Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
ihn den Blechmann. Vielleicht trägt er eine Rüstung oder so.«
Auf ihrem Gesicht lag nicht die leiseste Spur eines Lächelns. Aber Simon bemerkte, wie bleich sie war, die dunklen Augenringe, ihren verschlossenen, stumpfen Blick.
»Was mich besonders interessiert, ist, wie Tom an dieses Spielzeug kam. Sie und er denken, Georgie hätte es ihm gegeben. Heißt das, daß ein Geist in der Lage ist, etwas zu tragen? Denn die Spielsachen selbst waren doch ganz eindeutig real.«
»Ich glaube nicht, daß es ein Problem für sie darstellt, etwas zu tragen.« Sie dachte an die Rosen.
»Und das schließt sogar Menschen ein? Ich habe mitbekommen, daß Tom auf den Speicher hinaufgetragen wurde, und daß er aus seinem Bett herausgefallen ist – oder hinausgeworfen wurde.«
Sie biß sich auf die Unterlippe und nickte.
»Haben Sie ihn gefragt, wer ihn auf den Speicher brachte?«
»Er sagt, es war der Blechmann.«
»Von dem Sie glauben, daß er eine Rüstung trägt. Glauben Sie Tom?«
»Wer sonst hätte ihn hinaufbringen können? Luke und Lyn waren in der Küche.«
»Joss, haben Sie in letzter Zeit Kopfschmerzen gehabt? Schwindelgefühle? Oder Gedächtnislücken?«
»Ah, ich verstehe. Sie meinen, ich war es. Natürlich, zu diesem Ergebnis mußten Sie wohl kommen. Das hätte ich mir denken können.«
»Ich muß jede Möglichkeit in Erwägung ziehen. Das werden Sie verstehen.«
»Richtig. Nun gut, Sie haben es erwogen. Haben Sie Luke und Lyn dieselbe Frage gestellt? Schließlich hätte sich jeder von ihnen aus der Küche stehlen können. Und jeder von ihnen könnte lügen.«
Zum ersten Mal sah er aus, als würde er sich nicht wohl in seiner Haut fühlen.
»Sie haben sie also nicht gefragt. Das dachte ich mir. Aber ich versichere Ihnen, Simon, ich bin vollkommen normal.«
»Und die blauen Flecken, die Tom hat, Joss. Hat Georgie das getan? Oder der Blechmann?«
Sie funkelte ihn zornig an. »Er ist aus dem Bett gefallen!«
»Sind Sie sich dessen ganz sicher?«
Sie zögerte. »Was sollte ich denn sonst denken? Simon, ich war es bestimmt nicht!«
Er betrachtete sie einige Sekunden lang und schüttelte dann den Kopf. »Nein, ich glaube auch nicht, daß Sie es waren. Joss, wenn Sie hier unglücklich sind – könnten Sie nicht ein bißchen wegfahren? Mit den Kindern; zu Freunden, oder zu Ihrer Familie? Nur, damit Sie und die Kleinen mal eine andere Umgebung haben.«
»Luke würde nicht mitkommen«, wandte sie ein.
»Ich meine auch gar nicht, daß er mitkommen sollte. Nur Sie und die Kinder.«
»Und Lyn auch nicht?«
Er neigte den Kopf zur Seite. »Möchten Sie denn, daß Lyn mitfährt?«
Sie zuckte die Achseln. Plötzlich erschien ihr der Gedanke, ohne Lyn wegzufahren, sehr verlockend. Sie blickte Simon an. »Manchmal denke ich, es wäre wunderbar, wenn ich die Kinder für mich alleine hätte.«
»Sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen, Joss. Es ist ganz natürlich, wenn Sie Ihre Kleinen nur für sich wollen. Lyn ist eine tatkräftige Person, das kann ich sehen. Unter normalen Umständen wäre man für jemanden wie sie sicher sehr dankbar, aber womöglich erledigt sie einfach zu viel, so daß Sie sich ein wenig übergangen fühlen?«
Joss rümpfte die Nase. »Jetzt spielen Sie den Psychiater.«
»Das lernt man am zweiten Tag des Medizinstudiums«, erklärte er lachend; dann seufzte er tief. »Hören Sie, ich muß noch nach Hause und kurz baden und frühstücken, bevor ich ins Krankenhaus fahre. Denken Sie mal darüber nach, Ferien zu machen, Joss. Spannen Sie mal ein bißchen aus. Ich glaube, dieses Haus und die damit verbundenen Erinnerungen haben Ihnen ziemlich zugesetzt.« Widerstrebend verließ er den Platz am Kamin, und Joss folgte ihm in die Küche. Lyn war gerade beim Aufräumen. Joss bemerkte den fragenden Blick, den sie Simon zuwarf.
»Ich fürchte, ich werde doch noch nicht eingewiesen, Lyn«, sagte sie.
»Natürlich nicht. Ich hoffe, Sie haben ihr ordentlich die Leviten gelesen, Simon, und ihr gesagt, daß sie etwas mehr Ruhe braucht.«
»Das habe ich.« Simon nahm sein Jackett. »Schönen Tag, meine Damen. Ich mache mich auf den Weg.«
Durch das Fenster sah Joss ihm zu, wie er quer über den Hof geradewegs zu Luke ging, der vor der Remise arbeitete. Sie drehte sich zu Lyn um. »Ich bin normal, nüchtern und von aller Schuld freigesprochen«, sagte sie leise. »Bitte behaupte künftig nichts Gegenteiliges mehr, Lyn.«
Lyn zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Wenn es dafür keinen Anlaß
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