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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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und Ermutigung, machten sie verständlich, rechtfertigten sie beinahe. Sein Ringen ergab sich aus demselben Leid, das sein Außenseitertum erzeugte. Was ihm widerfahren mußte, falls er den Kampf verlor, mißfiel ihm sehr. Er haßte sich selbst dafür, einen so aussichts- und endlosen Kampf führen zu müssen. Aber er vermochte nicht die Menschen zu hassen, die seine innere Absonderung so absolut machten. Sie teilten nur mit ihm seine eigene Furcht. Im wirren Rondell dieses Dilemmas war Giftigkeit die einzige Reaktion, die ihm Standfestigkeit verlieh. Er klammerte sich an seinen bitteren Zorn, als sei er der Anker seiner geistigen Gesundheit; um zu überleben, benötigte er Wut, er brauchte sie als Bastion für seinen Halt am Leben. An manchen Tagen schwelgte er vom einen zum anderen Sonnenaufgang ohne Unterlaß in seinem Zorn.
    Doch mit der Zeit begannen auch diese Aufwallungen nachzulassen. Seine Außenseiterrolle gehörte ebenfalls zur Grundregel; sie war eine unumkehrbare Tatsache, so vollkommene und zwangsweise Wirklichkeit wie Schwerkraft, Siechtum und Abstumpfung. Gelang es ihm nicht, sich selbst so zurechtzubiegen, daß er zu den Tatsachen paßte, konnte er es auch nicht schaffen zu überleben. Wenn er über die Farm blickte, wirkten die Bäume, die seinen Grundbesitz an der Landstraße begrenzten, so weit entfernt, als könne nichts diese Kluft überbrücken.
    Es gab keine Antwort auf den Widerspruch. Seine Finger zuckten aus Ratlosigkeit, so daß er sich einmal beim Rasieren fast schnitt. Ohne Leidenschaft vermochte er nicht zu kämpfen – doch alle seine Leidenschaften hatten sich gegen ihn gekehrt. Während der Herbst verstrich, schleuderte er immer weniger Flüche gegen die Unmöglichkeiten, die ihn gefangenhielten. Er streifte durch die Wälder hinter der Haven Farm, ein hochgewachsener, hagerer Mann mit verhärmten Augen, automatenhaftem Schritt, an der rechten Hand zwei Finger zuwenig. Jeder steinige Pfad, kantige Felsen und steile Hang erinnerte ihn daran, daß er nur in seiner Selbstüberwachung zu erschlaffen brauchte, um schmerzlos und völlig unbetrauert aller Schwierigkeiten enthoben zu werden. Es bereitete ihm lediglich zusätzlichen Gram, die Rinde eines Baumes anzufassen und nichts zu spüren. Er sah das Ende deutlich voraus, das ihn erwartete; sein Herz mußte allmählich so gefühllos werden wie sein Körper, und dann war er ein für allemal verloren.
    Nichtsdestotrotz flößte es ihm das plötzliche Gefühl ein, in einem Brennpunkt zu stehen, als er erfuhr, daß irgend jemand für ihn die Stromkosten bezahlt hatte, das Erlebnis einer Klarstellung, als habe er soeben einen bis dahin unbekannten Feind bemerkt. Das unvermutete Geschenk machte ihn plötzlich darauf aufmerksam, was vorging. Die Einwohner des Ortes mieden ihn nicht bloß, sie verbauten ihm zielstrebig jeden Vorwand, der sich ihm bieten könnte, um sich in ihre Mitte zu begeben. Als er diese Gefahr erstmals begriff, bestand seine unmittelbare Reaktion darin, ein Fenster aufzureißen und in den Winter hinauszubrüllen. ›Von mir aus! Zur Hölle, ich brauche euch nicht!‹ Aber diese Sache war nicht so einfach, daß sie sich durch Großspurigkeit ausräumen ließ. Als der Winter einem frühen Frühling im März wich, reifte in ihm die Überzeugung heran, daß er irgend etwas tun mußte. Er war eine Person, ein Mensch wie jeder andere; ein eigenes Herz hielt ihn am Leben. Er brauchte nicht stillzuhalten und diese Abtrennung hinzunehmen.
    Und daher raffte er allen Mut zusammen, als seine nächste Telefonrechnung eintraf, rasierte sich peinlich genau, zog Kleidungsstücke aus festen Stoffen an, schnürte seine Füße eng in dicke Stiefel ein und begab sich auf den zwei Meilen weiten Weg in die Ortschaft, um die Rechnung persönlich zu bezahlen. Und dieser Weg führte ihn vor die Tür der Bell Telephone Company, wo nun Furcht seinen Kopf umnebelte wie eine dumpfige Wolke. Für eine Weile stand er vor der Tür mit ihren Buchstaben aus Blattgold und dachte Dinge wie:
     
    »Das sind die fahlen Tode ...«
     
    und grübelte über verklungenes Lachen nach. Endlich gab er sich einen Ruck, öffnete die Tür mit der Heftigkeit einer Bö und stapfte auf das Mädchen am Kundenschalter zu, als habe es ihn zum Zweikampf herausgefordert. Er senkte seine Hände bedächtig auf den Schaltertisch, um sie zur Ruhe zu nötigen. Für einen Moment bleckte er die Zähne. »Mein Name«, sagte er, »ist Thomas Covenant.«
    Das Mädchen war schmuck

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