Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)
Wirklichkeit mit den Bukaniern zusammenarbeitete.
Die Fremden unterhielten sich in einer Sprache, die Jana nicht kannte, von der sie aber glaubte, dass es Englisch war. Die beiden waren ein sehr ungleiches Paar. Einer war groß, schlank und gutaussehend, der andere klein, untersetzt und hatte Ähnlichkeit mit einem Kobold. Das hübsch geschnittene Gesicht des größeren Mannes war leicht gerötet, denn er hatte bereits eine ganze Flasche Zuckerrohrbrand allein ausgetrunken. Der Kleinere war völlig nüchtern und saß immer noch bei seinem ersten Becher Ale, der völlig unberührt vor ihm stand.
Jana beobachtete die beiden neugierig und fragte sich, warum sie gemeinsam unterwegs waren und was sie vorhatten. Sie sahen weder wie Piraten noch wie reiche Kaufleute aus. Sie schienen auch keine Freunde zu sein. Der Kleinere warf dem Größeren bei jedem Schluck, den der zu sich nahm, angewiderte Blicke zu, während der Große sich einen Spaß daraus zu machen schien, den anderen mit dem unmäßigen Trinken zu ärgern.
Irgendwann hatte der Kleinere genug. Er stand auf, sagte etwas unfreundlich Klingendes und verließ die Stube. Der Größere winkte ihm mit glasigem Blick hinterher. Dann schweifte sein Blick durch den Raum und blieb an Jana hängen.
»One more please!«, rief er ihr zu und zeigte auf die leere Flasche vor sich.
Jana nahm an, dass er Nachschub haben wollte.
»Ich denke, dass Ihr für heute genug habt«, sagte sie entschieden.
»Ah, Ihr sprecht Deutsch!«, sagte der Mann mit starkem Akzent, hob den Kopf und musterte sie aus dunkelbraunen Augen, die ebenfalls eine Spur gerötet waren. Er schob seine schwarzen Haare hinter die Ohren, setzte ein charmantes Lächeln auf und legte dabei eine Reihe weißer Zähne frei. Er war wirklich gutaussehend mit der hellen Haut der Nordländer und dem dunklen Haar der Menschen aus dem Süden.
»Woher stammt Ihr?«, fragte er und machte eine einladende Geste, damit Jana sich zu ihm setzte.
»Aus Prag.«
»Prag«, wiederholte der Fremde, schien aber keinerlei Vorstellung davon zu haben, wo sich diese Stadt befand.
»Prag liegt an der Moldau«, erklärte Jana. »Die Bürger haben sich im Frühjahr gegen die Herrschaft der Habsburger aufgelehnt.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Politik interessiert mich nicht. Den Namen Habsburger habe ich schon einmal gehört. Ist das der König von Frankreich?«
Jana lachte laut und herzhaft auf. Sie hatte geglaubt, der Mann wäre gebildet: »Ihr bekommt wirklich nichts mehr zu trinken von mir. Die Habsburger sind erbitterte Feinde der Franzosen.«
»Oh!« Der Mann lächelte gewinnend und setzte zu einer Entschuldigung an: »Ich bin Engländer und stamme aus London. Wir sind ein eingebildetes Völkchen, das sich nicht um die Nationen oder Könige auf dem Kontinent kümmert. Wir haben unseren eigenen König, der uns genug Ärger verschafft.«
Jana lachte erneut. Sie fand den Mann unterhaltsam und auf ungewöhnliche Art anziehend.
»Mein Name ist Jana, und wer seid Ihr?«
»Ich bin Richard Walton. Meine Mutter war Schottin, mein Vater Deutscher, aus diesem Grund spreche ich Eure Sprache.« Er rückte seinen Hocker näher an Jana heran. Sofort überrollte sie der Alkoholgestank wie eine riesige Welle. Jana rümpfte die Nase.
»Was führt eine schöne junge Frau ins Lager von Bukaniern?«
»Das Schiff, auf dem ich gereist bin, wurde überfallen, und nun sitze ich hier fest und warte auf einen edlen Ritter, der mich aus den Fängen der Piraten befreit.«
»So viel Bildung habe ich, um zu wissen, dass die Zeit der Ritter bereits vorbei ist«, sagte Walton.
»Ich meine es trotzdem ganz ernst. Ich muss diese Insel verlassen, um nach meinem Verlobten zu suchen. Er ist ebenfalls auf dem Schiff gewesen, und ich hoffe, dass er überlebt hat.« Sie wusste, wie verzweifelt und lächerlich zugleich sie klang, aber Jana hatte in den letzten Tagen gründlich über ihre Situation nachgedacht. Wenn Conrad überlebt hatte, würde er nach ihr suchen. Er wusste, dass sie nicht aufgab und weiter nach dem Schatz suchen würde. Was war also naheliegender, als in jene Stadt weiterzuziehen, die laut Karte der Ausgangspunkt der Schatzsuche war? Conrad wusste, dass Jana sich dorthin auf den Weg machen würde. Wenn sie ihn irgendwo treffen konnte, dann dort.
»Und wo wollt Ihr mit Eurer Suche beginnen?«, fragte Richard Walton.
»In Barinas!«
Walton setzte sich gerade auf und starrte Jana verwirrt an.
»Was wollt Ihr in Barinas? Die Stadt liegt
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