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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zwischen die Stalaktiten, so daß ihre Ansammlung rötlich schimmerte. Der Hohlraum war erfüllt mit scharfem Gestank, einem sauren Geruch mit scheußlich süßlicher Beimischung – wie brennender Schwefel mit verwesendem Fleisch. Covenant würgte, aber nicht nur deshalb, sondern auch infolge des Anblicks der Kreatur, deren Augen ihn derartig gebannt hatten. Auf einer flachen Erhöhung ungefähr am Mittelpunkt der Höhle kauerte ein Wesen mit langen, dürren Gliedmaßen, Händen von der Größe und Unförmigkeit von Schaufeln, einem mageren, gekrümmten Leib und einem Kopf wie ein Rammbock. In der zusammengekauerten Haltung ragten die Kniespitzen beinahe bis hinauf an die Ohren. Mit einer Hand klammerte es sich an der Felsplatte fest, worauf es hockte, in der anderen Hand hielt es einen langen hölzernen Stab, der vom einen bis zum anderen Ende verschlungene Schnitzereien aufwies und mit Metall beschlagen war. Der von grauer Behaarung umgebene Mund des Wesens war im Lachen verkrampft, und die roten Augen schienen wie Magma zu gluckern. »Ha«, kreischte es weiter. »Geschafft! Herbeibeschworen! Mit meiner Macht. Alle töten!« Während seine schrille Stimme zeterte, geiferte er in unverhohlener Begierde. »Lord Seibrich! Meister! Ich!« Das Geschöpf sprang auf die Füße, schwankte in wahnsinnigem Stolz. Es trat näher zu seinem Opfer, und Covenant wich mit einem Widerwillen zurück, den er nicht unterdrücken konnte. »Dich töten!« brüllte die Kreatur, indem sie den Stab mit beiden Händen etwa in der Mitte packte. »Deine Kräfte erringen! Alle zerschmettern! Lord Seibrich sein!« Sie hob den Stab, wie um Covenant damit zu schlagen.
    Da erscholl in der Höhle eine andere Stimme. Sie war tief und klangvoll, kräftig genug, um die Luft mühelos zu durchdringen, und in Anklängen bedrohlich, als spräche ein Abgrund. »Zurück, Felswürm«, befahl sie. »Diese Beute ist zu groß für dich. Er ist mein.«
    Das Geschöpf wandte sein Gesicht mit einem Ruck der Höhlendecke zu. »Mein!« krakeelte es. »Mein Stab! Du hast's vergessen. Ich habe ihn beschworen. Du hast's gesehen!«
    Covenant verfolgte den Blick der roten Augen aufwärts, aber er sah nichts außer dem wirren Hell-Dunkel der dichten steinernen Spitzen. »Du hattest Beistand«, sagte die tiefe Stimme. »Der Stab war für dich eine zu schwierige Aufgabe. Du hättest ihn mit einer winzigen Unregelmäßigkeit zerstört, wärst du nicht von mir darin unterwiesen worden, ihn zu handhaben. Und mein Beistand hat seinen Preis. Was immer du anderes willst, magst du tun. Doch dieser Fang ist mein. Er gehört mir.«
    Das Aufbegehren der Kreatur verebbte, als habe sie sich plötzlich eines geheimen Vorteils erinnert. »Mein Stab«, murmelte sie düster. »Ich habe ihn. Du bist nicht unantastbar.«
    »Du drohst mir?« Die tiefe Stimme nahm einen zornigen Tonfall an, und ihre unausgesprochene Gefährlichkeit erhob sich näher zur Oberfläche. »Gib acht und hüte dich, Seibrich Felswürm! Dein Verhängnis braut sich zusammen. Sieh her! Schon handle ich.« Ein leises Knirschen ertönte, wie von riesigen Zähnen, die aufeinander mahlen, und ein kühler Dunst schob sich zwischen Covenant und Seibrich, verdichtete sich, wirbelte und ballte sich, bis er Seibrich vor Covenants Augen verbarg. Anfänglich glühte der Dunst im Licht des erhellten Gesteins, aber indem er immer stärker wallte, verschwand das Rot im trüben, einheitlichen Grau eines Nebels. Der üble Gestank wich einem angenehmeren Geruch – dem nach Rosenöl, dem Duft von Begräbnissen. Trotz der Sichtbehinderung durch den Nebel spürte Covenant, daß er sich nicht länger in Seibrichs Höhle befand. Der Wechsel bedeutete ihm allerdings keinerlei Erleichterung. Furcht und Entsetzen rissen an ihm wie in einem Alptraum. Die körperlose Stimme versetzte ihn in Panik. Als der Nebel ihn völlig einhüllte, erbebten seine Beine und knickten ein, und er fiel auf die Knie.
    »Du bist gut beraten«, sprach die Stimme nun ihn an, »zu mir zu flehen.« Ihre Fürchterlichkeit erschütterte Covenant wie der plötzliche Anblick einer scheußlichen Mordtat. »Für einen Mann inmitten deines glücklosen Geschicks gibt es keine andere Hoffnung und keine andere Hilfe. Mein Feind wird dir nicht zur Seite stehen. Er war's, der dich für dies Verhängnis erwählte. Und wenn er eine Wahl getroffen hat, dann gibt er nicht, er nimmt.« Eine Spur unbekümmerter Geringschätzung durchzog die Stimme, schrammte an Covenants Nerven. »Ja,

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