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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Die normalen Pferde des Aufgebots waren vorerst nur zu einem gemächlichen, durch vielerlei Straucheln gekennzeichneten Trab imstande, aber nichtsdestoweniger erreichte die Truppe die Mithil-Furt noch am Vormittag. Alle überließen die Pferde zum Grasen oder Saufen sich selbst und stürzten sich – ausgenommen die Bluthüter – in den Strom. Indem sie sich mit feinem Sand aus dem Fluß abrieben, reinigten sie sich in der breiten Strömung des Mithil von Blut, Dreck, Todesnot und der langen Nacht. Saubere Haut und klare Augen kamen unterm Geschmier des Kampfes zum Vorschein; unbedeutende Wunden, mit Heilerde unbehandelt geblieben, öffneten sich und bluteten aus; Fetzen ausgefranster Kleidungsstücke trieben außer Reichweite.
    Inmitten aller anderen wusch Covenant sein Gewand aus, rieb und schabte sich Dreck von der Haut, als versuche er den Makel des Tötens wegzuspülen. Und er trank sehr viel Wasser, um die schmerzliche Hohlheit seines Hungergefühls zu lindern. Als die Krieger mit dem Waschen fertig waren, gingen sie zu ihren Reittieren und entnahmen den Satteltaschen frische Kleidung. Nachdem sie sich umgezogen und wieder ihrer Waffen bemächtigt hatten, teilten sie sich ein, um Wache zu stehen, während Blutmark Tuvor und die Bluthüter badeten. Die Bluthüter schafften es, ins Wasser zu gehen und es zu verlassen, ohne zu plätschern, und sie wuschen sich geräuschlos. Binnen kurzem trugen sie neue Gewänder und bestiegen ihre Ranyhyn. Die Ranyhyn hatten sich, solange ihre Reiter badeten, dadurch erfrischt, daß sie nach Andelain hineingaloppierten und sich dort ausgiebig im Gras wälzten. Nun erst war das Aufgebot wirklich in der Lage zum Weiterziehen. Auf ein Zeichen Hoch-Lord Prothalls ritt die Truppe am südwärtigen Ufer entlang nach Osten.
    Der Rest des Tages verstrich für Reiter und Pferde ohne Unannehmlichkeiten. Unter den Hufen stand weiches Gras, an einer Seite floß klares Wasser, die Luft wies einen Anflug von Vitalität auf, und ferner besaß man Ausblick ins nahe Andelain, das Schwingungen robuster Sattheit auszusenden schien. Die Bewohner des Landes schienen der Nähe dieser Hügel Lebenskraft entziehen zu können. Für Covenant allerdings war auch dieser Tag schwer. Er litt Hunger, und die lebensstrotzende Gegenwart Andelains machte ihn bloß noch hungriger. Er hielt seinen Blick abgewandt, so gut es sich einrichten ließ, verweigerte sich den Anblick, so wie er sich Nahrung versagt hatte. Sein hageres Gesicht war erstarrt in strengen Linien, und er war hohläugig aus Entschlossenheit. Er folgte einem doppelten Pfad: Sein Fleisch ritt beharrlich Dura, hielt seinen Platz in der Truppe; aber sein Geist wanderte durch Klüfte, und ihre dunkle, leere Abgründigkeit kränkte ihn. Ich werde nicht ... Er wollte überleben. Ich bin nicht ... Ab und zu gerieten ihm Aliantha -Sträucher direkt in den Weg, wie eine persönliche Empfehlung des Landes, aber er ließ sich nicht erweichen. Covenant , dachte er. Thomas Covenant. Zweifler. Leprakranker. Unrein. Ausgestoßener. Wenn ein Aufbäumen seines Hungers ihn ins Wanken brachte, erinnerte er sich an Seibrichs blutigen Griff nach seinem Ring, und seine Entschiedenheit festigte sich wieder. Bisweilen sah Llaura ihn an, in ihren Augen den Tod Holzheim Hocherhabens, aber er nahm sich bloß noch stärker zusammen und ritt weiter. Ich werde nicht mehr töten. Er mußte irgendeine andere Antwort finden.
    Am Abend bemerkte er eine Veränderung an seinem Ring. Alle Anzeichen dafür, daß er sich der Rotfärbung noch widersetzte, fehlten nun; unter der Herrschaft des Mondes leuchtete der Ehering jetzt vollkommen dunkelrot. Wie in eifriger Reaktion auf Seibrichs Macht schimmerte er an seiner Hand in kaltem Licht. Am folgenden Morgen begann er den Tagesritt als ein zwischen zwei entgegengesetzten Polen von Wahnsinn hin- und hergerissener Mann. Doch auch er verspürte den Vorgeschmack des Sommers im leichten Mittagswind. Die Luft erwärmte sich und atmete die Reife der Erde. Die Blumen zeigten in ihrem Aufblühen Selbstsicherheit, und die Vögel sangen in unerschütterlicher Erwartung. Allmählich füllte Mattigkeit Covenant aus. Trägheit lockerte die Treibriemen seines Willens. Nur die Gewohnheit des Reitens hielt ihn auf Duras Rücken; gegenüber oberflächlichen Erwägungen entwickelte er zusehends Gleichgültigkeit. Er merkte es kaum, als der Fluß sich nordwärts von der Richtung wegwand, die das Aufgebot nahm, oder als die Hügel steiler aufzuragen begannen.

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