Der Fluch des Verächters - Covenant 01
erhob sich auch Schaumfolger. Er und Covenant schlossen sich Llaura und Pietten an, um etwas zu essen zu bekommen. Anblick und Geruch der Nahrung versetzten jedoch Covenants Bedürfnis nach einer Entscheidung in einen Zustand akuter Unaufschiebbarkeit. Er war ausgehöhlt, fühlte sich hohl vor Hunger, aber als er zugriff, um sich etwas Brot zu nehmen, sah er seinen Arm besudelt mit Blut und Asche. Er hatte getötet. Das Brot entfiel seinen Fingern. Alles läuft schief , dachte er. Essen war eine Form von Einvernehmen ... eine Unterwerfung unter die physische Faktizität des Landes. So etwas konnte er sich nicht erlauben. Ich muß nachdenken. Die Leere seines Innern schmerzte vor Verlangen, aber er blieb hart. Er trank einen Schluck Frühjahrswein, um sich die Kehle zu spülen, dann wandte er sich mit einer Gebärde der Entsagung vom Lagerfeuer ab. Die Lords und Schaumfolger schauten ihm verwundert nach, aber er äußerte sich nicht. Er mußte sich auf die Probe stellen, eine Lösung entdecken, die seine Befähigung zum Überleben wiederherstellte. Er schnitt eine Grimasse und beschloß, hungrig zu bleiben, bis er fand, was er benötigte. Vielleicht erhellte der Hunger seinen Geist genug, so daß er die fundamentalen Widersprüche seines Dilemmas aufzulösen vermochte. Man hatte alle auf der Lichtung zurückgelassenen Waffen eingesammelt und auf einen Haufen geworfen. Er ging hinüber und kramte darin, bis er Atiarans Steinmesser wiederfand. Anschließend begab er sich, durch irgendeine obskure Eingebung dazu bewogen, zu den Pferden, um nachzusehen, ob Dura verletzt worden sei. Als er feststellte, daß sie unversehrt war, empfand er vage Erleichterung. Unter keinen Umständen wollte er in die Zwangslage geraten, einen Ranyhyn reiten zu müssen.
Einige Zeit später beendeten die Krieger ihre morgendliche Mahlzeit. Schlaff schickten sie sich an, den Ritt fortzusetzen. Als Covenant sich auf Dura schwang, hörte er die Bluthüter schrill nach den Ranyhyn pfeifen. Einen Moment lang schien der Ruf in der Luft zu schweben. Dann galoppierten die großen Pferde von verschiedenen Seiten der Lichtung herbei – ihre Mähnen und Schweife wallten wie Lohe, die Hufe dröhnten in langen, kraftvollen, rhythmischen Sätzen –, neun Streitrösser mit besternten Stirnen, so schnell und elementar wie der Pulsschlag des Landes. Covenant konnte in ihrem kecken Wiehern die Erregung darüber hören, daß es heimwärts ging, in die Ebenen von Ra. Die Mitglieder des Aufgebots dagegen, das an diesem Morgen die Stätte des untergegangenen Holzheims Hocherhaben verließ, zeugten in ihrer Erscheinungsweise wenig von Kühnheit oder Heimatstimmung. Quaans Fähnlein war um sechs Krieger verringert, und die Überlebenden waren ausgezehrt vom Kampf und von Übermüdung. Sie schienen ihre Schatten in ihren Gesichtern zu tragen, als sie nordwärts zum Mithil ritten. Die reiterlos gewordenen Tiere nahm man mit, um geschwächtere Tiere entlasten zu können. In der Mitte der Truppe lief Salzherz Schaumfolger matt dahin, als bestünde seine Bürde aus dem Gewicht all der Toten. In einer Armbeuge trug er Pietten mit, der eingeschlafen war, sobald die Sonne den östlichen Horizont aufgehellt hatte. Llaura ritt hinter Lord Mhoram auf dessen Tier, hielt sich an den Seiten seiner Gewandung fest. Im Vergleich zu seiner aufrechten Haltung und grimmig gefaßten Miene wirkte sie gebeugt und zart; mit ihr gemeinsam jedoch hatte er einen Ausdruck von Zermürbtheit, von unausgesprochenem Gram. Ihnen voraus ritt Prothall, und seine Schultern bezeugten die gleiche Art von Hartnäckigkeit, mit welcher Atiaran es verstanden hatte, Covenant vom Steinhausen Mithil bis zum Seelentrostfluß anzutreiben. Beiläufig fragte sich Covenant, für wie lange er sich eigentlich noch nach den Entschlüssen anderer Leute richten mußte. Aber er ließ den Gedanken entgleiten und musterte die Bluthüter. Als einzige Angehörige des Aufgebots wirkten sie von dem Gefecht unbeeinträchtigt. Ihre kurzen Gewänder hingen in Fetzen herab; sie waren so verdreckt wie alle anderen; einer von ihnen war gefallen, mehrere hatten Wunden davongetragen. Sie hatten die Lords, besonders Variol und Tamarantha, bis zum äußersten Einsatz verteidigt; dennoch machten diese Bluthüter einen ungetrübten, keineswegs ausgelaugten Eindruck, blieben offenbar von Zweifeln unbehelligt. Bannor ritt ohne Zügel auf seinem zum Tänzeln geneigten Ranyhyn neben Covenant, hielt ihn mit herrischem Blick unter Beobachtung.
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