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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die Felsen. So entzog sich das Aufgebot dem Tageslicht, das heraufdämmerte, der Sonne, dem Himmel, der frischen Luft, dem Gras und der Möglichkeit des Zurückweichens, begab sich auf seiner Suche nach dem Stab des Gesetzes in den Rachen des Donnerbergs. Covenant schritt in diese Domäne der Nacht wie in einen Alptraum. Er war auf den Eingang zu den Katakomben in keiner Weise vorbereitet. Er hatte den Weg dahin ohne Furcht zurückgelegt; die Erleichterung darüber, den Abstieg vom Ausguck überstanden zu haben, machte ihn zeitweilig immun gegen Panik. Er hatte Schaumfolger kein Abschiedswort gesagt, er hatte irgend etwas vergessen; aber seine diesbezüglichen Gewissensbisse erfuhren seine Überlagerung durch ein Gefühl der Erwartung, das Gefühl, daß sein Handeln ihn aus seinem Traum befreien könnte und dabei seine Fähigkeit zum Erdulden erhalten bliebe. Aber plötzlich schnitt es in der Höhe den Himmel – dessen schmalen Streifen er bislang gar nicht bewußt beachtet hatte – wie durch einen Axthieb ab, und statt dessen schob sich das gewaltige Steingewicht des Berges über die Köpfe, so ungeheuer, daß allein seine Aura schon Beklemmungen bereitete. Die Felsmasse schien in seinen Ohren zu dröhnen wie lautloser Donner. Im Rachen der Höhle ertönte das Rauschen der Fluten noch lauter, erklang dunkler, als werde die eingeengte Pein des Stroms nochmals zu schärferer und lauterer Qual zusammengedrückt.
    Der Sprühnebel wich hier einem Regen; dem Aufgebot voran brannte Birinairs Flamme schwach und mit wechselhafter Helligkeit, von der feuchten Luft nahezu erstickt. Und der Untergrund des Uferpfads war von gefährlicher Beschaffenheit, übersät mit Löchern, Steinbrocken und losem Schiefer. Covenant erhöhte seine Aufmerksamkeit, als lausche er auf einen Ton von Vernunft im Quatsch seiner abenteuerlichen Erlebnisse, und hinter seiner Angespanntheit trug er die Hoffnung auf ein Entkommen wie einen Schild. In mehr als einer Beziehung empfand er sie als seinen einzigen Schutz. Das Aufgebot wirkte bemitleidenswert schwach, wehrlos gegenüber den Höhlenschraten und Urbösen, die in dieser Finsternis hausten. Covenant stolperte durch die nachtgleiche Dunkelheit, die nur der vereinzelte Helligkeitsschein von Birinairs Flamme durchbrach, und sagte insgeheim voraus, daß man die Truppe bald bemerken werde. Dann würde man Seibrich davon Meldung erstatten, die in den Schrathöhlen verbliebenen Kräfte alarmieren und das Heer zurückrufen – welche Chance besaß Schaumfolger gegen so viele tausend Höhlenschrate? –, und man würde das Aufgebot zertreten wie eine Handvoll vermessen dreister Ameisen. Und in dem Moment von Erlösung oder Tod mußte seine eigene Rettung oder Niederlage kommen. Ein anderes Ergebnis konnte er sich nicht vorstellen.
    Mit derartigen Gedanken schritt er dahin, als lausche er auf das Herabrumpeln einer Lawine. Nach einer gewissen Strecke fiel ihm auf, daß das Geräusch des Stroms sich änderte. Der Pfad führte fast horizontal in den Berg hinein, aber der Fluß stürzte zusehends tiefer zwischen das Gestein. Die Strömung verwandelte sich in einen Katarakt, einen unergründlich tiefen Sturzbach, einem Sturz in den Tod vergleichbar. Sein Donnern entfernte sich langsam, indem der Fluß immer weiter vom Maul des Abgrunds fortströmte. Der Sprühnebel in der Luft verdünnte sich, so daß er Birinairs Flamme weniger beeinträchtigte. Aufgrund der verminderten Verschwommenheit durch Feuchtigkeit in der Luft ließ die Felswand nun mehr von ihrer granitenen Beschaffenheit erkennen. Zwischen Wand und Abgrund klammerte sich Covenant ganz an die Ermutigung, die der Pfad in der Mitte gewähren konnte. Wenn er einen Fuß besonders nachdrücklich aufsetzte, spürte er die Festigkeit des Felssimses von der Ferse bis in den Ansatz des Rückgrats. Rundum war die Höhlenmündung inzwischen in einen Stollen übergegangen, von dem der Absturz zur Linken eine Abweichung bildete. Covenant widerstrebte dem Druck der Anspannung, indem er sich auf seine Füße und die Flamme des Allholzmeisters konzentrierte. Der Fluß fiel hilflos in die Tiefe, und sein Rauschen verklang abwärts wie das Kratzen von Fingern, die ihren letzten Halt verlieren. Bald begann man die Marschgeräusche des Aufgebots zu hören. Covenant drehte sich um und versuchte, die Öffnung zur Schlucht zu erspähen, aber entweder beschrieb der Pfad eine sachte, langgestreckte Biegung, oder das Loch war bereits so weit entfernt, daß es sich nicht

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