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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Hosen und sein langärmeliges Hemd gekleidet, betrachtete er Dakar, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, so wie er es in der Vergangenheit oft getan hatte, wenn er sich gemüht hatte, den melodischen Nuancen zu folgen, die Halliron, der Meisterbarde, ihn gelehrt hatte.
    Von dem Gehabe, das ihn an jene frühere, falsche Identität mit Namen Medlir erinnerte, erneut aufgebracht, versteifte sich Dakar. »Ihr habt es gewußt! Ihr habt die Resonanz des Bannes gehört, mit dem Asandir mich belegt hat, und Ihr habt mich nicht einmal gewarnt.«
    »Ich habe dich nach dem Goldstück gefragt, falls du dich erinnerst«, konstatierte Arithon. »Die Harmonie, die deine Person umfangen hält, hat beachtlich ähnliche Untertöne.«
    Dakar konterte mit einer schmutzigen Phrase, ohne eine passende Reaktion zu erzielen. Um so erzürnter, vermochte Arithons Geduld ihn doch gänzlich aus der Fassung zu bringen, platzte er heraus: »Und, was gedenkt Ihr nun zu tun?«
    »Ich bin bereits überfällig für eine Verabredung in einer bestimmten Taverne in der Hafenstraße.« Der Herr der Schatten schob sich von den Felsen fort. »Du siehst aus, als könntest du ein Bier vertragen.«
    »Ath, nein«, widersprach Dakar feindselig. »Noch einmal wird es Euch nicht gelingen, mich betrunken zu machen.« Um dem Bann Asandirs entgegenzuwirken und den Herrn der Schatten loszuwerden, würde er einen subtilen Plan und klare Gedanken brauchen. »Jetzt, da ich weiß, ich befinde mich in Eurer Gesellschaft, werdet Ihr mich nicht mehr einfangen können, indem Ihr meinen Verstand vernebelt.«
    Eine Bewegung des weißen Hemdes wurde in der Dunkelheit sichtbar; Arithon zuckte mit den Schultern. »Ganz wie du willst. Die Wahrheit ist, ich könnte durchaus ein Bier gebrauchen.«
    »Daelion möge sich erbarmen!« schimpfte Dakar angewidert. »Wo bleibt Euer Respekt? Der Barde, den Ihr genug geliebt habt, Euch von ihm ausbilden zu lassen, ist tot! Ist das Eure Art, sein Andenken zu wahren? Loszurennen und Euch zu betrinken?«
    Mit ausdrucksloser Miene murmelte Arithon einige Worte in paravianischer Sprache, die im Tosen der Brandung untergingen. Überrascht, der erwarteten, zornigen Bemerkung entgangen zu sein, blieb der Wahnsinnige Prophet einen Augenblick reglos vor Verblüffung stehen, als sich das Objekt seines Tadels schon an ihm vorbeischob. Solchermaßen genötigt, eilends hinterherzustolpern, stieß sich der fette Seher während des ganzen Weges über den Klippenpfad immer wieder die Zehen an.
     
    Von Sonnenuntergang bis zur Morgendämmerung braute sich im Hafenviertel von Seehafen ein stetes Gewimmel aus Radaubrüdern und anderem Pöbel zusammen. Hier, wo Gauner mit brennenden Fackeln jonglierten und die Pfandleihen die ganze Nacht über geöffnet blieben, um den Matrosen Geld für ihren Schmuck anzubieten, bildete die derbe Parade der Huren und der taumelnde Festzug der Seeleute, die sich feiernd auf das Auslaufen ihrer Schiffe vorbereiteten, einen kaleidoskopartigen Tumult. Wenn schon auf den Straßen zwischen den Geschäftshäusern mit den Giebeldächern ein Gedränge wie auf einem Jahrmarkt herrschte, so waren die Tavernen zum Bersten voll. Übertrieben gekleidet oder halbnackt, fand sich in ihnen eine bunte Mischung aus Matrosen, die fest entschlossen waren, die Freuden, auf die sie neun Monate hatten verzichten müssen, gleich alle in ihrer ersten Nacht an Land nachzuholen. Die meisten tobten sich aus und zechten, bis sie ihr letztes Geld verpraßt hatten, um gleich darauf beim nächsten Proviantmeister für eine neue Reise anzuheuern.
    Der Gastraum der Kielwassertaverne beanspruchte den Ruf für sich, die wildeste Spelunke der ganzen Hafenstraße zu sein. Da sie den Kais am nächsten lag, schwankten die Matrosen noch immer mit Seegang herein, um sich ihren ersten Trunk zu genehmigen, und allzuoft kamen sie nicht mehr weiter. Die Mannschaften der Schmugglerschiffe versammelten sich hier, nüchtern und wachsam, stets bereit, überraschende Anordnungen von ihren Kapitänen zu erhalten, die Schiffe, beladen mit schwarzer Ware, in aller Eile vor dem Zugriff des Hafenmeisters zu retten und in eine sicherer Bucht zu fahren.
    Im Kielwasser mußte ein Fremder, der an einem Tisch sitzen und sein Bier trinken wollte, damit rechnen, für dieses Privileg ein ordentliches Bestechungsgeld hinlegen zu müssen.
    Hilflos verstrickt in Asandirs Magie, entsagte Dakar seinem Drang zu klagen. Sein Entschluß, zum Zweck seiner blutrünstigen Pläne nüchtern zu bleiben,

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