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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ist aus Weißgold«, wiederholte Atiaran. »Die Lords singen eine alte Weise dieses Wissens über den Träger des weißen Goldes. Ich erinnere mich nur noch an einen bestimmten Teil dieser Weise, nämlich:
     
    ›Wer wandelt mit dem weißen Gold wilder Magie,
    der wandelt als ein Widerspruch,
    denn alles ist er und doch ein Nichts,
    Held und Tor,
    machtvoll und hilflos,
    mit einem Wort aus Wahrheit oder Trug
    kann er die Erde verwüsten oder retten,
    denn er ist wirr im Geist und dennoch heil,
    ohne Herz und doch voll Leidenschaft,
    verloren und zugleich gefunden.‹
     
    Kennst du dies Lied, Covenant? Es gibt kein weißes Gold im Lande. Nie hat man Gold im Erdreich entdeckt, doch erzählt man, daß Berek Gold kannte und darüber Lieder schrieb. Du kommst von einem fremden Ort. Welch fürchterlicher Zweck führt dich zu uns?«
    Covenant spürte, wie ihr Blick ihn nach irgendeinem Mangel erforschte, irgendeiner Falschheit, die ihre schlimmen Befürchtungen Lügen straften. Seine Haltung verkrampfte sich. Du hast nun viel Macht , hatte ihm der Verächter gesagt. Wilde Magie. Du wirst sie niemals richtig begreifen. Die Vorstellung, sein Ehering solle so etwas wie ein Talisman sein, verursachte ihm fast soviel Übelkeit wie der Geruch des Rosenöls. Er empfand ein heftiges Verlangen danach, in Gebrüll auszubrechen, zu schreien: Nichts von alldem hier geschieht wirklich! Aber er wußte nur eine Verhaltungsmaßregel, die sich bewähren konnte: nicht nachdenken, dem Verlauf des Traums folgen, überleben. Er antwortete Atiaran in ihren eigenen Begriffen.
    »Alle Zwecke sind fürchterlich. Ich bringe eine Nachricht für den Großrat der Lords.«
    »Welche Nachricht?« wollte sie erfahren.
    Er zögerte nur für einen Sekundenbruchteil. »Der Graue Schlächter ist zurückgekehrt«, sagte er dann mit heiserer Stimme.
    Als sie Covenant diesen Namen aussprechen hörte, ließ Lena die Steingutschüssel fallen, die sie gerade in den Händen trug, und flüchtete sich in die Arme ihrer Mutter. Mißmutig betrachtete Covenant die zersprungene Schüssel. Die Flüssigkeit, die darin enthalten gewesen war, glänzte auf dem glatten steinernen Fußboden. Er hörte Atiaran vor Entsetzen um Atem ringen. »Woher weißt du das?«
    Er hob den Blick wieder zu ihr und sah die beiden Frauen sich aneinanderklammern wie Kinder, die der Dämon ihrer schlimmsten Träume bedroht. Aussätziger! Dachte er mit Bitterkeit. Ausgestoßener! Unrein! Doch erneut gewann Atiaran vor seinen Augen ihre Beherrschung zurück. Ihr Kinn wirkte plötzlich kantiger, und der Blick ihrer weiten Augen zeugte von mehr Härte. Trotz aller eigenen Furcht war sie eine energische Frau, die ihr Kind jederzeit zu trösten verstand – und sich schnell zu fassen, um jeder Gefahr entgegenzutreten. »Woher weißt du das?« fragte sie noch einmal.
    Er fühlte sich zur Rechtfertigung gedrängt. »Ich habe ihn auf dem Kevinsblick getroffen«, gab er trotzig zur Antwort.
    »Ach und weh«, rief sie und drückte Lena an sich. »Weh über die Jungen in dieser Welt! Das Verhängnis des Landes hat sie eingeholt. Geschlecht um Geschlecht wird im Elend sterben, und für alle, die leben, werden nur Krieg, Schrecken und Leiden herrschen. O weh, Lena, meine Tochter! Du bist in eine schlechte Zeit hineingeboren, und wenn das Ringen anhebt, wird es für dich weder Frieden noch Trost geben. Ach, Lena, Lena!«
    Ihr Kummer rührte in Covenant an einen empfindlichen Punkt, und ihm schnürte sich die Kehle zusammen. Ihre Stimme versah seine Vorstellung von der einstigen Trostlosigkeit des Landes mit einer Konkretheit, die er bisher nicht verspürt hatte. Zum erstenmal ahnte er, daß dies Land Kostbares barg, das verlorenzugehen drohte.
    Diese Verbindung von Mitgefühl und Ärger spannte seine Nerven noch stärker an. Sein Inneres schien in höheren Schwingungen zu erbeben. Als er Lena ansah, bemerkte er, daß eine neue, gesteigerte Stufe der Ehrfurcht vor seiner Person bereits ihr Entsetzen überlagert hatte. Das unbewußte Angebot in ihren Augen brannte stärker und beunruhigte ihn mehr als je zuvor. Er schwieg, bis Atiaran und Lena sich schließlich langsam aus ihrer gegenseitigen Umarmung lösten.
    »Was weißt du über alle diese Angelegenheiten?« erkundigte er sich dann. »Was geht vor mit mir?«
    Ehe Atiaran antworten konnte, begann draußen vorm Haus laut eine Stimme zu rufen. »Heil dir, Atiaran, Tochter der Tiaran. Glutsteinmeister Trell vermeldet, daß dein heutiges Tagewerk getan ist. So

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