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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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einem Abwehrreflex; sehr viel von seiner sonstigen geistigen Panzerung hatte er verloren. »Wie lange seid ihr Riesen schon heimatlos? Ich bezweifle, daß ihr eine anständige Gefahr erkennen würdet, und wenn sie euch in den Hintern träte.«
    Schaumfolger lachte unterdrückt. »Wacker gesprochen, mein Freund. Mag sein, daß wir Riesen keine tauglichen Berater sind ... trotz all unserer Jahre. Dennoch hast du in mir Furcht ums Land entfacht.«
    Covenant schnitt eine Grimasse und betrat die Klause. Die Beratungsräumlichkeit war so hell erleuchtet und akustisch tadellos wie vorher, doch hatte sich die Zahl der Anwesenden erhöht. Zwar waren Tamarantha und Variol nicht da, aber in den Sitzreihen der Galerie saßen etliche Zuschauer – Rhadhamaerl , Lillianrill , Krieger und Lehrwarte. Hinter Mhoram und Osondrea saßen Bluthüter; Tuvor, Garth, Birinair und Tohrm hatten ihre Plätze hinterm Hoch-Lord eingenommen. Schaumfolger belegte seinen vorherigen Platz und wies Covenant auf einen benachbarten Sitz nahe beim Tisch der Lords. Bannor und Korik setzten sich hinter ihnen in die unterste Sitzreihe. Die Gespräche der Zuschauer verstummten fast augenblicklich; nicht einmal ihre Kleidung raschelte noch. Im Handumdrehen wartete jeder nur noch darauf, daß der Hoch-Lord beginne.
    Prothall blieb für ein Weilchen sitzen, als sei er in Gedanken abgeirrt, bevor er sich endlich mit müden Bewegungen erhob. Er hielt sich aufrecht, indem er sich auf seinen Stab stützte, und als er zu sprechen anfing, rasselte die Stimme wieder in seinem Brustkorb. Trotzdem wickelte er fehlerfrei die Zeremonien zur Ehrung Schaumfolgers und Covenants ab. Der Riese zeigte daraufhin eine heitere Gutgelauntheit, die vermutlich die Mühe verbarg, welche es ihn kostete, sich mit der Kürze abzufinden, die man hier vorzog. Covenant ging auf die Formalitäten nur mit einer finsteren Miene und einem Kopfschütteln ein.
    »Unter den Lords der Neuzeit«, erklärte Prothall, sobald er mit der Ehrung fertig war und ohne die übrigen Lords anzuschauen, »gibt es einen Brauch – einen Brauch, der auf die Amtszeit Hoch-Lord Vailants vor einhundert Jahren zurückgeht – der folgenden Art: Wenn ein Hoch-Lord selbst anzweifelt, daß er den Bedürfnissen des Landes weiterhin gerecht werden kann, darf er sich an den Großrat wenden und seine Hoch-Lordschaft aufgeben. Dann ist jeder Lord, dem danach der Sinn steht, dazu berechtigt, sie für sich zu beanspruchen.« Prothall mußte einige Anstrengung aufbieten, um mit fester Stimme weitersprechen zu können. »Ich lege nun meine Führerschaft nieder. Stein und Wurzel, die Prüfung, die in diesen Tagen über uns kommt, ist für mich zu groß. Ur-Lord Thomas Covenant, so du's wünschst, kannst auf das Amt des Hoch-Lords einen Anspruch anmelden.«
    Covenant erwiderte Prothalls Blick, darauf bedacht, die Absichten des Hoch-Lords zu erraten. Aber er vermochte hinter Prothalls Angebot keine Falschheit zu erkennen. »Du weißt, daß ich das nicht wünsche«, antwortete er leise.
    »Doch ich ersuche dich darum, es zu tun. Du trägst das Weißgold.«
    »Vergessen wir's«, sagte Covenant. »So einfach ist das nicht.« Nach einem Moment des Schweigens nickte Prothall bedächtig. »Ich verstehe.« Er wandte sich an die restlichen Lords. »Beansprucht einer von euch die Hoch-Lordschaft?«
    »Du bist der Hoch-Lord«, antwortete Mhoram.
    »Wer sonst?« fügte Osondrea hinzu. »Verschwende keine weitere Zeit mit Torheiten.«
    »Nun wohl.« Prothall straffte seine Schultern. »Die Prüfung und das Verhängnis unseres Zeitalters dräuen also über meinem Haupt. Ich bin Hoch-Lord Prothall, und mit der Zustimmung des Großrates gilt mein Wille. Niemand fürchte sich davor, mir zu folgen, und niemand soll einem anderen denn mir die Schuld geben, wenn meine Entscheidungen mißraten.« Ein unwillkürliches Zucken suchte Covenants Gesicht heim, aber er schwieg; und gleich darauf setzte sich Prothall wieder. »Nun laßt uns erwägen, was zu beginnen ist.« Wortlos verständigten sich die Lords auf geistiger Ebene miteinander.
    Endlich wandte sich Osondrea an Schaumfolger. »Steinbruder, eine Redensart heißt: ›Wenn vielerlei Fragen dich drängen, denke zuerst an die Freundschaft.‹ Im Interesse deines Volkes solltest du so eilends wie möglich zur Wasserkante zurückkehren. Die Riesen müssen von allem erfahren, was sich hier zugetragen hat. Aber ich vermute, der Wasserweg durch Andelain dürfte für dich nicht länger sicher genug sein.

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