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Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 05 - Die Streitmacht von Vastmark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Schiffahrtslinie typischen Ladung aus Wollballen und Fellen aus den Steppen Carithwyrs und Fässern mit Talg, Wachs und Rum, verbreitete sie einen unangenehmen Geruch. Der Gestank der Hausschweine, die sie auf ihrer vorangegangenen Fahrt transportiert hatte, schien sich auf ewig in ihre Planken eingeprägt zu haben. Die Matrosen waren faul und erfüllt von tiefstem Haß gegen die Wachmänner, die sie zu den sonderbarsten Zeiten durch die Frachträume schwanken sahen, singend oder fäusteschwingend, manchmal auch einfach mürrisch, je nachdem wohin die Launen gestohlenen Alkohols sie trieben. Der Kapitän der Pfeil war ein rundlicher, fröhlicher Mann mit Tränensäcken über erschlafften Wangen und einer Nase wie ein Mops. Er beschäftigte einen Maat, der eine Haut wie eine Ratte sein eigen nannte und ein stetes Grinsen im Gesicht trug, das selbst dann nicht schwand, wenn er sich des Morgens der Austeilung disziplinarischer Maßnahmen widmete.
    Die gnädige Frau Talith verweilte trotz des gegenteiligen Wunsches des Kapitäns nicht in ihrer Kabine, und ihre betörende Schönheit untergrub jeglichen Drill an Bord. Inmitten ihrer livrierten Gardisten, begleitet von einer Magd, deren Magen der unanständigen, ungehobelten Mannschaft kaum gewachsen war, schlenderte die Prinzessin jeden Tag an Deck. Den lüsternen Blicken begegnete sie so ungerührt wie den schmutzigen Bemerkungen, und ihr etarranischer Hang zur Intrige machte es ihr einfach, das Zusammenspiel zwischen den Befehlshabern und ihren Untergebenen zu durchschauen. Der erste Maat der Pfeil war nachlässig im Umgang mit der Peitsche. Seine Matrosen zeigten sich durch seine Prügelstrafen nicht sonderlich beeindruckt und taten, was ihnen gefiel; und schon am nächsten Abend würde ihm während seiner Wache ein weiterer betrunkener Seemann begegnen.
    Während der Übeltäter dieses Morgens von dem Balken über der Luke losgebunden und von seinen mitfühlenden Kumpanen zum Vorderdeck gebracht wurde, stützte Talith achtern ihre Ellbogen auf die abblätternde, abgenutzte Reling und starrte auf das Meer hinaus. Im Norden, dort, wo der Horizont die Küsten Tysans verbarg, vereinte sich der Himmel mit der blauen See. Jenseits der teergeschwärzten Strickleitern erhob sich im Osten das hochgelegene, gülden leuchtende Festland von Carithwyr im Morgendunst. Von der Langeweile zu dummen Gedanken animiert, zupfte Talith mit den Fingernägeln den spröden Lack von der Reling, während sich das Schiff unter den Rufen der begleitenden Seemöwen schwerfällig knarrend seinen mühsamen Weg gen Süden erarbeitete. Der Kahn war zu träge, nennenswerte Mengen an Spritzwasser zu verursachen, selbst wenn er gerade durch ein Wellental segelte. Wenig entschlossen trottete der plumpe Kapitän des Schiffes zwischen seinem königlichen Passagier und dem Mann am Ruder hin und her, dessen Kuhaugen wieder und wieder vom Kompaß abschweiften. Der Maat hingegen marschierte über das Mitteldeck, während er, die salbungsvolle Stimme erhoben, seine faulen Matrosen davonjagte, ein durchlöchertes Segel auf dem Hauptdeck zu flicken.
    Die Passage um das Kap von West-Shand zog sich über zwanzig Tage tödlicher Langeweile dahin, bis der Ausguck vom Mast herunterrief: »Fremdes Schiff von Luv an achtern!«
    »Vom offenen Meer?« Der Kapitän beugte sich über die Reling und keuchte vor Überraschung wie ein Fisch, der einen bitteren Bissen ausspie. »Ist es beschädigt?«
    »Beschädigt? Nein.« Die Stimme des Ausgucks klang respektvoll. »Es ist in gutem Zustand und liegt so scharf auf Kurs wie ein Hackmesser.« In gepfefferten Worten fügte er hinzu, das die Form dieses Schiffes keinem anderen glich, das jemals in irgendeinem Hafen der westlichen Küste gesehen worden war.
    Umgeben von nichts als Luft und Sonnenschein, zog Prinzessin Talith den Mantel mit einem durchdringenden Schaudern enger um ihre Schultern. Dann strich sie die Röcke glatt, die die Brise um ihre Beine gewickelt hatte, und sagte zu dem Kapitän: »Wir sind in Gefahr. Welche Verteidigungsmöglichkeiten Euch auf diesem Schiff auch zur Verfügung stehen mögen, ich bitte Euch, sie bereitzuhalten.«
    Der Kapitän starrte sie an, als hätte sie soeben den Verstand verloren. »Aber verehrte Prinzessin, was gibt es da zu fürchten? Kein Renegat würde in diesen Gewässern seinen Kopf für eine Ladung unbehandelter Felle und Wachs riskieren.« Mit einer mißbilligenden Geste seiner faltigen Hände deutete er auf die Lagerräume voller

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