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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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solches Heil verbirgt sich in Geschichten.« Plötzlich wandte sich der Lord Covenant voll zu, und Covenant sah nichts als Mitgefühl in Mhorams Miene. »Ich erkenne deine Pein, Ur-Lord.«
    Covenant senkte den Kopf, um Mhorams Blick zu entgehen, vergewisserte sich dessen, daß seine linke Hand noch in seiner Tasche stak. »Erzähle mir vom Schöpfer«, meinte er nach einem Weilchen gedankenverloren.
    »Ach«, seufzte Mhoram. »Wir wissen nicht, ob da ein Schöpfer lebt. Unsere einzige Kunde von einem solchen Wesen stammt aus den allerschattenhaftesten Teilen unserer ältesten Sagen. Den Verächter kennen wir. Aber der Schöpfer ist uns unbekannt.«
    Covenant empfand unbestimmte Verblüffung, als sich unerwartet Tamarantha einmischte. »Natürlich ist er uns bekannt. Ach die Torheit der Jungen! Mhoram, mein Sohn, noch bist du kein Prophet. Du mußt diese Art von Mut erlernen.« Umständlich raffte sie ihre alten Gliedmaßen zusammen und erhob sich mühselig, stützte sich auf ihren Stab. Ihr gelichtetes weißes Haar hing ihr in fadenscheinigen Strähnen übers Gesicht, als sie in den Kreis rings um das Feuer trat. »Orakel und Prophezeiungen sind miteinander unvereinbar«, sagte sie mit leiser, brüchiger Stimme. »Kevins Lehre zufolge war nur das Herz der Heimat, der Lord-Zeuger, sowohl Seher wie auch Prophet. Geringeren Seelen ermangelt diese widersprüchliche Zweifacheigenschaft. Warum, das weiß ich nicht. Aber als Kevin Landschmeißer sich fürs Ritual der Schändung entschied, da beschloß er zugleich, die Bluthüter, die Ranyhyn und die Riesen zu retten, weil er ein Orakel war, aber weil er nicht auch Prophet war, vermochte er nicht zu ersehen, daß ebenso Lord Foul überdauern sollte. Geringer war er als Berek. Natürlich lebt der Schöpfer.«
    Sie schaute um Bekräftigung hinüber zu Variol, und der Lord nickte, aber Covenant hätte nicht sagen können, ob aus Zustimmung oder infolge seiner Schläfrigkeit. Tamarantha aber nickte ihrerseits, als habe Variol ihr zweifelsfrei zugestimmt. Sie hob ihr Gesicht zum nächtlichen Himmel und dessen Sternen und sprach mit vor Alter spröder Stimme weiter. »Natürlich lebt der Schöpfer«, wiederholte sie. »Was denn sonst? Gegensätze bedingen sich wechselseitig. Andernfalls bestünden keinerlei Unterschiede irgendwelcher Art, nur das Chaos bliebe. Nein, es kann keinen Verächter ohne einen Schöpfer geben. Klüger ist's, zu fragen, wie der Schöpfer, als er die Erde schuf, das vergessen haben kann. Denn falls er's nicht vergessen hat, dann gab es Schöpfertum und Mißachtung nebeneinander in seinem Wesen, und er erkannte es nicht. So berichten uns die ältesten Legenden: In die Unendlichkeit vor Anbeginn der Zeit trat der Schöpfer wie ein Handwerker in seine Werkstatt. Und da es in der Natur des Schöpfertums liegt, nach Vollkommenheit zu streben, widmete sich der Schöpfer seinem Werk mit voller Hingabe. Zuerst errichtete er den Bogen der Zeit, auf daß seine Schöpfung zum Dasein eine Stätte habe, und zur Hauptstütze selbigen Bogens schmiedete er die wilde Magie, so daß die Zeit dem Chaos widerstehen und fortwähren könne. Dann schuf er innerhalb des Bogens die Erde. Für die Dauer ganzer Zeitalter arbeitete er, formte und löste Formen auf, erprobte und prüfte und verwarf, erprobte und prüfte von neuem, damit seine Schöpfung, sobald sie vollendet war, keinen Anlaß besitze, ihm zu grollen. Und als die Erde seiner Augen Wohlgefallen erregte, schuf er ihre Bewohner, auf daß sie in ihrem Leben seinem Trachten nach Vollkommenheit nacheifern möchten – und er vergaß nicht, ihnen auch die Mittel für ihr eigenes Streben nach Vollkommenheit zu geben. Als sein Werk vollendet war, empfand er jenen Stolz, den nur die kennenlernen, denen Schöpfertum zu eigen ist. Doch ach! Er kannte nicht die Bosheit oder hatte sie vergessen. Er beendete sein Werk im Glauben, nur makellose Arbeit sei vonnöten, um Vollkommenheit zu schaffen. Aber als er fertig war und sein Stolz in der ersten Zufriedenheit geschwelgt hatte, betrachtete er die Erde näher, um sich am Anblick auch der kleinsten Einzelheiten zu weiden – und da erlebte er eine bittere Enttäuschung. Denn siehe da!, tief in der Erde lagen, ohne Zutun seines Willens oder Handelns, Übel der Zerstörung begraben, Gewalten von solcher Gräßlichkeit, daß sie sein Meisterwerk zu Staub zertrümmern konnten. Da erst begriff er oder entsann sich. Vielleicht bemerkte er an seiner rechten Seite die Bosheit, welche eine Hand

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