaers Worte bestätigte.
Mitgefühl ließ seine Stimme erbeben, als er sagte: »Woran Ihr Euch auch erinnern mögt, es war kein Traum. Etarra wurde in einen Aufruhr getrieben. Nachdem Eure Taten den Prinzen von Rathain in Mißkredit getrieben haben, werden nun sogleich Eure Gaben benötigt, um die Ordnung in der Stadt wiederherzustellen.«
Erst in diesem Moment erregte der Lärm des Mobs Lysaers Aufmerksamkeit. Er setzte sich auf, sah Diegan und errötete, als seine Erinnerung zurückkehrte. »Arithon. Was ich auch gesagt habe, er hat ein Chaos verursacht, Schatten und Furcht über die Stadt gebracht.« Dann, in einem veränderten Ton, der durch Mark und Bein ging: »Wo ist er?«
»Ihr sprecht von Eurem Halbbruder«, rügte Sethvir in der unsinnigen Hoffnung, so einen verborgenen Funken seines Gewissens zu wecken.
Doch Desh-Thieres Fluch hatte sich unverrückbar tief in ihm festgesetzt, und alter Groll drang mit Gewalt an die
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