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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ausgehen könnte, wäre er nicht in solchem Maße nach innen gekehrt. Doch sie fällte ihre Entscheidung rasch. »Es ist keineswegs Brauch bei uns, einen Gast noch vor dem Mahl mit ernsten Fragen zu bedrängen«, sagte sie. »Doch die Speisen sind noch nicht bereitet ...« – sie schaute Lena an –, »und du bist mir fremd, Thomas Covenant, du bist ein Fremder, der mir Unruhe einflößt. Wenn du einverstanden bist, möchte ich mich mit dir unterhalten, während Lena das Mahl zubereitet. Mich dünkt, dich treibt etwas an, das kein Warten verträgt.«
    Covenant hob die Schultern, ohne auf ihre Worte einzugehen. Er verspürte eine gewisse Besorgnis wegen der Fragen, mit denen er nun rechnen mußte, und stellte sich innerlich darauf ein, sie zu beantworten, ohne aus seinem gerade erst zurückgewonnenen seelischen Gleichgewicht zu geraten. Während des kurzen Schweigens, das sich ergab, begann Lena an den Wänden des Mittelraums eine eifrige Geschäftigkeit zu entfalten. Sie entnahm den Fächern Teller und Schüsseln, die sie auf dem Tisch verteilte, und begann auf einer Steinplatte, die von unten Hitze durch eine Schale voller Glutsteine erhielt, Speisen vorzubereiten. Sie schaute, während sie arbeitete, häufig Covenant an; er war davon überzeugt, daß er es längst nicht jedesmal merkte. Atiaran beanspruchte seine Aufmerksamkeit. Zuerst sprach sie gedämpft und merklich unsicher. »Ich weiß kaum, wo ich anfangen soll. Es ist schon lange her, und ich habe von all dem, was die Lords wissen, nur wenig lernen dürfen. Doch was ich weiß, muß genügen. Niemand im Ort könnte meine Stelle einnehmen.« Sie straffte ihre Schultern. »Kann ich wohl einmal deine Hände sehen?« Covenant entsann sich Lenas anfänglicher Reaktion auf ihn und streckte seine Rechte in die Höhe. Atiaran kam um den Tisch, bis sie Covenant nahe genug war, um ihn berühren zu können, aber sie tat es nicht; statt dessen musterte sie sein Gesicht. »Halbhand. Es ist so, wie Trell sagte. Und manche behaupten, Berek Erdfreund, Lord-Zeuger und Herz der Heimat, werde ins Land wiederkommen, wenn es seiner aus Not bedarf. Weißt du um diese Dinge?«
    »Nein«, gab Covenant mürrisch Auskunft.
    »Deine andere Hand?« meinte Atiaran, ihren Blick noch immer in sein Gesicht geheftet. Ratlos zeigte er auch seine Linke vor. Sie senkte den Blick darauf. Als sie die Hand sah, entfuhr ihr ein Keuchen, und sie biß sich auf die Unterlippe und trat zurück. Einen Moment lang sah sie unerklärlich entsetzt aus. Dann aber beherrschte sie sich. »Aus welchem Metall besteht der Ring?« fragte sie mit nur leisem Beben ihrer Stimme.
    »Was? Der Ring?« Ihre Reaktion verblüffte Covenant, und in seiner Überraschung sah er sich plötzlich mit einer unliebsamen Erinnerung daran konfrontiert, wie Joan gesagt hatte: Mit diesem Ring nehme ich dich zum Mann , und zugleich einer an den alten Bettler in seinem ockerfarbenen Gewand, der ihm riet: Bleib getreu! Bleib getreu! Finsternis drohte ihn zu umfangen. Er hörte sich antworten, als sei er ein anderer, jemand, der mit Leprose und Scheidung nichts zu schaffen hatte. »Das ist Weißgold.«
    Atiaran stöhnte auf und preßte ihre Hände an die Schläfen, wie von plötzlichem Schmerz befallen. Doch auch diesmal gewann sie ihre Selbstbeherrschung rasch zurück. »Ich allein«, sagte sie, während in ihre Augen ein Ausdruck des Muts der Verzweiflung trat, »ich allein im Steinhausen Mithil kenne dessen Bedeutung. Selbst Trell besitzt nicht dies Wissen. Und ich weiß zuwenig. Antworte mir, Thomas Covenant – ist das die Wahrheit?«
    Ich hätte ihn fortwerfen sollen , dachte er verbittert. Ein Leprakranker hat kein Recht auf Sentimentalität. Aber Atiarans Eindringlichkeit lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die Frau zurück. Er gelangte zu der Auffassung, daß sie mehr wußte über das, was hier eigentlich geschah, als er – daß er in eine Welt vordrang, die auf irgendeine rätselhafte, undurchschaubare Weise auf ihn vorbereitet war; er verspürte von neuem seinen alten Groll. »Natürlich ist es wahr«, entgegnete er barsch. »Was ist los mit dir? Das ist bloß ein Ring.«
    »Er ist aus Weißgold.« Atiarans Antwort klang so hoffnungslos, als sei sie soeben bis aufs letzte Hemd ausgeraubt worden.
    »Na und?« Er konnte nicht verstehen, was die Frau so außer Fassung brachte. »Das heißt doch nichts. Joan ...« Joan hatte Weißgold gelbem Gold vorgezogen. Aber das hatte nicht verhindert, daß sie sich scheiden ließ.
    »Er

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