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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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seine Lider aufwärts zwang, erkannte er, daß er wieder in Schaumfolgers Armen lag. Ringsum war das Aufgebot in Bereitschaft, um für einen weiteren Tagesritt aufzusteigen. Als er Covenant die Augen öffnen sah, beugte sich Schaumfolger über ihn.
    »Lieber wollte ich dich für den Rest der Strecke auf meinen Armen tragen«, sagte er bedächtig, »als dich weiterhin so leiden zu sehen. Unsere Fahrt zur Herrenhöh fiel mir leichter als nun das Zuschauen.«
    Ein Teil Covenants sammelte genug Kraft, um den Riesen anzublicken. Schaumfolgers Gesicht spiegelte Anspannung wider, aber keine, die Erschöpfung entsprang. Seine Miene wirkte vielmehr, als habe sich in seinem Gemüt ein Druck gestaut – ein Druck, der das Bollwerk seiner Stirn auszubeulen schien. Benommen starrte Covenant ihn für einen langen Moment an, ehe er begriff, daß es sich um den Ausdruck von Mitleid handelte. Der Anblick von Covenants Qual brachte Schaumfolgers Puls in seinen Schläfen zum Pochen. Riesen? dachte Covenant. Sind alle Riesen so? »Was ist ein ›Schaumfolger‹?« fragte er flüsternd, während er diese Ballung von Gefühl betrachtete.
    Anscheinend ersah der Riese die Bedeutungslosigkeit dieser Frage nicht. »Als ›Folger‹ bezeichnen wir einen Kompaß«, antwortete er bloß. »Ein ›Schaumfolger‹ ist also ein ›Meereskompaß‹.«
    Schwach begann sich Covenant zu regen, suchte sich aus den Armen des Riesen zu befreien. Aber Schaumfolger hielt ihn fest, untersagte ihm wortlos, seine Beine auf den Untergrund zu setzen. Lord Mhoram griff ein. »Laß ihn herunter«, sagte er mit grimmiger Entschlossenheit in der Stimme.
    »Laß mich herunter«, ergänzte Covenant wie ein Echo.
    Unter Schaumfolgers wuchtigen Brauen zogen mehrere Entgegnungen vorüber, die er nicht aussprach. »Warum?« fragte er dann lediglich.
    »Ich habe etwas beschlossen«, erwiderte Mhoram. »Wir werden diese Stelle nicht verlassen, bis wir wissen, was Ur-Lord Covenant geschieht. Ich habe dies Wagnis schon zu lange aufgeschoben. Rundum belauert uns der Tod. Setz ihn ab!« Seine Augen funkelten bedrohlich. Dennoch zögerte Schaumfolger, bis er sah, daß Hoch-Lord Prothall nickte, um Mhorams Ansinnen zu unterstützen. Daraufhin verlagerte er Covenant in die Senkrechte und senkte ihn vorsichtig bodenwärts. Für einen Augenblick ruhten seine Hände wie zum Schutz auf Covenants Schultern. Dann trat er zurück. »Nun gib mir deine Hand, Ur-Lord«, sagte Mhoram. »Wir werden zusammen hier stehen, bis sich das Übel von neuem naht, und durch dich werde ich es ebenfalls spüren.« Als er das hörte, entstand in Covenants Herz ein Krampf schwacher Panik. Er sah sich in Mhorams Augen widergespiegelt, sah sich wie ein Gottverlassener dastehen, seinem Gesicht eingeprägt, was er verloren hatte. Der Verlust grämte ihn. In dieser winzigen Widerspiegelung seines Gesichts erkannte er plötzlich, daß er, falls die Attacken weitergingen, unweigerlich dahin kommen mußte, daß er die Empfindungen des Grauens und Ekels genoß, welche sie ihm verursachten. Er hatte einen Grenzbereich zum Narzißmus des Abscheus entdeckt, und Mhoram mutete ihm zu, diese Grenze zu überschreiten. »Komm!« drängte ihn der Lord und streckte die rechte Hand aus. »Wir müssen dies Übel erkennen, wenn wir ihm widerstehen wollen.« Aus Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit hob Covenant ebenso eine Hand. Ihre Handballen berührten sich; sie hielten sich an den Daumen. Seine zwei Finger fühlten sich kraftlos an, gleichgültig gegenüber Mhorams Absichten, aber der Griff des Lords war fest. Wie zwei Kämpfer standen sie Hand in Hand da, als müßten sie im nächsten Augenblick mit einem ergrimmten Unhold ringen.
    Die Attacke erfolgte augenblicklich. Covenant schrie auf, fing zu zittern an, als seien seine Knochen selbst vom Schüttelkrampf befallen, aber er sprang nicht beiseite. Im ersten Moment half ihm Mhorams starker Griff beim Durchhalten. Dann schlang der Lord seine Arme um Covenant, drückte ihn an seine Brust. Das Ausmaß von Covenants Not erschütterte Mhoram, aber er verharrte auf dem Fleck, verhärtete seine Umarmung. So plötzlich, wie sie gekommen war, wich die Attacke. Mit einem Stöhnen sackte Covenant in Mhorams Armen zusammen. Mhoram hielt ihn aufrecht, bis er sich wieder regte und sein Gewicht selber tragen konnte. Dann ließ der Lord ihn langsam los. Für einen Moment sahen sich ihre Gesichter sonderbar ähnlich; sie wiesen den gleichen gehetzten Ausdruck auf, den gleichen hohlen Blick,

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