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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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dafür sehr erkenntlich zeigten, war eine nette Nebenerscheinung. So war die prunkvolle Ausstattung des Klosters der Großzügigkeit von König Manuel zu verdanken. Die prächtige Fassade des Gebäudes wies den typischen Baustil des Monarchen auf, dessen Regierungszeit vom Wohlstand geprägt gewesen war, weil Männer wie Vasco da Gama für volle Geldkassen gesorgt hatten. Es überraschte daher nicht, dass der König die Gebäude mit üppigen Steinarbeiten hatte verzieren lassen. Zahlreiche maritime Ornamente wie Schiffstaue, Anker oder Wellen waren überall zu finden. Felipe schätzte die Vielfalt an Figuren und Formen und konnte sich nicht daran sattsehen. Der Abt leitete das Kloster nun seit mehr als fünfzehn Jahren. Nie hatte es Beschwerden, Probleme oder Konflikte gegeben. Mit dem Heiligen Vater hatte er bloß freundliche, unverbindliche Briefe ausgetauscht – bis jetzt.
    Ein feiner Windhauch wehte den aufdringlichen Geruch von Moschus zu Felipe. Der Duft war völlig unpassend für ein Kloster, erinnerte er doch an billige, zwielichtige Etablissements, die sich am Rande jeder Stadt befanden. Irritiert hob Felipe den Kopf und sah sich um. Am Ende des Kreuzgangs erblickte er eine verhüllte Gestalt, die geräuschlos auf ihn zukam. Das Gesicht war von einer dunklen Kapuze vollständig verdeckt. Es musste der angekündigte Besucher sein. Die Tracht der Hieronymiten bestand aus einem weißen Rock mit einer kleinen schwarzen Kapuze und einem ebenfalls schwarzen Skapulier. Niemand im Mosteiro des Jeronimos trug einen dunkelbraunen Mantel wie der Besucher. Etwas an den Bewegungen des Fremden war ungewöhnlich. Er zog eines seiner Beine nach. Direkt vor Felipe blieb der Besucher stehen.
    »Ich grüße Euch, Bruder Felipe!«, sagte eine dunkle, wohlklingende Stimme hinter der Kapuze. Der Fremde zeigte sein Gesicht nicht; geschickt hielt er es hinter dem dunklen Stoff verborgen.
    »Seid willkommen, Bruder …?« Es war lange her, dass Felipe nicht mit seinem Titel als Abt angesprochen worden war. Er spürte Ärger in sich aufsteigen.
    »Mein Name ist unwichtig«, sagte der Fremde. »Wie man Euch in einem Brief mitgeteilt hat, komme ich aus Rom. Ich vertrete die Interessen des Heiligen Vaters.«
    »Tun wir das nicht alle?«
    »Die einen mehr, die anderen weniger!«
    Felipe wurde zunehmend misstrauisch. Irgendetwas stimmte mit diesem seltsam vermummten Mann nicht. Warum hielt er sein Gesicht verborgen?
    »Könnt Ihr beweisen, was Ihr behauptet?«, fragte der Abt vorsichtig. Vielleicht war der Mann vor ihm ein Hochstapler und Betrüger, der sich bloß als Jesuit ausgab. Sein aufdringliches Parfüm hatte nichts Heiliges an sich.
    Langsam schob der Fremde eine fingerlose Hand unter seiner Kutte hervor. Auf einem der vernarbten Stummel saß ein wertvoller Siegelring. Felipe erkannte das Wappen. Nur die engsten Vertrauten des Papstes besaßen dieses Schmuckstück. Der Mann vor ihm war ein Mitglied der Fraternitas Secreta, jener geheimen Bruderschaft, die im Auftrag des Papstes auch vor Mord nicht zurückschreckte.
    Betroffen wandte Felipe den Blick ab. Ob der Mann seine Finger in einem Kampf verloren hatte? Die Narben waren rot und sahen noch sehr frisch aus. Sicher drückte der schwere Ring auf die noch dünne Haut und verursachte Schmerzen.
    »In dem Schreiben, das ich erhalten habe, stand, dass Ihr etwas abholen wollt, das sich in unserem Besitz befindet. Aber wir Hieronymiten haben uns der Armut und dem Gebet verschrieben. Von dem, was außerhalb unserer Klostermauern geschieht, haben wir kaum Kenntnis. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, womit wir Euch weiterhelfen können.«
    »Armut?«, wiederholte der Fremde belustigt und drehte sich nach allen Seiten, ohne jedoch die Kapuze ein Stück zurückzuschieben. Es war, als wäre er gesichtslos.
    »Die Pracht des Gebäudes täuscht«, beeilte sich Felipe mit einer Erklärung. Während er noch sprach, ärgerte er sich über sich selbst. Die Vermögensverhältnisse des Klosters gingen den Jesuiten nichts an.
    »Keine Angst, Bruder, die Goldtruhen des Klosters werden unangetastet bleiben. Ich benötige Karten aus Eurer Bibliothek.«
    »Karten? Welche meint Ihr?« Felipes buschige Augenbrauen schossen nach oben, auf seiner Stirn bildeten sich Falten. Erst letzten Monat hatte sein Bibliothekar eine genaue Bestandsaufnahme der klösterlichen Kartensammlung gemacht. Sie war außergewöhnlich umfangreich, und Felipe wollte ihren Wert auf keinen Fall geschmälert

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