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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Kadaver verspeisen.«
    Kurze Zeit später beendete Dhirken, über die Inhalte von Arithons Taschen gebeugt, ihre Untersuchung glänzender, fremdartiger Instrumente und Karten. Von ihrem Hunger getrieben, ließ sie schließlich von den Gerätschaften ab und holte Atem, Bursche zu rufen, als ihr der seekranke Komplize in den Sinn kam, den sie, geknebelt und verschnürt wie einen Truthahn, unter Deck zurückgelassen hatten. Voller Abscheu erhob sie sich. Sollte diese fette Landratte nicht bereits an den eigenen Gedärmen erstickt sein, so würde sie ihn wohl befreien müssen. Die Klinge offen in der Hand, stieg Dhirken die Kajüttreppe hinunter.
    Die schattenhafte Dunkelheit in ihrer Kajüte schien viel zu still zu sein. Fluchend wartete sie darauf, daß ihre Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnten, und fluchend erkannte sie, daß Bursche tief schlafend in ihrer Koje lag. Des Kochs bestes Messer war den schlaffen Fingern entfallen. Blau leuchtete die Klinge im fahlen Licht, das durch das offene Fenster hereinfiel. Gleich neben den Stiefeln des Gefangenen hatte sich die Spitze des Messers in die Planken gebohrt.
    Doch Dakar ging es viel zu schlecht, die Gelegenheit wahrzunehmen. Sein Gesicht hatte sich grünlich verfärbt, und sein Haar kräuselte sich in schweißnassen Strähnen. Erstaunt stellte Dhirken fest, daß es ihm gelungen war, sich des Knebels zu entledigen, doch selbst als sie sich bückte, das Messer aufzuheben, konnte sie von dem Handtuch keine Spur entdecken.
    Über ihr, zwischen den Schmerzenslauten, die vermutlich auf Koliken beruhten, ausgelöst durch die Verdauung von Stoffetzen, keuchte der Gefangene: »Wo ist Arithon?«
    »Hängt an der Rahe am Besanmast, und er ist verdammt fest verschnürt, falls dich das beruhigt.« Mit Weitblick schob Dhirken ihr Entermesser wieder in die Scheide, war doch das Küchenmesser besser geeignet, die Fesseln zu durchdringen. »Dort wird dein Freund bleiben, bis die Schwarze Drache den Hafen erreicht, den anzusteuern er versprochen hat.«
    Als die Fesseln herabfielen, massierte Dakar seine wundgescheuerten Handgelenke. »Wie viele Matrosen hat er umgebracht, ehe Ihr ihn aufgehängt habt?«
    Auf den Knien, damit befaßt, Dakars Füße zu befreien, blickte Dhirken eisig zu ihm herauf. »Keinen«, sagte sie verärgert. »Was soll die Frage? Er hat sich freiwillig ergeben.«
    »Ach, gnädige Frau.« Dakar seufzte aus tiefster Seele. »Er ist gewiß nicht Euer. Das ist der Ärger mit ihm. Was auch immer Ihr denken mögt, was er Euch auch glauben gemacht hat, über eines solltet Ihr Euch im klaren sein: Wenn er nicht getötet hat, so tanzt Ihr nach seiner Pfeife.«
    Dhirken erhob sich. Ihre Augen glänzten in der Dunkelheit, während sie nachdenklich den Dolch in ruhiger Hand hielt. »Du kannst ihn absolut nicht leiden, und ich finde das nicht sonderlich beruhigend.«
    Dakar schüttelte den Kopf. Dann schlug er die Hände vor den Mund, um sein neuerliches Aufstoßen zu verbergen. Als er schließlich stöhnend eine Entschuldigung hervorwürgte und die Kajüttreppe hinaufstieg, um sich zu übergeben, blickte Dhirken ihm nach, die Arme mit sorgenvoller Anspannung vor der Brust verschränkt.
    »Nun, Ath weiß, daß ich keinem von Euch traue«, verriet sie dem knarrenden Schott ihrer Kajüte. »Was auch immer dabei herauskommen mag, ich werde mich nur auf mein eigenes Urteil verlassen, bis ich weiß, was dahintersteckt.«

 
Zermürbung
     
    Spätsommerliche Wärme hüllte die von steilen Hängen umgebenen Täler mit ihren Laubwäldern und immergrünen Pflanzen in der Küstenregion an der Eltairbucht ein. Die Lerchen sangen nicht mehr, um ihr Territorium bekanntzugeben. Längst waren ihre Jungen flügge geworden und hatten das Nest verlassen. In den Bergen westlich von Jaelot hingegen, dort wo Luhaine sich einer Aufgabe widmete, die er von Asandir übernommen hatte, regierte grausame Kälte in den Höhenlagen, die dem Wechsel der Jahreszeiten nur wenig Beachtung zollten. An wolkenlosen Tagen reckten sich am Morgen die höchsten Gipfel des Skyshielgebirges dem Himmel entgegen. Weiß glitzerten die Gipfel unter ewigem Eis, andere zeigten sich in lebensfeindlicher Düsternis wie schwarze Eisenschlacke, und ihr Schatten verdunkelte noch die tiefsten Schluchten des Rockfelltales, welche die Schneeschmelze mit eisigem Tauwasser überzogen hatte. Bei Nebel und bei Sturm spalteten die Steilhänge der nördlichen Gebirgsausläufer den Wind, und an Tagen, an dem die Böen am

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