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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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meine große Zehe ist verletzt.«
    Aber Jana schüttelte den Kopf. Es war bloß Glück gewesen. Die Sache hätte ganz anders ausgehen können. Beim nächsten Mal wurde einer der Männer vielleicht zum Krüppel, weil sie unsinnige Anweisungen gab. Es war absolut unverantwortlich, dass sie hier Arzt spielte. Sie war schlimmer, als Rodriguez je gewesen war. Conrad würde sie für das, was sie tat, verachten. Diese Vorstellung schmerzte mehr, als jede Ohrfeige es vermocht hätte.
    Jana protestierte, wollte keinen weiteren Verletzten anschauen, aber die Männer blieben und warteten so lange, bis Jana nachgab.
    Wie im Haus eines Arztes kamen ständig Kranke und Verletzte in die Stube. Jana wäre am liebsten schreiend davongelaufen. Wie sollte sie den Männern ohne Medizin helfen? Sie kannte die Pflanzen auf der Insel nicht und hatte keine Ahnung über deren Heilkraft.
    Doch die Männer blieben und verlangten, dass Jana sich um ihre Wunden und Krankheiten kümmerte. So schiente Jana einen Finger, zog einen eitrigen Nagel und verband eine Wunde. Erst als die ersten trinkfreudigen Gäste kamen, hatte sie alle Patienten behandelt. Jana wollte sich in ihre Hängematte zurückziehen, aber Estebana holte sie sofort wieder zurück.
    »Wenn du glaubst, dass du dich wichtigmachen kannst, weil du einen Arm eingerenkt hast, dann hast du dich geschnitten. Komm und hilf im Schankraum mit, und beeil dich, sonst lass ich dich heute nicht hinterm Tresen verstecken, sondern schick dich zu den Männern.«
    Jana verstand die Drohung und folgte Estebana zurück in die Gaststube. Bisher hatte sie großes Glück gehabt. Keiner der Männer hatte sie angefasst, dennoch hasste sie das Leben unter den Piraten und wünschte sich sehnlichst, von hier zu verschwinden.

Trinidad,
    Ende November 1618
    Conrad und Assante erhielten einen eigenen Raum in einer der Hütten des Piratenlagers. Ein Schmied befreite Assante von den unangenehmen Ringen, danach erhielt er Hosen, Stiefel, ein Hemd und eine Jacke. Auch Conrad wurde neu eingekleidet, wobei ihm anfangs nicht ganz wohl darin war, denn er konnte die Vorstellung nicht loswerden, dass der frühere Besitzer der Kleider jetzt auf dem Meeresgrund lag und den Fischen als Futter diente.
    Die Siedlung der Piraten lag in einer versteckten Bucht, an der Ostküste der Insel. Von hier aus hatten die Männer eine hervorragende Sicht auf alle Schiffe, die aus Europa oder Afrika kamen. Vor den Augen vorbeifahrender Schiffe verborgen, befanden sich Aussichtstürme auf hohen Palmen. Auf jedem der Türme saß ein Pirat und hielt Ausschau nach potenziellen Opfern. Die zwei Schiffe der Piraten lagen hinter einer schmalen Landzunge und waren immer startklar. Innerhalb einer halben Stunde konnten alle Mann an Bord sein und die Segel gehisst werden. Die Männer selbst bezeichneten sich selbst als Bukanier. Die meisten von ihnen stammten aus Frankreich, einige, so wie ihr Anführer, aus den Niederlanden, es gab aber auch zwei Spanier und drei Afrikaner unter ihnen.
    Die Bukanier hatten ihre Hütten aus dem Holz gekaperter Schiffe zusammengenagelt. Einige davon waren durchaus das Ergebnis solider Zimmermannsarbeit, andere waren windschief und drohten bei heftigem Sturm einfach auseinanderzufallen.
    Frauen gab es in dieser Siedlung keine. Die Männer lebten allein und gingen oft sehr rau miteinander um. Wenn Alkohol in Strömen floss, konnte es vorkommen, dass eine Schlägerei mit einem oder mehreren Verletzten endete. Zu den spanischen Siedlungen im Nordwesten der Insel hatten die Männer selten Kontakt. Manchmal suchten die Männer eines der Bordelle auf, die am Ortsrand einer der Siedlungen im Norden der Insel betrieben wurden. Sie verließen die Häuser aber rasch wieder, aus Angst, erkannt und eingesperrt zu werden. Pieter van der Hoe, der niederländische Anführer der Gruppe, hatte Conrad an einem besonders weinseligen Abend erzählt, dass er es nicht besonders gerne sah, wenn seine Männer einen dieser riskanten Ausflüge machten. Er wollte ihnen das Vergnügen aber auch nicht verweigern. Pieter war erst seit kurzem der Anführer der Gruppe. Er war unfreiwillig in diese Stellung gelangt, nachdem der frühere Kapitän, ein Engländer, im Kampf gestorben war. Pieter stammte aus Antwerpen. Eigentlich war er Müller, aber nach einer Schlägerei in einer Kneipe, bei der einer der Gäste tödlich verunglückt war, hatte er ins Gefängnis gehen müssen und war der Todesstrafe nur dadurch entronnen, dass er sich freiwillig für

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