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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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lassen. Jetzt war er nicht mehr dort. Sicher steckte er mit Servante zusammen und brütete mit ihm über einer der komplizierten Seekarten. Seit dem Streit auf Gran Canaria bemühte sich Conrad, dem Schiffsarzt Rodriguez aus dem Weg zu gehen. Er hielt sich auffallend zurück und widmete seine Zeit dem Lotsen, um sein Wissen über die Schifffahrt zu erweitern. Aber ein Blick zum Kompasshaus, einem viereckigen Holzkasten, der sich im hinteren Teil des Schiffs befand, zeigte Jana, dass Conrad nicht bei Servante war. Der Lotse unterhielt sich mit dem Steuermann, nicht mit Conrad.
    Gerade als Jana weitersuchen wollte, hörte sie Conrads Stimme. Er klang aufgeregt und verärgert. Offensichtlich war es mit seinen guten Vorsätzen vorbei. Diesmal stritt er nicht mit dem Schiffsarzt, sondern mit dem Kapitän.
    »Wenn Ihr die Männer weiterhin angekettet im Laderaum liegen lasst wie Vieh, werden sie alle tot sein, bis wir in Amerika ankommen.«
    Valdiva antwortete sichtlich verärgert: »In meinem Laderaum liegen keine Männer, sondern Sklaven.«
    »Und sie werden sterben.«
    Conrad stand hinter dem Fockmast. Sein Gesicht wurde verdeckt, aber Jana konnte sich die steile Falte auf seiner braungebrannten Stirn gut vorstellen.
    »Zwei Gefangene haben eitrige Augenentzündungen. Diese Krankheit ist ansteckend und kann tödlich enden.«
    »Woher wisst Ihr das?«, fragte Valdiva scharf.
    »Ich musste den Männern gestern ihr Essen bringen.«
    Valdiva zog überrascht die Augenbrauen hoch und meinte dann: »Doktor Rodriguez wird sich darum kümmern.«
    Conrad schnaufte verächtlich: »So wie er sich um die entzündeten Brandwunden gekümmert hat?«
    Wie Conrad es vorausgesagt hatte, war einer der Sklaven an den Folgen seiner Verletzungen gestorben.
    Valdiva zögerte. Es war normal, dass ein Viertel der Sklaven auf der Überfahrt starb. Dieser Verlust war ins Geschäft miteingerechnet, aber er wollte auf keinen Fall mehr verlieren.
    »Was schlagt Ihr vor?«, fragte er.
    »Ich werde die Augen der Männer mit Augentrost behandeln, und Ihr werdet ihnen mehr zu trinken geben. Zwei halbvolle Becher pro Tag sind zu wenig, sie brauchen mindestens zwei Becher, sonst verdursten sie.«
    In dem Moment kam der Proviantmeister José Fermosa vorbei. Er hatte einen Teil des Gesprächs mit angehört und meinte ernst: »Ich habe täglich zwei Becher Wasser für die Sklaven eingeplant. Wenn die Schwarzen nicht genug trinken, trocknen sie aus. Ich bin vor Jahren mit einem Schiff gesegelt, auf dem eine ganze Ladung Sklaven verdurstete, den Anblick der Leichen werde ich nie vergessen.«
    Dankbar über die unerwartete Unterstützung hakte Conrad nach: »Ihr solltet den Männern außerdem Bewegung ermöglichen.«
    »Wie stellt Ihr Euch das vor?«, fragte Valdiva empört. »Soll ich die Sklaven etwa an Deck holen?«
    »Ja, natürlich«, sagte Conrad. »Wenn die Männer die ganze Überfahrt eingepfercht im Laderaum liegen, werden sie bei der Ankunft nicht aufrecht stehen können. Ihr werdet nicht eine Kupfermünze für die Gefangenen bekommen.«
    Jana, die immer noch unbemerkt zuhörte, wusste, dass Conrad sich nicht um den Geldbeutel des Kapitäns sorgte, sondern um das Wohl der Sklaven. Aber seine Worte zeigten augenblicklich Wirkung.
    Valdiva kratzte sich das Haar unter seinem hohen Federhut und lenkte ein: »Meinetwegen. Die Sklaven werden täglich an Deck gebracht, und Rodriguez soll dafür sorgen, dass sie sich bewegen.«
    Conrad hatte einen Schritt zur Seite gemacht, so dass Jana ihn nun sehen konnte. Er biss auf seine Unterlippe und wollte etwas erwidern. Aber für den Kapitän war das Thema erledigt. Er drehte Conrad den Rücken zu und ließ ihn einfach stehen. Kaum war Valdiva weg, entfernte sich auch Fermosa, und Jana trat zu Conrad.
    Bevor Jana etwas sagen konnte, meinte er: »Erkläre mir bitte nicht, dass ich mich wieder in Dinge einmische, die mich nichts angehen.«
    Jana lächelte: »Das wollte ich gar nicht. Ganz im Gegenteil. Ich finde es gut, wie du die Sache gelöst hast. Ganz ohne Streit und ohne jemanden zu beleidigen. Ich bin stolz auf dich!« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund. Seine Lippen waren rau und schmeckten nach Salz, so wie ihre eigenen.
    Aber Conrad war anderer Meinung, verächtlich schnaufte er und blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Es ist bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich habe noch nie gesehen, dass Menschen derart entwürdigend behandelt wurden.«
    Wenig später forderte

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