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Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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schlimmsten wüteten, drang das Heulen der dahinjagenden Lüfte wie ein Spuk hinab bis in die Täler und niedrigen Ausläufer weit unter den Gipfeln.
    Fallensteller aus Daenfall, die in dieser Wildnis ihrem Tagwerk nachgingen, verweilten nie länger als notwendig bei ihren Schlingen. Sie behaupteten, im Rauschen des Windes könnte man den Berg selbst grollen hören; ein Mann allein konnte dem Wahnsinn verfallen, wenn er zu lange oder zu genau diesen Lauten zuhörte.
    Als der Gesandte der Bruderschaft eintraf, um das Gefängnis des Nebelgeistes zu kontrollieren, fegte der Regen, der zuvor die Niederungen geflutet hatte, orkanartig über die Hochlagen. Mit einem Kreischen, so schrill wie Stahl auf einem Schleifstein, sausten die Winde über Klippen und Eisflächen. Herbeigetriebener Schnee raste über die unpassenden steinernen Stufen, die Davien der Verräter aus einer Laune heraus in den Steilhang getrieben hatte. Die barocken Schnörkel an den Geländerpfosten und die geschnitzten, lauernden schauerlichen Statuetten ragten aus dem Schneegestöber hervor, das sie verhüllte wie alter Staub, der seit Generationen auf leichtfertig zurückgelassenem Mobiliar ruhte.
    Für Luhaines magische Wahrnehmungsfähigkeit waren die Augen der Skulpturen jedoch keineswegs tot. Schutzbanne erwachten, während er vorüberzog, flammten in energetischen Strahlen auf, die gerade jenseits des menschlichen Sehvermögens leuchteten. Natürlichem Felsen wäre seine Anwesenheit gleichgültig gewesen, doch die obsidianbedeckten Gebeine des Rockfellgipfels waren nicht wehrlos. Sie wachten aufmerksam über jeden Eindringling.
    Dort, wo ein Fremder, dem es an der Führung durch die Bruderschaft mangelte, sorglos hinaufsteigen würde, befangen in dem Irrtum, dieser windumtoste Gipfel würde einem unrechtmäßigen Besucher den Zutritt nicht verwehren, hielt Luhaine inne. Als unsichtbarer Strudel, kälter als Eis, um den die Luftströmungen herumwirbelten, als hätte ein Hindernis sie aus ihrer Bahn gebracht, senkte er seine Aufmerksamkeit tastend hinab, berührte den Berg selbst und bat still um Duldung.
    Aus der Tiefe antwortete ihm eine Vibration, fast wie ein Erdbeben, klagend, gedehnt und langgezogen. Zu fein, als daß die Sinne eines Sterblichen sie erfassen konnten, zeugte die Sprache des Felsens doch von einer Herrlichkeit, so prachtvoll, daß selbst die Zeit unbedeutend erschien. Für Luhaine, dessen Neigung zu pingeliger Ernsthaftigkeit sogar Musik als närrische Tändelei abtat, verkam alles Leben der Pflanzen und Tiere nur mehr zu einem vergleichsweise schrillen Chaos im Angesicht des alles überdauernden Charakters, der in diesen ursprünglichen Felsen eingebettet war. Demütigende Würde umhüllte die kahlen Tiefen des Berges. Seit Jahrhunderten erduldete dieses Massiv die Einkerkerung vieler feindseliger Wesen, deren Bosheit sich gegen das Gesetz des Großen Gleichgewichts richtete. Das letzte dieser Wesen war der Nebelgeist. Luhaine, selbst von hartnäckiger Beharrlichkeit, verneigte sich ehrfürchtig vor der beständigen Duldsamkeit des Rockfellgipfels.
    Als ihm der Zutritt zum Zwecke der Überprüfung der Wards gestattet wurde, verfeinerte Luhaine seine Präsenz. Nicht länger war er ein Netz feiner Energien, sondern ein feinstofflicher Schleier, der sich herniederlegte und langsam in das Innere des Berges herabsank. Schnee, Eis und Klippen der Oberfläche wichen schwarzem Schichtgestein, das niemals der Peinigung durch Sonne und Wind ausgesetzt gewesen war. Irden und ehern flüsterten Harmonien durch die verborgene Tiefe, während das Rauschen unterirdischer Quellen durch die Dunkelheit drang, die mit magischen Banden verwoben war. Luhaines Wahrnehmung vermochte all die spinnwebzarten Stränge zu unterscheiden, ausgebreitet als Resonanz, gewoben zu strahlender Harmonie von seinen gänzlich verschiedenen Brüdern.
    Davien der Verräter hatte den ursprünglichen Schacht gegraben und auch die fünfeckige Kammer auf dem Grund. Auf den ersten Blick pragmatisch, nichts weiter als eine derbe Absichtsäußerung, der zu trauen Luhaine zu klug war, bargen die Fasern der großen Beschwörung, die Daviens Werk umspannten, verdrehte Wirrungen wie ein verknotetes Tau, unregelmäßige Wirbel wie die Strömungen des Wassers in einem Forellenteich. Verborgene Mächte rührten sich, verschmolzen miteinander und waren doch außerhalb jeglichen Klanges, weit abseits des fahlen Bereiches sichtbaren Lichts. Luhaine erinnerte sich, daß der Anprall

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