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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Zwillinge der Witwe vor dem Verderben zu behüten. Ein anderes, ungestüm und verräterisch, riß die Kontrolle an sich, und dieses forderte zuerst nach einer Antwort.
    »Der Mann, Tharrick, weiß mehr über die Absichten meines Feindes, als er zugibt. Die Rolle der Frau ist kompliziert. Sie hat keine andere Wahl, als ihren Kindern zu folgen. Wenn sie das tut, wird sie meinem Heer den Weg weisen.« Vor dem Hintergrund des plätschernden Wassers und der Vögel, die ihr Gefieder aufplusterten, während sie auf ihn herabstarrten, erklang seine Aussage so laut wie ein Schrei.
    Lysaer, der stets stolz auf seine Fähigkeit zur Diskretion gewesen war, zuckte bestürzt und verlegen zusammen; dann, als ihm das begierige Taktieren seiner Worte zu Bewußtsein kam, wand er sich in vernichtender Schande und Scham, während er voller Schrecken das Antlitz der Eingeweihten anstarrte.
    Doch ihre ebenholzschwarzen Brauen zuckten nicht, zeigten nicht den kleinsten Tadel, als sie sagte: »Der Mann und die Frau, die Ihr sucht, sind unsere Gäste. Sie verfügen über ihren eigenen, freien Willen, wie Aths Gesetze es verlangen, und sie wünschen nicht, auf solche Weise benutzt zu werden.«
    Lysaer unterdrückte seine Ungeduld. Er legte die Hände an seine Schläfen und kämpfte um sein Selbst, mühte sich, das irrsinnige Spiel der Halluzinationen aus seinem Geist zu bannen, doch das Plätschern der Quelle und die leisen Flötenklänge der Singvögel gaben all seine Absichten heilloser Zerstreuung anheim.
    Ehern und mit scharfem Ton ergriff er wieder das Wort, und dieses Mal sprach der Teil von ihm, der ein Prinz war. »Tharrick und Jinesse wurden irregeleitet, ja, sogar auf gefährliche Weise verlockt. Im Dienste aller Menschen, muß ich den Zauberer zur Strecke bringen, dessen verderblicher Einfluß diese beiden vom Weg abgebracht hat.«
    Die Eingeweihte antwortete ihm mit knappen Worten: »Um ihm das Leben zu nehmen!«
    Erneut fühlte sich Lysaer um sein Gleichgewicht gebracht, herumgewirbelt und schwindelnd, bis er in ein wahnsinniges Gelächter ausbrechen wollte, doch nur heiße Tränen benetzten seine Wangen. Mühsam errang er wieder die Balance, doch nichts war mehr wie zuvor. Neben ihm schlugen die Vögel aufgeschreckt mit den Flügeln, ehe sie davonflogen. Der Hase zu seinen Füßen war längst entfleucht. Die Leopardendame war alarmiert aufgesprungen und betrachtete ihn mit dem Blick eines Jägers aus weit aufgerissenen grünen Augen, die an verwitterte Kupferstücke erinnerten.
    Nicht die harschen Worte der Eingeweihten hatten die Ruhe der Tiere gestört. Von Schaudern ergriffen erkannte Lysaer, daß allein seine gesammelte Präsenz sie aufgeschreckt hatte.
    Auf einmal wünschte er sich so sehr, loszumarschieren, zu gehen. Als er sich aber bewegte, fing die Wasseroberfläche erneut seinen Blick ein und hielt ihn in einem Schleier magnetischer Anziehung gefangen. Zu spät erkannte er die Falle, die sich über ihm schloß. Der ruhige Friede der Bäume drängte ihn in einen endlosen Strudel der Ermattung.
    Neben ihm schob die Frau ihre Kapuze zurück. Wie feinste, dunkelgefärbte Seide glänzte ihr offenes Haar in dem fahlen Zwielicht, und ihre Augen sahen aus wie Mondsteine. Ihre Lippen aber bildeten den Rahmen für die Stimme Dharkarons, für das Knirschen der Räder an seinem Streitwagen, als er donnernd herbeiraste, um Abhilfe für das Unrecht zu fordern, das der Welt widerfahren war.
    »Arithon Teir’s’Ffalenn ist nicht dein Feind.«
    Lysaer fühlte einen brennenden Schrei in der Tiefe seines Schlundes. Er fühlte sich stark, fühlte sich ganz und von unfaßbar scharfem Verstand. »Arithon s’Ffalenn würde mich ebenso schnell ermorden, wie ich ihn töten würde. Wenn Ihr Zweifel an seinen Absichten hegt, so hat er auch mit Euch sein Spiel getrieben.« – »Arithon Teir’s’Ffalenn ist nicht dein Feind«, wiederholte die Frau. Groß ragte sie vor ihm auf, und ihre zarten Finger zeichneten ein Siegel weißen Feuers in die Luft.
    Ein Strom gleißenden Lichts spaltete unversehens Geist und Seele.
    Niedergeschmettert von dem Einfluß der herbeistürmenden Energie sprang Lysaer zurück, stolperte über den Felsen und fand sich verständnislos auf dem Boden wieder. Beide Hände lagen bis zu den Handgelenken in eiskaltem Wasser. Er keuchte vor Schrecken. Benebelt von dem Gefühl der Aufspaltung seiner Persönlichkeit, durchbohrt von einem Schmerz, der ihm durch Mark und Bein jagte, kämpfte er mit unvereinbaren Wahrheiten:

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