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Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Fluch des Sündenbuchs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Ballen feinster Wolle. Leider waren auch bewaffnete Wachen auf dem Schiff gewesen und der Kaufmann ganz und gar nicht bereit, seine kostbare Fracht kampflos zu übergeben. Nachdem Pieter und seine Männer das Schiff geentert hatten und an Bord gegangen waren, war es zu einem blutigen Nahkampf gekommen. Nie zuvor hatten die Bukanier so hohe Verluste einstecken müssen. Zwei Männer starben bereits während des Kampfes, drei wurden so schwer verletzt, dass Conrad nicht sicher war, ob sie überleben würden, und drei weitere Männer hatten tiefe Schnittwunden. Sie würden für die nächsten Wochen bei allen Arbeiten ausfallen. Der Rest der Männer war mit kleineren Verletzungen davongekommen. Assante war einer der wenigen, die den Kampf völlig unbeschadet überstanden hatten. Er hatte sich einen der Schwerverletzten, den die anderen bereits für tot gehalten hatten, über die Schulter gelegt und gerettet. Jetzt wurde er als Held gefeiert. Beim Aufteilen der Beute erhielt er zusätzliche Piaster, weil er den Mann nicht aufgegeben hatte.
    Während die unverletzten Bukanier sich über die Beute freuten, sie gerecht aufteilten und lautstark feierten, kümmerte Conrad sich um die Verletzten. Auch er erhielt einen beträchtlichen Anteil. Doch bevor er sich darüber freuen konnte, säuberte und nähte er Verletzungen, schiente Knochen und holte Schrotkugeln aus Fleischwunden. Er arbeitete so schnell er konnte, wägte immer wieder ab, wer als Erster seine Hilfe benötigte, flößte den Verletzten flaschenweise Zuckerrohrbrand ein und war am Ende des Tages so erschöpft, dass er es kaum bis zum Fluss schaffte, um das Blut der Männer abzuwaschen, das immer noch an seinen Händen klebte.
    Assante begleitete ihn. Er war immer schweigsam, aber heute ganz besonders still. Auch Conrad war nach all den Verletzten nicht nach Plaudern zumute. So gingen sie wortlos nebeneinander her und erreichten rasch die Wasserstelle, an der sie nach ihrer Rettung gelegen hatten. Conrad tauchte seine Hände ins kleine Becken. Augenblicklich färbte das klare Wasser sich rot.
    Assante starrte darauf, und sein Blick wurde leer.
    »War es sehr schlimm?«, fragte Conrad vorsichtig.
    Assante nickte.
    »Willst du darüber reden?« Conrad zog sein Hemd aus und tauchte seine Arme bis zur Schulter ins Becken. Selbst auf seinen Ellbogen waren Blutspritzer.
    »Der Sohn des Kaufmanns war an Bord. Der Junge war etwa zehn Jahre alt«, sagte Assante und starrte weiter auf das rote Wasser. Langsam verdünnte es sich mit dem frisch nachkommenden, und die Blutschlieren lösten sich auf.
    »Wurde er verletzt?«
    Assante schüttelte langsam den Kopf: »Nein, sein Körper blieb unversehrt, aber seine Seele wurde verletzt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Er hat mit angesehen, wie die Männer kämpften, wie Arme abgeschlagen und Bäuche aufgeschlitzt wurden, und er hat tonlos geschrien, als sein Vater von einem der Männer mit einem einzigen Schwerthieb getötet wurde.«
    Betroffen trocknete Conrad seine Arme an seinem Hemd ab, bevor er es wieder anzog.
    »Das ist schlimm«, sagte er mitfühlend.
    Nun richtete Assante seinen Blick auf Conrad: »Auch ich habe als Kind tonlos geschrien. Nur man selbst hört den Schrei, und man wird ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr los, er verfolgt einen, wohin man auch geht, genauso wie die Bilder, die den Schrei verursachten.«
    »Es war ein Kampf, du hättest nichts tun können und musstest auf dich selbst aufpassen, damit du nicht verletzt wirst«, versuchte Conrad, seinem neuen Freund die Gewissensbisse zu nehmen.
    Doch der schüttelte den Kopf: »Wir waren die Angreifer. Der Kampf hätte nie stattfinden müssen, und ich trage Mitschuld an dem Leid des Jungen.«
    Assante machte eine Pause und wandte seinen Blick wieder ins Wasser; das Blut war nun völlig verschwunden: »Ich bin zu einem jener Männer geworden, die mein Dorf zerstört und meine Mutter getötet haben.«
    »Unsinn!«, sagte Conrad entschieden und hob die Stimme. »Du bist unfreiwillig zum Pirat geworden und kämpfst mit diesen Männern, weil sie dich sonst umbringen oder, schlimmer noch, als Sklave verkaufen würden.«
    Eine Traurigkeit, die so intensiv war, dass Conrad meinte, sie greifen zu können, umgab Assante.
    »Du hast ein Ziel«, sagte Assante. »Sobald du erfährst, wo deine Jana sich aufhält, wirst du ihr nachreisen, und danach sucht ihr gemeinsam nach dem unglaublichen Schatz. Ich habe kein Ziel, und sobald ich diese Insel verlasse, wird man mich wieder

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