Der Fluch des Verächters - Covenant 01
es zur Macht des Stabes. Doch Krieg wäre nicht das Allerärgste. Seibrich gräbt immer tiefer in die dunklen Schichten unterm Donnerberg, dem Gravin Threndor oder Pik Feuerlöwen. Und in den Tiefen der Erde sind Übel vergraben, deren Gewalt zu ungeheuer und zu schrecklich ist, als daß ein Sterblicher darüber gebieten dürfte. Sie würden das Universum auf ewig zur Hölle machen. Doch nach genau einer solchen Übelgewalt trachtet Seibrich. Er sucht den übelmächtigen Stein, den Weltübel-Stein. Sollte er desselben Herr werden, wäre die Welt ein einziges Weh für hoch und niedrig gleichermaßen, bis die Zeit selbst verrinnt. So sieh zu, Kriecher, daß du die Kunde ausrichtest. Du hast Seibrich gesehen. Hättest du Lust, in seinen Pfoten zu sterben?« Die Stimme schwieg, und Covenant hielt sich den Kopf mit beiden Händen, versuchte das Echo von Fouls Drohungen zum Verstummen zu bringen. Das ist ein Traum! dachte er. Ein Traum! Aber die Undurchsichtigkeit des Nebels flößte ihm ein Gefühl des Gefangenseins ein, des Eingegossenseins in völligem Irrsinn. Er erbebte unter der Stärke seines Verlangens nach Flucht und Wärme.
»Verschwinde! Laß mich in Ruhe!«
»Ein Wort noch«, sagte Lord Foul. »Ein letzter Ratschlag: Vergiß nicht, wen du zuletzt am meisten fürchten mußt. Ich hatte mich mit Töten und Foltern zu bescheiden. Nun jedoch stehen meine Pläne fest, und ich habe ihre Verwirklichung in Angriff genommen. Ich will nicht ruhen noch rasten, ehe ich vom Antlitz der Erde die Hoffnung vertilgt habe. Bedenke es und verzweifle!«
Verzweifle hallte gedehnt in der Luft nach, während rundum ein lautes Geräusch des Mahlens anschwoll, als große Felsblöcke zwischen sich kleinere Steine zerrieben. Das Knirschen brauste auf Covenant zu, dann über ihn hinweg, bevor es sich entfernte, Covenant auf den Knien zurückließ, den Kopf zwischen den Armen, das Bewußtsein aus Panik wie leergefegt. Starr verblieb er in dieser Haltung, bis das Knirschen sich nicht länger vernehmen ließ und die entstandene Stille das leise Raunen von Wind durchwehte. Da öffnete er furchtsam die Augen und sah auf dem Fels unter seinem Gesicht hellen Sonnenschein.
4
Kevinsblick
Er streckte sich der Länge nach aus und lag für einige Zeit reglos, ließ seine von jenem Nebel durchkühlten Gliedmaßen genüßlich durch die Sonne wärmen. Rund um ihn säuselte der Wind ein ruhiges Klagelied, berührte ihn jedoch nicht; und bald nachdem das Lord-Foul-Ärgernis ausgestanden war, hörte er in der Ferne Vogelrufe. Er lag still und atmete tief, sammelte neue Körperkräfte, froh um den Sonnenschein und das Ende des Alptraums.
Schließlich erinnerte er sich daran, daß sich zum Zeitpunkt des Unfalls mehrere Leute in der Straße aufgehalten hatten. Merkwürdigerweise gaben sie keinen Mucks von sich; der ganze Ort wirkte auf einmal sonderbar leise. Das Polizeiauto mußte ihn schwerer verletzt haben, als es ihm im Moment einsichtig werden konnte. Mit der gewohnheitsmäßigen Beunruhigung eines Leprakranken gab er sich einen energischen Ruck und erhob sich auf Hände und Knie. Er bemerkte, daß er sich auf einer glatten steinernen Platte befand. Sie war ungefähr rund, durchmaß etwa drei Meter und war von einer etwa einen Meter hohen Mauer umgeben. Über ihm wölbte sich eine Weite makellos blauen Himmels. Er reichte vom einen zum anderen Rand des Ringmäuerchens, als schwebe die steinerne Platte auf irgendeine unvorstellbare Weise hoch in den Lüften.
Unmöglich! In seiner Kehle verwandelte sich sein Atem in Sand. Wo ...?
»Heil dir«, rief in diesem Moment eine Stimme, die infolge irgendeiner Anstrengung keuchte. Er vermochte nicht festzustellen, woher sie kam; sie klang unbestimmt wie aus großer Entfernung – oder wie eine Halluzination. »Heil!« Sein Herz begann zu flattern. Was bedeutet das? »Heda, Kevinsblick! Ist Not am Mann?« Was zum Teufel bedeutet das hier? Plötzlich vernahm er hinter sich ein Scharrgeräusch. Seine Muskeln zuckten; er warf sich ans Ringmäuerchen und warf sich herum, brachte sie in seinen Rücken. Ihm gegenüber, durch eine Bresche im Gemäuer, sah er einen Berg aufragen. Er erhob sich wuchtig aus einem Sockel von Klippen, die sich in gleicher Höhe wie Covenants gegenwärtiger Aufenthaltsort befanden, und ragte bis zu einer von der Sonne beschienenen, noch mit Schnee bedeckten Spitze weit darüber auf, und seine zerklüfteten Seitenhänge füllten nahezu die Hälfte des die Steinplatte
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