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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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äußerster Vorsicht, und doch nahm die Schüssel unter seinen Händen rasch wieder Gestalt an, und ihre einzelnen Stücke paßten tadellos zusammen, so daß nur ein Netzwerk feiner schwarzer Linien zurückblieb, das die Bruchstellen anzeigte. Bald staken alle Scherben an ihrem alten Platz. Dann verfiel seine tiefe Stimme in eine andere Tonlage. Er begann die Schüssel mit seinen Fingern zu streicheln, und überall, wo seine Finger den Stein streiften, verschwanden die schwarzen Bruchstellen, als habe er sie durch seine Berührung weggewischt. Allmählich erfaßte er mit dieser Art von Behandlung die gesamte Fläche der Steingutschüssel; sobald er mit der Außenseite fertig war, begann er mit dem Innern. Und zuletzt hob er die Schüssel an und dehnte seine Streichelbewegung auch auf die Unterseite aus. Er nahm das Behältnis zwischen die Finger seiner beiden Hände und drehte es langsam, um sich dessen zu vergewissern, daß er keine Bruchstelle übersehen hatte. Dann verstummte sein Singsang, er setzte die Schüssel mit aller Vorsicht ab und zog die Hände zurück. Sie war so unversehrt und fest, als wäre sie niemals hingefallen und zersprungen.
    Covenant riß seinen ehrfürchtigen Blick von der Schüssel los und richtete ihn in Trells Gesicht. Der Glutsteinmeister wirkte nun von der Anstrengung ausgelaugt, seine Miene verhärmt, Tränen waren über seine gestrafften Wangen geronnen.
    »Das Verschmelzen ist ein schwereres Werk als das Brechen«, murmelte er. »So etwas vermöchte ich nicht jeden Tag zu leisten.« Ermattet schlug er auf dem Tisch die Arme übereinander und stützte darauf seinen Kopf.
    Atiaran trat hinter ihren Mann und massierte die kraftvollen Muskeln seiner Schultern und in seinem Nacken; ihre Augen spiegelten Liebe und Stolz wider. Irgend etwas in ihrer Haltung und ihrer Miene flößte Covenant die Empfindung ein, er stamme aus einer sehr armseligen Welt, wo niemand die Brüche von Steingutgefäßen zu heilen verstand und auch gar keinen Wert darauf legte. Er versuchte sich daran zu erinnern, daß er ja nur träumte, aber es widerstrebte ihm, auf die eigene Ermahnung zu achten.
    Nach einer stillen Pause, die ganz beherrscht war von Hochachtung vor Trells Leistung, fing Lena den Tisch zu decken an. Atiaran trug vom Kochstein Schüsseln voller Speisen herüber. Als alles zum Essen bereitet war, hob Trell den Kopf und stand mühsam auf. »Es ist bei unserem Volk Brauch«, sagte Atiaran zu Covenant, »vor der Mahlzeit für eines Augenblickes Dauer im Stehen zu verweilen, zum Zeichen unserer Verehrung für die Erde, aus der Leben, Nahrung und Kraft kommen.« Covenant erhob sich ebenfalls; er empfand Unbeholfenheit und fühlte sich fehl am Platze. Trell, Atiaran und Lena schlossen die Augen und neigten für ein kurzes Weilchen die Köpfe. Danach setzten sie sich. Als auch Covenant auf der steinernen Bank saß, begann sie das Essen herumzureichen.
    Das Mahl war ausgiebig; aufgetragen waren kaltes Salzfleisch mit warmer Soße, ungeschälter Reis, Dörräpfel, braunes Brot und Käse. Covenant erhielt einen hohen Krug mit einem Trank vorgesetzt, den Lena als den bereits von ihr erwähnten Frühjahrswein bezeichnete. Dies Getränk war klar und hell wie Wasser, schäumte schwach und roch entfernt nach Aliantha ; es schmeckte allerdings wie ein leichtes Bier, dem man alle Bitterkeit genommen hatte. Covenant sprach dem Frühjahrswein tüchtig zu, bevor er merkte, daß er seinen ohnehin schon in Schwingungen versetzten Nerven das Äußerste an Spannung zumutete. Er fühlte sich vollständig zusammengekrampft. Er stand zu sehr unter bislang ungeahnten Arten von Druck. Nach kurzer Zeit wartete er ungeduldig auf das Ende des Essens, von dem Wunsch gedrängt, das Haus zu verlassen und sich an der kühlen Abendluft zu erfrischen. Aber Lenas Familie aß mit Bedächtigkeit; das Ritual des Speisens schien zu erstarren. Man widmete sich dem Mahl mit solcher vorsätzlichen Ausführlichkeit, als sei es der Schlußstein all des gemeinsamen Haussegens. Mitten in all dieser Ruhe begriff Covenant plötzlich, daß er selbst die Ursache dafür war, daß es sich dabei um ein Resultat seiner Anwesenheit handelte. Diese Einsicht bereitete ihm beträchtliches Unbehagen. Um sich ein bißchen abzulenken, versuchte er seine Kenntnisse der Situation auszubauen.
    »Ich habe eine Frage«, sagte er auf linkische Weise. Er vollführte eine Rundumgebärde, die das ganze Steinhausen umschrieb. »Nirgends ist Holz. Im ganzen Tal stehen so

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