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Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Der Fluch des Verächters - Covenant 01

Titel: Der Fluch des Verächters - Covenant 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Wir werden im Umgang mit Fremden das Sichergehen vorziehen.« In der Hand des Mannes, der sie angesprochen hatte, loderte eine Fackel. In ihrem Schein erhielt Covenant seinen ersten Eindruck von den Holzheimern. Sie waren groß, von schlankem Wuchs und geschmeidigem Auftreten und besaßen helles Haar und helle Augen. Sie trugen Mänteln ähnliche Kleidungsstücke in den Farben von Hölzern, und der Stoff schien sich an ihre Gliedmaßen zu schmiegen, wie um dem Hängenbleiben an Zweigen zu entgehen. Jeder der Männer hielt einen Dolch aus poliertem Holz in der Faust, das im Fackelschein schimmerte. Covenant war ratlos, aber Atiaran zupfte ihr Gewand zurecht und antwortete in ernstem Stolz.
    »Dann fühlt euch sicher. Ich bin Atiaran aus dem Steinhausen Mithil, Gemahlin Trells. Dies ist Thomas Covenant der Zweifler, mit einer Botschaft unterwegs zu den Lords. Wir kommen in Freundschaft und aus Bedürftigkeit, da wir eures Schutzes und Beistands bedürfen. Ich wußte nicht, daß es bei euch Brauch ist, Gäste zu Gefangenen zu machen.«
    Der Mann mit der Fackel trat vor und vollführte eine feierliche Verbeugung. »Sobald wir genügend sichergegangen sind, werden wir euch um Vergebung ersuchen. Unterdessen jedoch müßt ihr mit mir an eine Örtlichkeit kommen, wo wir euch begutachten können. Wir haben Seltsames gesehen und erblicken nun von neuem Seltsames.« Er nickte zu Covenant herüber. »Wir gedenken keine Fehler zu begehen, weder aus Vertrauen noch aus Mißtrauen. Folgt ihr uns freiwillig?«
    »Nun gut.« Atiaran seufzte. »Aber im Steinhausen Mithil würde man niemanden so behandeln.«
    »Mögen die Steinhausener unsere Drangsal kennenlernen«, gab der Mann zur Antwort, »ehe sie unsere Vorsicht mißbilligen. Und jetzt kommt mit mir!« Er trat ans Gatter, um es zu öffnen.
    Bei seiner Anordnung schrak Covenant zurück. Er war ganz und gar nicht darauf eingestellt, im Dunkeln in einem so hohen Baum herumzuturnen. Am hellichten Tage wäre ihm dabei schon mies genug zumute gewesen, obwohl er dann wenigstens etwas gesehen hätte, aber bei der bloßen Vorstellung, ein derartiges Risiko in der Dunkelheit eingehen zu sollen, hörte er den Pulsschlag in seiner Stirn hämmern. Er wich von Atiarans Seite. »Das vergessen wir mal lieber.« Er konnte nicht verhindern, daß seine Stimme zitterte.
    Bevor er sich ihnen zu entziehen vermochte, packten zwei Männer seine Arme. Er versuchte sich loszureißen, doch sie hielten ihn in festem Griff und zerrten seine Hände in den Fackelschein. Für einen langen, stillen Moment starrten die Holzheimer seine Hände an – den Ring an seiner Linken, die Narbe an der Rechten –, als sei er irgendeine Art von Unhold. »Mitnehmen«, befahl dann barsch der Mann mit der Fackel.
    »Nein!« schrie Covenant. »Nicht! Ihr begreift mich nicht. Ich halte solche Höhen nicht aus. Ich werde abstürzen.« Während sie ihn zum Gatter schleppten, brüllte er immer lauter. »Hölle und Verdammnis! Das ist glatter Mord!«
    Seine Bedränger zögerten für einen Moment. Er hörte eine Reihe von Rufen, aber in seiner Furcht und panikartigen Verwirrung verstand er sie nicht. »Wenn du nicht richtig klettern kannst«, erklärte ihm schließlich der Anführer, »wollen wir dich nicht zwingen.« Im nächsten Augenblick fiel das Ende eines Taus neben Covenant herab. Sofort schlangen die Männer es um seine Handgelenke. Bevor er so recht erfaßte, wie ihm geschah, straffte sich das Tau. Man hievte ihn empor wie ein Häufchen Elend in einem Sack. Er glaubte einen Ausruf des Protests von Atiaran zu hören, war sich jedoch nicht sicher. Hölle und Verdammung! fluchte er insgeheim und spannte seine Schultern an, um das eigene Gewicht besser tragen zu können, während er nervös nach oben in die Finsternis starrte. Er konnte niemanden das Tau einholen sehen – im Fackelschein, der zusehends zurückblieb, schien es sich aufwärts in ein grenzenloses Nichts zu erstrecken –, und dadurch verdoppelte sich seine Furcht. Dann verschwand das Licht unter ihm völlig. Einen Moment später bemerkte er aufgrund des leisen Raschelns von Blattwerk, daß er die Höhe der unteren Äste erreichte. Er sah gelben Lichtschein aus der Öffnung am oberen Ende der Wendeltreppe. Aber das Tau, an dem er baumelte, beförderte ihn weiter hinauf bis in die Höhe des Baumdorfs. Infolge seiner eigenen Bewegungen pendelte er leicht, so daß er in regelmäßigen Abständen die Blätter streifte. Doch das blieb seine einzige Berührung mit dem

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