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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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hinzu und versuchte diesmal, sich seine Gefühle nicht vom Gesicht ablesen zu lassen.
    Rasch ließ er den Bibliothekar kommen, einen alten Mann, der seit über vierzig Jahren die Schriften und Bücher des Klosters archivierte.
    Mit gewohnt fester Stimme befahl er dem Mönch, die gewünschten Schriften zu holen. Noch bevor der alte Mann etwas erwidern konnte, schickte er ihn fort und ließ nach Bonifàcio rufen, doch der Junge war mit dem Koch auf dem Markt.
    »Ihr könnt in der Zwischenzeit eine Erfrischung zu Euch nehmen«, schlug Felipe vor, der die wachsende Unruhe seines ungebetenen Gastes spürte. »Es wird etwas dauern, bis unser Bibliothekar die gewünschten Karten und Bücher gefunden hat. Er ist nicht mehr der Jüngste.«
    Der Jesuit schüttelte den Kopf. »Ich habe Euch bereits gesagt, dass ich keine Zeit zu verlieren habe. Mein Schiff in die Neue Welt legt morgen ab, und ich habe noch eine Reihe von Vorbereitungen zu treffen. Schickt den Jungen mit den Karten und den Büchern zu dieser Adresse.«
    Nun kam eine unversehrte Hand unter der Kutte hervor und reichte dem Abt einen Zettel, auf dem die Adresse einer Herberge stand.
    Felipe nahm die Notiz entgegen. Es handelte sich um eine der besten Adressen der Stadt. Für gewöhnlich schlugen reiche Kaufleute dort ihr Quartier auf. Als er wieder aufblickte, hatte der Jesuit sich bereits umgedreht und sich ohne Abschied auf den Weg gemacht. Als er am Ende des Kreuzgangs angekommen war, hing der aufdringliche Moschusgeruch immer noch in der Luft.
    Felipe starrte der vermummten Gestalt nach und fragte sich, warum der Mann ein entstelltes Gesicht, eine verkrüppelte Hand und ein steifes Bein hatte. Die möglichen Antworten, die er fand, beunruhigten ihn noch mehr.
    Der Mann hatte gesagt, er wolle morgen abreisen. Die großen Schiffe legten alle frühmorgens ab. Wenn Felipe Bonifàcio dauerhaft loswerden wollte, sollte er ihn so spät wie möglich zu dem Jesuiten schicken, damit dem Mann nicht genug Zeit blieb, den einfältigen Jungen gegen einen anderen Novizen einzutauschen. Am besten der Junge kam direkt auf das Schiff.
    Felipe grinste zufrieden und schnalzte mit der Zunge. Er würde dem Jungen nur einen Teil der Bücher und Karten mitgeben. Der Jesuit hatte keine Zahl genannt. Felipe hatte dieses Kloster zu Ansehen und Reichtum geführt, und er war nicht gewillt, eines davon schmälern zu lassen.
    Sein Blick fiel auf die Feigen. Er würde den Koch bitten, die Milchcreme mit den letzten süßen Feigen zuzubereiten. Sicher schmeckte das Dessert auch mit frischen Früchten hervorragend. Er musste seinen nervösen Magen beruhigen und sich gleichzeitig dafür belohnen, den Jesuiten ausgetrickst zu haben. Und womit konnte man das besser als mit köstlichem Essen?

Atlantik,
    Oktober 1618
    Zehn Tage waren sie nun auf See, und genauso lang hatten sie kein Land gesehen. Wasser, so weit das Auge reichte. Dort wo Himmel und Meer in satten Blautönen miteinander verschmolzen, lag irgendwo ihr Ziel. Aber je weiter sie segelten, desto unwahrscheinlicher erschien es, dass jemals eine Küste am Horizont auftauchen würde. Anfangs hatte die unglaubliche Weite Jana fasziniert, doch mit jedem Tag, den die Reise nun dauerte, empfand sie die schiere Grenzenlosigkeit als bedrohlicher.
    Morgens ging die Sonne wie ein riesiger, orangeroter Feuerball am Horizont hinter ihnen auf, und abends verschwand sie ebenso spektakulär wieder im scheinbaren Nichts. War Jana die Santa Lucia im Hafen von Gran Canaria riesig erschienen, hatte sie jetzt das Gefühl, sich in einer winzigen Nussschale zu befinden, die den Kräften des Ozeans hilflos ausgesetzt war. Dabei hatte das Wetter es bis jetzt ausgesprochen gut mit ihnen gemeint. Die befürchteten Herbststürme hatten noch nicht eingesetzt.
    Dennoch empfand Jana den Wind als zu heftig und das Schaukeln des Schiffs als beinahe unerträglich. Außerdem irritierten sie das peitschende Geräusch des Wassers und das Lärmen der Segel im Wind. Doch während Jana sich eine ruhigere Fahrt wünschte, war Kapitän Valdiva mit dem Wetter mehr als zufrieden. Die Winde trieben das Schiff zügig Richtung Westen. Er und seine Mannschaft waren das Schaukeln und den Lärm gewohnt. Die Männer schrien, um einander zu verstehen. Anders als bei Janas erster Schiffsfahrt verspürte sie diesmal kaum Übelkeit. Sie hatte aus den Erfahrungen gelernt und vermied es, unter Deck zu gehen. Auch nachts zog sie es vor, neben Conrad unter einer der Holzplanken am Rand des

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