Der Fluch des Verächters - Covenant 01
der Frauen. »Ja«, erwiderte Atiarans Begleiter. »Wir haben gut achtgegeben, aber es wurden keine weiteren Fremden bemerkt, als diese beiden den Süden der Lichtung überquerten. Und unsere Späher haben in den Hügeln keine anderen Fremden beobachtet.«
»Späher?« fragte Atiaran. »Ich wußte nicht, daß unter den Bewohnern des Landes Späher vonnöten sind.«
Die Frau trat um einen Schritt vor. »Atiaran, Trells Gemahlin«, sagte sie, »die Steinhausener kennen uns, seit wir am Anbeginn der neuen Zeit ins Land zurückgekehrt sind. Und es gibt welche unter uns, die sich deines Besuches bei uns erinnern. Wir kennen unsere Freunde und den Wert der Freundschaft.«
»Aufgrund welcher Erwägungen haben wir dann eine solche Behandlung verdient?« wollte Atiaran wissen. »Wir sind im Trachten nach Freundschaft gekommen.«
Die Frau erteilte auf Atiarans Frage keine direkte Antwort. »Weil wir alle Bewohner des Landes sind und die Gefahren für alle sind, will ich den Verdruß unserer Unhöflichkeit zu mildern versuchen, indem ich unsere Maßnahmen erkläre. Wir in dieser Kernholzkammer sind die Heers von Holzheim Hocherhaben, die Führer unseres Volkes. Ich bin Llaura, Annamars Tochter. Dies ist ...« – sie wies mit dem Kinn auf jede Person, die sie vorstellte – »Omournil, Mournils Tochter. Soranal, Thillers Sohn. Padrias, Sohn Mills. Malliner, Sohn Veinnins. Und Baradakas, Allholzmeister des Lillianrill .« Letzterer war der Mann mit dem Kranz aus Laub. »Wir haben die Entscheidung für den Argwohn gefällt, und ich will dir unsere Gründe nennen. Ich sehe, es plagt euch Ungeduld.« Ein Anklang von Erbitterung verhärtete ihre Stimme. »So will ich euch nicht in voller Länge mit der Erzählung langweilen, welcher schädliche Wind von Zeit zu Zeit vom Gravin Threndor zu uns herübergeweht kam. Ich möchte euch nicht die wütenden Stürme schildern oder euch den Kadaver des Vogels mit drei Schwingen zeigen, der auf dem Dach unseres Holzheims starb, ich werde auch davon absehen, mit euch über den Wahrheitsgehalt gewisser Gerüchte von Mord zu sprechen, die unsere Ohren erreichten. Bei der Sieben! Schlimme Lieder könnten gesungen werden – aber ich verzichte darauf, sie euch jetzt zu singen. Dies sei euch gesagt: Nicht alle Diener des Grauen Schlächters sind tot. Wir glauben, daß ein Wütrich in unserer Mitte weilt.«
Die Erwähnung des Wütrichs schuf so plötzlich eine Atmosphäre der Bedrohung, daß sich Covenant unwillkürlich hastig nach allen Seiten umsah, ob sich irgendeine Gefahr erkennen ließe. Im ersten Moment blickte er nicht durch. Da jedoch bemerkte er, wie sich Atiarans Haltung bei Llauras Worten versteift hatte, er sah das Zucken eines Knotens in ihrem Kinn, spürte ihre vertiefte Furcht, obwohl sie schwieg – und daraufhin begriff er. Die Holzheimer befürchteten, sie und er könnten Wütriche sein. »Das ist ja lächerlich«, sagte er ohne nachzudenken.
Die Heers achteten nicht auf ihn. Nach kurzem Schweigen setzte Soranal die Erläuterungen Llauras fort. »Vor zwei Tagen, unter der Sonne des Nachmittags, als unser Volk fleißig seinen Arbeiten und Künsten nachging und die Kinder in den höchsten Zweigen des Wipfels spielten, kam ein Fremder nach Holzheim Hocherhaben. Noch zwei Tage zuvor war der letzte üble Wind vom Donnerberg ganz plötzlich zum Erliegen gekommen und war einem guten Wind gewichen, und daher erfüllte an jenem Tag, da der Fremde erschien, noch Frohsinn unsere Herzen, weil wir meinten, ein Ringen, wovon wir nichts wüßten, sei zu des Landes Gunst verlaufen. Der Fremde besaß die Erscheinung eines Steinhauseners und nannte sich Jehannum. Wir hießen ihn mit der Gastfreundlichkeit willkommen, die eine Freude im ganzen Lande ist. Wir sahen keinen Grund dazu, ihm zu mißtrauen, obwohl die Kinder ungewohnt furchtsam und weinerlich vor ihm zurückschraken. Weh und Schmach über uns – die Jungen sahen die Wahrheit deutlicher als die Alten! Er bewegte sich unter uns mit düsteren Andeutungen und Bosheit auf der Zunge, widmete unseren Kunstfertigkeiten und Bräuchen verstohlene Geringschätzung. Und wir vermochten ihm nicht zu entgegnen. Aber wir gedachten des Friedensgebots und unternahmen einen Tag lang nichts. Unterdessen steigerten sich Jehannums Andeutungen zu offenen Voraussagen von Unheil. Daher riefen wir ihn endlich in die Kernholzkammer vor der Zusammenkunft der Heers. Wir vernahmen die Worte, die er zu sprechen beliebte, Worte voller Schadenfreude und Schmähung
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