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Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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gestützt. Schlanke, feine, wunderschöne Hände, die nicht zu seinem großen, massigen Körper passen wollen.
    »Lassen Sie mich überlegen ... Natürlich hat der Tod der Brüder und des Neffen sie mitgenommen. Aber Marilena ist nicht so leicht unterzukriegen. Was für sie zählte, waren die Arbeit und ihr Vater. Als der Alte gestorben ist, da war sie am Boden zerstört. Aber sie hat sich schnell wieder im Griff gehabt.«
    »Kennen Sie sie schon lange?«
    Boatti zuckt mit den Schultern.
    »Seit rund fünfzehn Jahren. Ich war einer ihrer ersten Mitarbeiter. Also, ihren Vater hat Marilena echt vergöttert, während sie ihre Schwester hasst.«
    »Hasst, sagen Sie?«
    »Sie kann sie nicht ausstehen. Als der Vater noch lebte, war sie eifersüchtig, sie meinte, das sei eine Scheinheilige, die sich die Zuneigung des Vaters und der Geschwister zu erschleichen versuche. Einmal war sie dermaßen wütend auf sie, dass sie sogar meinte: ›Diese elende Nutte ist noch nicht mal meine richtige Schwester.‹ Wenn es um die geht, sieht Marilena rot.« Er lächelt herablassend. Weiber und ihre dämliche Eifersucht.
    »Das hat sie gesagt?«, fragt Nelly verblüfft.
    »So etwas sagt man halt, wenn man sauer ist. Ich nehme an, diese Schwester ist jünger und sieht besser aus.«
    Vielsagendes Grinsen. Am liebsten würde Nelly ihm eine reinhauen.
     
    »Und was passiert nun? Wie geht es weiter? Ich wollte das auch, das weißt du, aber jetzt wird alles noch gefährlicher.« »Erinnerst du dich noch, dass du keine Luft zum Atmen hattest? Wie atmet es sich jetzt?« »Du weißt es ... natürlich weißt du es. Du hast recht, aber du wirst immer kühner. Werd bitte nicht unvorsichtig.« »Vertraust du mir nicht?« »Das meine ich nicht, ich fürchte nur, die Sache könnte aus dem Ruder laufen ...« »Nicht, wenn ich das Ruder halte.«

XI
     
    Sechs Tage. Sieben. Acht. Die Entführer schweigen. Um die Angehörigen mürbe zu machen, damit sie sofort und ohne zu zögern zahlen? Oder steckt etwas anderes dahinter? Handelt es sich wirklich um eine Entführung, die es auf Lösegeld abgesehen hat? Marilena Pizzi ist zwar steinreich, aber eben auch eine Pisu ... Nelly und Marco Auteri sind mehrmals zwischen Genua und der Klinik hin- und hergefahren, um die Mitarbeiter zu befragen. Ein paar Gerüchte, Eifersüchteleien, viel Groll. Marilena scherte sich einen Dreck um das Betriebsklima, war anmaßend, herrisch, herablassend. Alle mussten spuren wie die Heinzelmännchen, sonst gab es Ärger. Mit den reichen Patienten hingegen war sie zuckersüß, ein anderer Mensch. Ob sich jemand hatte rächen wollen?
    Die Aussagen waren einhellig. An jenem Tag, an dem sie zum letzten Mal gesehen worden war, hatte sie spontan beschlossen, eine Stunde früher als sonst nach Genua zu fahren. Nelly fragte sich, ob sie ihren Mann bei der Schwester hatte ertappen wollen. Hatte sie gegen die beiden vielleicht einen Verdacht? Jedenfalls hatte sie sich von einigen Mitarbeitern und der Empfangsdame verabschiedet und war in ihren BMW gestiegen. Dann war sie verschwunden. Die Suche entlang des Flusses, im Kiesbett und in der Umgebung hatte nichts ergeben. Keine Spur.
    Nelly wurde von Tag zu Tag unruhiger. Sie stand am Fenster ihres Büros, zäh und chaotisch schob sich der Verkehr im Corso Andrea Podestà und dem Viale Brigate Partigiane an einer Baustelle vorbei. Es klopfte an der Tür, und auf ihr abwesendes »Herein!« betrat Sandra in eine Parfümwolke gehüllt den Raum.
    »Ciao, Nelly, störe ich? Ich war gerade in der Gegend und dachte, ich schaue mal rein. Wenn es dir nicht passt, verschwinde ich sofort wieder.«
    Sandra ging auf sie zu, musterte sie von oben bis unten und reckte sich, um ihr einen Kuss zu geben.
    »Nein, du störst mich nicht. Stell dir vor, an wen ich gerade gedacht habe?«
    Nelly deutete auf einen Stuhl, bat Valeria, ihnen zwei Kaffee zu bringen, und setzte sich. Sandra machte ein gespielt nachdenkliches Gesicht.
    »Lass mich überlegen ... an Carlo.« Nellys rote Locken wippten verneinend.
    »An Tano.« Wieder schüttelte Nelly den Kopf und legte stirnrunzelnd den Finger auf die Lippen.
    »An meine Verwandten.« Diesmal folgte ein energisches Nicken. »Neuigkeiten von Marilena?«
    Nelly breitete frustriert die Arme aus. »Nichts und wieder nichts.«
    »Das ist unglaublich. Wer kann das gewesen sein?«
    »Alle, die etwas gegen sie haben könnten, haben ein bombensicheres Alibi. Erpresserforderungen, Fehlanzeige.«
    Valeria kam mit dem Kaffee herein,

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