Der Fluch des Verächters - Covenant 01
Moment später warf er sein Körpergewicht auf sie, und ein wildes weißes Feuer brannte sich tief in ihren Schoß, brach ihr Schweigen, ließ sie aufschreien. Aber als sie schrie, wußte sie bereits, es war zu spät. Etwas war ihr entrissen worden, das man bei ihrem Volk als Gabe betrachtete.
Covenant fühlte sich jedoch nicht als Räuber. Mit jedem wilden Stoß drang er tiefer in sie, bis ein Höhepunkt ihn durchloderte, als sei er in einen Mithil aus geschmolzener Wut gefallen. Er schien an seiner Leidenschaft zu ersticken, so daß ihm beinahe die Sinne schwanden. Danach schien die Zeit an ihm vorüberzufließen, und er lag für eine Weile ruhig, die nach seinen Eindrücken durchaus Stunden gedauert haben mochte – Stunden, in denen seine Welt unbeachtet untergehen konnte.
Endlich entsann er sich Lenas weichen Leibes unter seinem erschlafften Körper, spürte das krampfhafte Beben ihres Schluchzens. Mühevoll stemmte er sich hoch und stand auf. Als er sie im Lichtschein der Glutsteine ansah, bemerkte er das Blut an ihren Schenkeln. Abrupt beherrschte ein Schwindelgefühl seinen Schädel, er fühlte sich aus der Balance gerissen, als schaue er über einen Abgrund aus. Er wandte sich ab und eilte in unstetem Torkelschritt zum Mithil, ließ sich der Länge nach auf den Felsvorsprung fallen und erbrach das Gewicht seiner Eingeweide ins Wasser. Und der Mithil beseitigte sein Erbrochenes so säuberlich, als sei nichts geschehen. Er ruhte bewegungslos auf dem Felsen, während ihn die Ermattung seiner überreizten Nerven überwältigte. Er hörte nicht, wie sich Lena erhob, die Fetzen ihrer Kleidung zusammenraffte, was sie zu ihm sagte, wie sie sich entfernte, indem sie den schroffen Hohlweg erklomm. Er vernahm nichts als das lange Klagelied des Flusses; sah nichts als die Asche seiner ausgebrannten Leidenschaft; fühlte nichts außer der Nässe des Felsens unter seinen Wangen, wie von Tränen.
8
Dämmerung der Botschaft
Das harte Gebein des Felsens holte Thomas Covenant langsam aus Träumen von engen Umarmungen. Eine Zeitlang trieb er auf dem in allmählichem Anschwellen begriffenen Strom der Morgendämmerung – auf seinem asketischen, genügsamen Bett, umgeben vom durchdringenden Selbstgespräch des Flusses, den erneuerten Düften des Tages, den Schreien von Vögeln, die sich in den Himmel schwangen und ihre Kreise zogen. Während das Bewußtsein seiner selbst zurückkehrte, empfand er noch vollkommenen Frieden, restlose Harmonie innerhalb der Gegebenheiten; und sogar die kompromißlose Härte des Steins fand er passabel, sah sie als angemessenen Bestandteil eines hübsch abgerundeten Morgens. Seine ersten Erinnerungen an die vergangene Nacht betrafen den Orgasmus, eine so herzbrecherische, tröstliche Erleichterung, eine solche Befriedigung, daß er bereitwillig seine Seele dafür eingehandelt hätte, ihn zu einem Erlebnis seines wirklichen Lebens machen zu dürfen. Für einen langen Moment des Wohlbefindens genoß er die Erinnerung daran. Dann fiel ihm ein, daß er, um dazu kommen zu können, Lena hatte Gewalt antun müssen.
Lena! Er wälzte sich herum, setzte sich inmitten der morgendlichen Dämmerung auf. Die Sonne war noch nicht bis über die Berge emporgestiegen, aber aus den Ebenen drang soviel widergespiegelte Helligkeit ins Tal, daß er sehen konnte, sie war fort. Sie hatte ihre Glutsteine zurückgelassen; sie lagen noch zwischen ihm und dem Hohlweg. Er rappelte sich auf und spähte rasch in den Hohlweg und über beide Ufer des Mithil aus, um zu schauen, ob sich irgendwo von ihr ein Zeichen erblicken lasse – oder, so gab sein Gewissen ihm sofort ein, von Steinhausenern, die auf Rache sannen. Sein Herz wummerte; all diese buchstäblich felsenfesten Leute hätten schwerlich Interesse an Erklärungen oder Entschuldigungen. Er suchte nach Anzeichen von Verfolgung wie ein flüchtiger Verbrecher.
Aber die Morgendämmerung war so friedlich, als gäbe es gar keine Menschen, keine Verbrechen und kein Trachten nach Bestrafung. Nach und nach wich Covenants Panik. Er schaute ein letztes Mal rundum und begann sich auf das Kommende vorzubereiten, wie es auch beschaffen sein mochte. Ihm war klar, daß es am besten gewesen wäre, schnellstmöglich zu verschwinden, am Fluß entlang in die verhältnismäßige Sicherheit der Ebenen zu entweichen. Aber er war ein Lepraleidender und konnte solche Einmannausflüge nicht leichthin in Angriff nehmen. Er mußte sich darauf einstellen. An Lena dachte er nicht;
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