Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch vom Valle della Luna

Der Fluch vom Valle della Luna

Titel: Der Fluch vom Valle della Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
so gut wie leer, lediglich ein spät eingetroffenes Pärchen hatte noch etwas zu trinken bestellt, und drei Freunde saßen leise plaudernd in einer Ecke. Die Kerzen auf den Tischen warfen flackernde Schatten auf ihre Gesichter.
    »Sonst nichts? Kein Verbrechen, dessen dieser Sogos verdächtigt worden wäre, der Mord an Samuele Pisu beispielsweise? Oder an seinem Bruder?«
     
    »Auch wenn man ihm nichts nachweisen konnte, könnte dieser Gavino noch mehr auf dem Kerbholz haben«, meinte Gerolamo. »Mal sehen, ob die Brüder ähnlich drauf waren. Wir informieren uns, und morgen machen wir uns auf die Suche nach dem dritten Bruder, diesem ...«
    »Boboi Sogos. Was für ein komischer Name.«
    Tiu Pedru kam mit gespitzten Ohren am Tisch vorbei.
    »Boboi? Das ist eine Koseform von Salvatore. Verzeihung, wenn ich mich einmische.«
    »Wir haben gehört, der Käse sei der beste der ganzen Gegend«, sagte Nelly hastig.
    Der Wirt schluckte das oder tat zumindest so.
    »Der Käse, den ich Ihnen heute zum Mittagessen serviert habe, war von Boboi. Der macht ihn noch wie früher, und es ist in der Tat der beste, nicht nur hier in der Gegend. Restaurants und Touristen sind ganz verrückt nach seinem Käse, seiner Wurst und seinen Spanferkeln. Auch das, was Sie heute Abend gegessen haben, kam aus seinem Stall. Lämmer hat er ebenfalls. Der verdient gut. Wer weiß, was der mit dem ganzen Geld anstellt, ganz allein in seinem Tal, in seinem Verschlag, der lebt wie ein Eremit. Jahrelang hat er gespart, um seinen Bruder aus dem Gefängnis zu holen, die Anwälte zu bezahlen und in Berufung zu gehen ...«
    »Um den Bruder aus dem Gefängnis zu holen? Ich denke, sein Bruder Gavino ist schon seit Jahren tot.«
    Der Wirt wurde unruhig. Offenbar hatte er zu viel gesagt. Er zuckte mit den Schultern.
    »Ich meinte nicht Gavino, der ist tot. Ich meinte Panni, der auch irgendwo im Gefängnis saß oder sitzt. Boboi war völlig fixiert darauf, ihn rauszuholen. Aber vielleicht ist er inzwischen auch gestorben. Boboi redet nicht darüber, und niemand stellt ihm Fragen. Das ist seine Privatangelegenheit. Wie wär’s mit einem Gläschen Myrtenschnaps?«
    Die drei nickten, und der Wirt verschwand. Schweigend blickten sie sich an, während die letzten Gäste nach und nach das Lokal verließen.

II
     
    Sonntagmorgen. Auch hier ist der Frühling nicht immer verlässlich. Es bläst ein starker Wind, und Nelly begreift langsam, weshalb manche der Korkeichen fast horizontal wachsen. Zusammen mit Gerolamo ist sie auf dem Weg zu Boboi Sogos’ Hütte, sie sitzen im Auto und fahren an einem malerischen, vom Wind gekräuselten See entlang. Rechts von ihnen geben verrammelte Toreinfahrten dem Vorbeifahrenden zu verstehen, dass er auf den dahinterliegenden Privatgrundstücken nichts verloren hat. Die Landschaft um den See ist hügelig. Hin und wieder sieht man auf den grünen Weiden am Hang weiße Ochsen oder Schafe grasen. Nelly und Gerolamo halten die Augen nach Hinweisen offen, die sie zu Boboi Sogos führen sollen.
    »Da, die Brücke und der Fluss, na ja, der Bach.«
    Hier müssen sie das Auto stehen lassen, hat Tiu Pedru gesagt, und zu Fuß weitergehen. Sie folgen einem Pfad den Hang hinab zur Brücke, gehen dann flussaufwärts am Ufer entlang.
     
    Inzwischen ist es fast zehn. Sie gehen seit einer guten Stunde. Nelly kraxelt bergan, immer längs des Baches, der durch sein steiniges Bett zum See hinunterrinnt. Gerolamo folgt ihr. Die beiden reden nicht, den Blick zu Boden gerichtet, um nicht zu stolpern, denn der Weg hat sich in einen tückischen Saumpfad verwandelt. Links geht es steil in die Tiefe, und hier und da lösen sich Steine unter ihren Schritten und poltern in die schmale Schlucht. Zum Glück haben sie vor ihrer Wanderung ausgiebig gefrühstückt. Basile, der sich für Filippo De Magistris’ Unglück verantwortlich fühlt, hat sich ins Krankenhaus nach Tempio bringen lassen. Er will nicht, dass Filippo allein ist, wenn er aufwacht. Sie werden ihn später wiedertreffen. Unterdessen versucht er, etwas über die Sogos-Brüder herauszufinden. Der Wind wird immer kälter, und Nelly, die für dieses Wetter nicht gerüstet ist, fröstelt es in ihrer Lederjacke. Gerolamo wirkt wie immer ungerührt, doch Nelly könnte schwören, dass er ebenfalls friert. Sie bleibt stehen und blickt sich ratlos um. Gerolamo, der ein paar Schritte hinter ihr ist, hält ebenfalls an und schaut zurück Richtung Tal. Der See ist irgendwo da unten verschwunden. Ringsherum

Weitere Kostenlose Bücher