Der Fluch des Verächters - Covenant 01
Weißt du, was ihnen angetan worden ist?«
Die Fragen fanden in Covenants Geist schwarzen Widerhall. »Über sie weiß ich Bescheid.«
»Und Pietten? Den kleinen Pietten? Ein Kind?« Covenant hob linkisch die Schultern. »Denk nach, Zweifler!« Schaumfolgers Stimme klang nach Strudeln aus Nebelschwaden. »Ich komme nicht zurecht. Du dagegen vermagst zu begreifen.«
»Es ist das gleiche«, entgegnete Covenant mühsam. »Genau das gleiche wie das, was er mit uns gemacht hat. Und mit Llaura.« Er konnte sich nach kurzem Zögern nicht dessen enthalten, sarkastisch »Und den Höhlenschraten!« hinzuzufügen. Schaumfolgers Blick schwankte. »Wir alle werden zerstört, was immer wir zu bewahren versuchen«, erklärte Covenant weiter. »Das ist das Wesen von Fouls Methode. Das ist Fouls Fluch. Pietten ist ein Geschenk an uns ... ein Beispiel dafür, was wir dem Land antun werden, indem wir es zu retten versuchen. So zuversichtlich ist Foul. Prophezeiungen dieser Art zeichnen sich aus durch Erfüllungszwang.«
Daraufhin starrte der Riese Covenant an, als habe der Zweifel ihn soeben mit einem Fluch belegt. Covenant bemühte sich, Schaumfolgers Blick standzuhalten, aber eine unerwartete Aufwallung von Scham veranlaßte ihn dazu, den Kopf zu senken. Er betrachtete das von Energieausbrüchen versengte Gras. Die Brandstellen im Gras waren sonderbar. Manche sahen weniger greulich als andere aus; anscheinend richtete das Lord-Feuer weniger einschneidende Schäden an als die Macht der Urbösen. »Du vergißt«, sagte Schaumfolger nach einem Weilchen, »daß zwischen einem Propheten und einem Seher ein Unterschied besteht. Einsicht in die Zukunft ist keine Prophetie.«
Covenant verspürte keine Lust, sich darüber Gedanken zu machen. »Warum hast du dir keine Heilerde auf die Stirn geschmiert?« erkundigte er sich, um das Thema zu wechseln. Diesmal schaute Schaumfolger fort. »Es war keine übrig«, erwiderte er gedankenverloren. Seine Hände schlossen und öffneten sich in einer Geste der Hilflosigkeit. »Andere lagen im Sterben. Andere bedurften der Heilerde, um Arme oder Beine zu retten. Und ...« Für eine Sekunde versagte seine Stimme. »Und ich wähnte, dem kleinen Pietten ließe sich damit beistehen. Er ist ja nur ein Kind.« Er hob wieder den Blick und wirkte auf eine Weise bittstellerisch, die Covenant nicht verstand. »Aber einer der Höhlenschrate starb so langsam ... unter solchen Schmerzen.« Ein neues Blutrinnsal brach aus seiner Stirn und troff von seiner Braue. »Stein und See!« stöhnte er auf. »Ich vermochte es nicht zu ertragen. Herdwart Birinair hob für mich eine Handvoll Heilerde auf, obwohl es so viele Wunden zu behandeln gab. Aber ich verwendete sie für den Höhlenschrat. Nicht Pietten. Für den Höhlenschrat. Wegen seiner Schmerzen.« Unvermittelt warf er den Kopf in den Nacken und trank einen langen Zug vom Diamondraught . Mit dem Handballen wischte er sich achtlos das Blut aus den Brauen.
Eindringlich musterte Covenant die entstellten Gesichtszüge des Riesen. »Wie geht's deinen Händen?« fragte er, weil ihm für sein Mitgefühl keine anderen Worte einfielen.
»Meinen Händen?« Zuerst wirkte Schaumfolger verwirrt, aber dann erinnerte er sich. »Ach, das Caamora . Mein Freund, ich bin ein Riese.« Diese Feststellung sprach er aus wie eine Erklärung. »Mir kann kein gewöhnliches Feuer etwas anhaben. Aber der Schmerz ... der Schmerz lehrt mancherlei Dinge.« Ein Ansatz zur Selbstverabscheuung zuckte auf seinen Lippen. »Es heißt, die Riesen seien aus Granit erschaffen worden«, fügte er unterdrückt hinzu. »Sorge dich nicht um mich.«
»In Teilen der Welt, woher ich komme«, entgegnete Covenant aufgrund einer plötzlichen Anwandlung, »gibt's kleine alte Weiblein, die sitzen am Straßenrand und hämmern den ganzen Tag lang mit Eisenhämmerchen auf große Granitklötze ein. Es dauert lange, klar – aber schließlich kriegen sie die großen Klötze klein.«
Schaumfolger überlegte für ein Weilchen. »Ist das Prophetie, Ur-Lord Covenant?« wollte er dann wissen.
»Danach darfst du mich nicht fragen. Eine Prophezeiung würde ich nicht mal erkennen, wenn ich mit der Nase direkt hineinfiele.«
»Ich auch nicht«, sagte Schaumfolger. Ein mattes Lächeln umspielte seinen Mund.
Kurze Zeit später rief Lord Mhoram das Aufgebot um das Essen zusammen, das er und Prothall bereitet hatten. Unter allgemeinem unterdrücktem Stöhnen rafften sich die Krieger auf und begaben sich zum Lagerfeuer. Mühsam
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