Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
oder Armbrust ist. Diese Bombarde, die Ihr geschaffen habt, erfordert nur wenig Kampfeskunst für ihre Anwendung. Wie sich gestern in aller Deutlichkeit erwiesen hat, kann jeder unwissende Narr mit einer Fackel und diesen Waffen gewaltige Schäden anrichten.«
Anklagend brach es aus dem Herzog s’Brydion hervor. »Dann war das Euer Spion!« Seine Worte mischten sich mit der lautstark vorgetragenen Phrase Mearns. »Aber diese Waffe haben wir zu unserer Verteidigung angefertigt!«
Während allein ihre schmerzenden Köpfe Parrien und Keldmar davon abhielten, die Auseinandersetzung anzuheizen, hob der Zauberer die Hand, um weiteres Gebrüll zu unterbinden. »Macht allein ist frei von Moral. Aber was, wenn ein habgieriger Mann die Waffe dazu nutzen würde, sich Macht zu verschaffen und hochherrschaftliche Befugnisse zu erzwingen. Wie wollt Ihr das verhindern?«
»Wir haben gewiß nicht die Absicht, unsere Entdeckung zu teilen«, schnappte Keldmar, der seinen vehementen Ausbruch sogleich leise winselnd bedauerte. »Sithaer! Warum sonst sollten wir die Waffe samt Munition wohl Tag und Nacht bei strengster Bewachung unter Verschluß halten?«
»Wer werden Eure Erben sein?« Asandir erhob sich.
»Könnt Ihr auch für deren Selbstbeherrschung und Umsicht garantieren?« Zu taktvoll, auf die Bedeutung der Flecken einzugehen, die das Blut des Hauptmanns auf dem Teppich hinterlassen hatte, zog er einen leeren Stuhl herbei und bedeutete Mearn mit gestrengem Blick, herbeizutreten und sich zu setzen.
»Ihr habt diese Bombarde nach der wissenschaftlichen Abhandlung Magyres gebaut«, nahm der Zauberer den Faden wieder auf. »Hättet Ihr ihn je getroffen, so wüßtet Ihr, daß er ein gebrechlicher Gelehrter war, dessen Gewissen ihm nicht einmal gestattete, eine Fliege zu erschlagen. Er entdeckte das Schwarzpulver durch Zufall und setzte seine Forschungen nur fort, um seinen Enkeln zu Festtagen mit Feuerwerkszauber eine Freude zu machen. Die Bruderschaft hat ihm ihre Argumente vorgetragen, so wie ich es heute morgen Euch gegenüber tun werde. Unter unserer Führung und auf unseren Rat hin, hat Magyre seine Experimente eingestellt. Später erfuhren wir, daß er etliche Kopien seiner Aufzeichnungen versteckt gehalten hatte. Aus persönlichem Stolz konnte er es nicht über das Herz bringen, all seine Aufzeichnungen zu verbrennen, nachdem sie den Kindern so viel Freude gebracht hatten. Kaum eine Generation später sitzen nun wir hier. Schon jetzt habt Ihr aus den hübschen Flammen und dem lauten Krachen eine Waffe geformt, die Witwen und Waisen hervorzubringen imstande ist. Magyre würde weinen, würde er noch am Leben sein und davon erfahren, aber der Schaden ist bereits angerichtet. Eure Waffenkammer liegt in Schutt und Asche, Eure Bürger sind verängstigt, und kein Geheimnis kann über die Dauer Eures Lebens hinaus sicher bewahrt werden.«
Zu sehr nagte die Zerstörung ihrer Gewölbe an den Brüdern, als daß sie vernünftigen Argumenten gleichmütig hätten lauschen können. Statt dessen reckten sie die Unterkiefer vor und tauschten Blicke aus, in denen sich ein Widerstand, so hart wie Flußgestein, offenbarte.
Bransian schlug mit seiner gepanzerten Faust auf den Tisch. »Wenn Ihr von uns erwartet, daß wir nie wieder eine Bombarde abfeuern, so verschwendet Ihr Eure Zeit. Wir sind keine zaghaften Gelehrten, die sich von vagen Zukunftsaussichten einschüchtern lassen, sondern die Herrscher über eine Stadt, die von Feinden umgeben ist. Gewiß werden wir keinen Vorteil aufgeben, den wir uns zunutze machen könnten.«
»Ihr werdet keine weiteren derartigen Waffen anfertigen«, widersprach Asandir. Eine Veränderung hatte sich in seine Züge geschlichen, gewaltig und furchterregend, gleich der elektrischen Ladung einer Sturmfront vor dem Blitz. »Dies stand nie zur Frage. Doch noch ehe ich gehen werde, werdet Ihr anders urteilen. Wenn ich fertig bin, dann werdet Ihr wissen, warum.«
Unverfroren wie sie waren, konnte doch keiner der Brüder auch nur den geringsten Protest von sich geben. Der Zauberer sammelte sich für einen Augenblick mit gesenktem Kopf, die Hände auf der goldenen Maserung der Eichenholzplatte des Tisches gefaltet. Weit unten erklangen vergnügte Stimmen aus dem Innenhof, als die Gardesoldaten einander mit derben Scherzen unterhielten. Dünner Rauch stieg aus den Öfen der Ziegelbrennereien auf, als die Arbeiter begannen, die Feuer des neuen Tages zu entzünden. Sonderbar muteten nun diese gewöhnlichen Dinge
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