Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
fühlte aber auch den Schmerz, wenn bloße Menschenwesen – in kurzen Zeiten törichter Blindheit, wie sie in des Landes Uralter auftraten – die Bäume schlugen und ihre Wurzeln ausbrannten, um Raum zum Aushecken ihrer Narreteien zu schaffen. Ach, schwer fällt's, auf des Menschengeschlechts Geschichte stolz zu sein. Ehe die langsame Erkenntnis sich im Wald verbreitete, so daß jeder Baum um die Gefahr wußte, war das Leben bereits viele hundert Längen weit ausgemerzt worden. Nach unserer Schätzung bedurfte es seiner Zeit, diese Schande zu verrichten – mehr als tausend Jahre. Für die Bäume jedoch muß es wie ein rasches Gemetzel gewesen sein. Am Ende jenes Zeitraums waren im Lande nur noch vier Stätten verblieben, an denen die Seele des Waldes wurzelte – überlebte und in ihrer ehrfurchteinflößenden Pein erschauderte –, und sie ergriff Maßnahmen zu ihrem Schutz. Danach lebten der Riesenwald, Grimmerdhore, Morinmoss und Würgerkluft viele Zeitalter lang, bewahrt von den Forsthütern. Sie erinnerten sich, und kein Mensch, Böser oder Höhlenschrat, der sie zu betreten wagte, kam mit dem Leben davon. Nun sind auch diese Zeiten vorüber. Wir wissen nicht, ob die Forsthüter noch leben – doch nur ein Tor wollte leugnen, daß Caerroil Wildholz noch durch die Würgerkluft wandelte. Doch der Geist, der die Bäume zur Abwehr befähigt, ist im Schwinden begriffen. Seit Berek Halbhand den Stab des Gesetzes in die Hand nahm, haben die Lords die Wälder geschützt ... wir lassen keine Verminderung der Bäume zu. Dennoch schwindet ihr Geist. Da sie voneinander getrennt sind, erlischt die geistige Gemeinschaft der Wälder allmählich. Und die Herrlichkeit des Landes erleidet einen schweren Verlust.« Kummervoll schwieg Prothall für einige Sekunden, bevor er seine Erläuterungen abschloß. »Es ge- schieht aus Ehrerbietung gegenüber dem verbliebenen Geist und aus Achtung vor der Erdkraft, wenn wir um Erlaubnis darum ersuchen, daß so viele zugleich den Wald betreten dürfen. Und es geschieht aus reiner Vorsicht, daß wir jede Herausforderung zu vermeiden wünschen. Die Seele ist nicht tot. Morinmoss' Kraft könnte tausend Mann zermalmen, wenn die Bäume schmerzlich aufgeschreckt werden.«
    »Gibt es keine andersgearteten Gefahren?« fragte Quaan. »Werden wir unsere Waffen gebrauchen müssen?«
    »Nein. Lord Fouls Diener haben den Wäldern in vergangenen Zeiten großes Leid zugefügt. Grimmerdhore mag seine Macht verloren haben, doch Morinmoss erinnert sich. Und heute nacht beginnt der Mond abzunehmen. Nicht einmal Seibrich Felswürm ist verrückt genug, um seine Horden zu einem solchen Zeitpunkt nach Morinmoss zu schicken. Und der Verächter war noch nie ein solcher Narr.«
    Wortlos stiegen die Reiter ab. Einige Angehörige des Fähnleins fütterten die Pferde, während andere eilig eine Mahlzeit bereiteten. Bald hatte das gesamte Aufgebot gegessen, Covenant ausgenommen. Und nach dem Essen streckte man sich aus, um vor der langen Durchquerung des Waldes noch einmal Kräfte zu sammeln, während die Bluthüter Wache hielten. Als alle sich wieder erhoben und zum Weiterreiten fertigmachten, trat Prothall an den äußersten Rand der Anhöhe. Dort wehte der Wind kraftvoller; sein von Ruß geschwärztes blaues Gewand flatterte ihm um den Leib, als er seinen Stab hob. »Heil dir, Morinmoss«, rief er laut. »Wald des Einholzwaldes! Feind unserer Feinde! Morinmoss, heil!« Seine Stimme klang über der Weite von Wipfeln bedeutungslos und erzeugte kein Echo. »Wir sind die Lords – Widersacher deiner Feinde und Erlerner des Lillianrill -Wissens! Wir müssen dich durchqueren! Horch, Morinmoss! Wir verabscheuen Axt und Flamme, die dir Pein bereiten. Deine Feinde sind unsere Feinde! Niemals haben wir die Klinge einer Axt oder Flammen des Feuers zu dir getragen, niemals werden wir's tun. Morinmoss, horch! Laß uns durch!« Seine Bittstellung ging in den Tiefen des Waldes unter. Schließlich senkte er seine Arme, drehte sich um und gesellte sich wieder zum Aufgebot. Er stieg auf sein Pferd und ließ seinen Blick nochmals streng über die anderen Reiter dahingleiten. Auf seinen Wink hin ritten sie hinab zu den knotigen Rändern von Morinmoss.
    Sie schienen in den Wald zu geraten wie ein hineingeworfener Stein. Im einen Moment suchten sie sich noch oberhalb der Bäume einen Weg den Abhang hinunter; im nächsten Augenblick waren sie schon in die Düsternis des Waldes eingedrungen, und hinter ihnen schwand der Sonnenschein wie

Weitere Kostenlose Bücher