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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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mochten die Menschen seine Kollaboration mit Arithon verraten, doch lebte er unter ihrem Dach, war er einer der ihren. Welch böse Absichten sie auch von dem Herrn der Schatten erwarten würden, Tharricks Interessen blieben doch gewahrt.
    Die Prozession, mit der der Invalide in ihr Haus gebracht wurde, traf am frühen Nachmittag ein. Jinesse hatte das Bett im Hinterzimmer ihres Hauses mit frischem Leinen bezogen und erwartete den Kranken. Nach einer knappen Stunde in ihrer Küche, während derer sie Wasser kochte und Rezepte für heilsame Kräuterumschläge anrührte, war der Heiler des Prinzen überzeugt, daß sie sehr gut wußte, wie mit Brandwunden zu verfahren war. Als Mann von trägem Gemüt und Gelehrter noch dazu, war er gern bereit, den Kranken in ihrer Obhut zu lassen. Überdies hatte sie ihm in ihrer Abneigung gegen Fremde ein wenig freundliches Willkommen bereitet. Also versicherte er ihr, daß er alle paar Tage vorbeischauen würde, um sich zu vergewissern, daß Tharricks Wunden ordentlich ausheilten.
    Die Träger mit der Krankentrage verließen lachend und scherzend im winterlichen Zwielicht, das die Bucht vor Merior in Nebel hüllte, ihr Haus. Als Jinesse das Fenster schloß, um die feuchte Meeresluft fernzuhalten, und begann, Kerzen zu entzünden, rührte sich Tharrick in seinem tiefen, drogenumwölkten Schlaf. Er öffnete die Augen und sah vor sich den vertrauten Anblick eines blonden Gespenstes von einer Frau, deren Haut im Licht des flackernden Scheins der Talgkerze wächsern schimmerte.
    Sie sah, daß er das Bewußtsein zurückerlangte. Ein stilles, zartes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als sie die Hand ausstreckte, um ihm das angesengte Haar aus der bandagierten Stirn zu streichen. »Nicht sprechen.« Ihre Miene war ihm Warnung genug, als sie flüsterte: »Lysaers Männer warten draußen.«
    Tharrick schloß die Augen, verunsichert über die Frage, wie er wieder in die Obhut der Witwe gelangt sein mochte, doch dankbar für ihre Nähe und Fürsorge. Er konnte sich gut vorstellen, daß die Hütte nun unter Bewachung stand. Lysaer und seine Offiziere hatten ihn eindringlich befragt. Eine drängende Leidenschaft trieb sie, nach jeder noch so kleinen Spur zu graben, die ihnen einen Einblick in Arithons Absichten liefern mochte oder gar seinen Aufenthaltsort verriet. Tharrick hatte all ihren Schmeicheleien standgehalten. Schwitzend, in Laken gehüllt, hatte er ihre Drohungen erduldet und bis hin zu tödlicher Langeweile immer wieder die gleiche Aussage wiederholt. Er mußte nicht lügen, um sich unwissend zu geben. Nur der tote Kapitän der Feuerpfeil hatte gewußt, welchen Hafen sie anlaufen sollten.
    Nun, erneut in behaglicher Umgebung, besänftigt durch die Illusion der Sicherheit, wurde ihm schlagartig bewußt, daß er und die Witwe sich verhalten mußten, als würden sie einander nicht kennen.
    Spät in der Nacht, als die Brecher mit der Flut gegen die Landspitze donnerten, kam Jinesse in sein dunkles Krankenzimmer. Sie brachte ihm Wasser, so wie sie es getan hatte, als er noch unter Arithons Obhut gestanden hatte, und strich das Bettzeug glatt, das er in seinem Leid zerdrückt hatte.
    »Glaubt Ihr dem Prinzen des Westens?« verlangte sie ohne Umschweife mit leiser Stimme zu erfahren. Allzu frisch lastete die Erinnerung an den Vormittag auf ihrer Seele, als sich ein Nachbar geweigert hatte, ihr Eier zu verkaufen, und eine Frau auf sie gezeigt und behauptet hatte, sie wäre eine verhexte Kreatur, zum Bösen verführt und ein Günstling des Herrn der Schatten.
    Im Mondlicht, das zwischen flüchtigen, hochfliegenden Wolken hindurchschimmerte, betrachtete Tharrick forschend ihr Profil. »Daß Prinz Arithon böse ist? Oder daß er der Verursacher verbrecherischer Untaten im Norden ist?«
    Während das Tosen der Brandung ihre Unterhaltung übertönte, senkte sie den Kopf. Finsternis umgab plötzlich ihre Züge. »Denkt Ihr denn, da gibt es einen Unterschied?«
    Mit einem Unbehagen, das nur wenig mit seinen Brandwunden zu tun hatte, bewegte sich Tharrick vorsichtig. »Die Beschuldigungen sind zu treffend, sie zu leugnen. Vergeßt nicht: Ich habe gesehen, was er in Alestron angerichtet hat.«
    »Ihr werdet ihn verraten«, sagte Jinesse.
    »Das sollte ich.« Tharrick schob die Decke zur Seite und streckte die verbundene Hand aus, ihr Knie zu tätscheln. »Aber ich werde es nicht tun.« Wohlwissend, daß sie ihm ihre zarten, porzellanklaren Züge zuwandte, schluckte er. »Mag sein, daß er verdorben und

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