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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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schätzen uns glücklich, noch am Leben zu sein. Noch immer leben Ableger ihrer Brut, die jene Zeit überlebt haben, in Athera. Iyats gehören dazu. Wyverns und Khadrim fliegen und paaren sich nach wie vor, doch auch wenn von jenen größeren Kreaturen noch einer tief in einer vulkanischen Grube hausen sollte, so wurden sie dennoch dezimiert und haben den Versuchungen der Wahrträume entsagt. Seit die Paravianer von unserem Kontinent verschwunden sind, hält Sethvir darüber beständig Wache.«
    Die Sonne folgte gemächlich dem Lauf des Tages, und Asandirs Gestalt rückte langsam in den Schatten. Nicht einer der Gebrüder s’Brydion, die wie gebannt seinen Worten lauschten, bemerkte die Veränderung, als des Zauberers Sprache langsam in den sanften, wogenden Rhythmus der paravianischen Zunge überging. Ob seine Stimme einen magischen Bann wob oder ob die Worte selbst von Macht verzaubert waren, vermochte nur der Zauberer selbst zu sagen. Sein Vortrag formte sich zu einem direkten Eindruck im Geist seiner Zuhörer, der sich jeglicher Definition durch Klang und Symbolik widersetzte; die Brüder erlebten die Vergangenheit in Asandirs Erzählung mit solcher Deutlichkeit, als wären sie selbst dabeigewesen.
     
    In einem nebelverhangenen Tal weidete eine Rotte Rehe. Plötzlich hoben die Tiere lauschend den Kopf. Es gab keine Warnung, kein Geräusch, nicht einmal einen Schauer herabfallender Tautropfen von aufgepeitschtem Gras; nur eine überraschende Explosion der Bewegung, als etwas Großes, etwas Dunkles aus dem Strauchwerk am Rande des Tals hervorbrach. Muskelspiel unter langem, schwarzem Fell; verschwommen, ein katzenartiges Geschöpf, und Krallen blitzen auf dann der Schrei eines sterbenden Tieres. Die Herde rannte davon, machte kehrt, flüchtete wieder, doch der Räuber umkreiste sie immer schneller. Ein Schlag mit dem schuppigen Schwanz, ein zustechendes Horn, und ein weiteres Reh fiel zu Boden und schlug mit braunen Beinen um sich; dann noch eines, den Nacken unter dem Biß gewaltiger Fangzähne gebrochen. Zu schnell, ihm zu entkommen, ausgestattet mit einer unheilvollen Grazie, tötete der Seardluin wieder und wieder, bis das Tal von dampfenden Kadavern bedeckt war und auch das letzte Reh ausgeweidet am Boden lag.
     
    Kummervoll entwickelte sich Asandirs Erzählung im Hintergrund der Vision. »Die Seardluin haben zum Vergnügen getötet, wie ein Wiesel es im Blutrausch tun mag. Vielleicht konnten sie auch, ähnlich wie die Drachen, die animalische, magnetische Kraft des frisch vergossenen Blutes fühlen und haben sich an dieser Macht gelabt. Welch wirre Absicht sie auch getrieben haben mag, sie wollten morden, bis die Erde sich in roten Schlamm verwandelte. Sogar die großen Drachen selbst haben ihren Nachwuchs an diese Räuber verloren.«
    Der Rest der Geschichte, festgehalten in einem Schriftstück, das sicher im Althainturm verwahrt wurde, erzählte davon, wie diese fehlgeleitete Ignoranz durch die strahlende Macht des Wissens erleuchtet wurde. Der Schöpfer sandte eine Gabe, das Unheil zu beenden, das die Drachen freigesetzt hatten. Einzig unter den Welten wurde Athera mit den Kindern von Aths neuer Schöpfung gesegnet. Die Paravianer wurden zur leibhaftigen Bekräftigung jener Ordnung, die alle Strukturen im Gleichgewicht hielt. Ihre Art umfaßte das Muster göttlichen Tuns, mit dessen Hilfe das Leben, das die nutzlosen Träume der Drachen verunreinigt hatten, errettet werden konnte.
    »Und so kamen die drei gesegneten Rassen nach Athera«, erklärte Asandir. »Zentauren, Ilitharis, deren Kraft darin lag, die Erde zu nähren und im Notfall mit ihrem Blut zu verteidigen. Und Ath schickte die kleine Rasse, die Sonnenkinder, die unsterbliche Freude des Lebens zu zelebrieren. Schließlich gab der Schöpfer Athera die Riathaner, die Einhörner, die die lebendige Brücke bildeten, welche die Verbindung zu allem darstellt, was ist oder sein wird. Sie sind die unbefleckte Offenbarung der bedingungslosen Liebe, die alles Sein umfaßt.«
    Die Geschichtsschriften, die im Althainturm aufbewahrt wurden, belegten den Verlauf zweier Zeitalter voller tragischer Konfrontationen. Die Welt war ebenso strahlend wie wüst, hatte doch selbst der leuchtende Schein paravianischer Grazie nicht vermocht, die Seardluin von ihrem Pfad hitzigen, leidenschaftlichen Mordens abzubringen. Die Kreaturen stellten Armeen auf und zwangen die Nachkommen der Drachen in ihre Dienste. Schlachten wurden geschlagen, und Tragik überschwemmte die

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