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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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versperrte er sie sorgfältig und ging mit den Schlüsseln ins Arbeitszimmer. »Sagen Sie mal, James, wie kommt Ihr Verstand mit dem Glauben an Gott zurecht, wenn er alle anderen Aspekte des Übernatürlichen leugnet?« rief er über die Schulter. Er wollte gerade die Schlüssel wieder auf den Schreibtisch werfen, als sein Blick auf Joss’ Manuskript fiel. Obenauf lag eine getrocknete Blume. Vorhin war sie ganz sicher noch nicht dort gewesen. Er ließ den Schlüsselbund fallen und nahm sie in die Hand. Eine Rose; eine alte, vertrocknete Rose. Die einst weißen Blütenblätter hatten die Farbe und Konsistenz von Waschleder angenommen. Nachdenklich betrachtete er sie und spürte, daß sich die Härchen auf seinen Unterarmen aufstellten.
    Rosen. Er ließ sie fallen und ging zur Tür.
    »James?«
    Er erhielt keine Antwort. Unmöglich, daß es ein zweites Mal passierte. David zwang sich, langsam und ruhig zum großen Saal zu gehen, und dort blieb er abrupt stehen. James stand am Tisch und starrte ungläubig auf Edgars Aktentasche vor sich.
    David trat schweigend neben ihn. »Sie sind leer«, sagte James nach einem Augenblick und deutete mit dem Kopf auf die Gefäße. »Alle. Der Rest ist hier: das Kruzifix, die Kerzenständer. Das lag alles unter der Truhe. Jemand muß es dort versteckt haben.«
    David schüttelte den Kopf. »Es ist aber niemand im Haus, James.«
    »Es muß jemand dasein.« Der Pfarrer wirkte verzweifelt. »Es muß eine logische Erklärung dafür geben. Vielleicht Kinder, Kinder aus dem Dorf. Joss hat mir einmal gesagt, sie glaubt, daß Kinder hier im Haus Versteck spielen.«

    »Das stimmt auch.« David war sich bewußt, wie jämmerlich seine Stimme klang. »Aber es sind keine Kinder aus dem Dorf.«
    Schweigend sah James ihn an und schloß dann die Tasche. Keiner der beiden hatte die schwache, ringförmige Spur auf den Steinplatten gesehen, wo das Salzwasser einen perfekten Kreis gebildet hatte.
    »Was glauben Sie denn, was mit dem Inhalt passiert ist?« fragte David sachlich.
    »In manchen Kreisen sind solche Dinge sehr begehrt. Für satanische Rituale, Hexerei, derlei Unfug.« James’ zuvor forsches Auftreten war einer verdrossenen Desillusion gewichen.
    »Wir sind also zu spät gekommen.«
    »Sieht so aus.« James seufzte tief. »Die Grants sind alle fort, sagten Sie?«
    David nickte.
    »Also ist die Familie in der unmittelbaren Zukunft außer Gefahr. « Nachdenklich sah James sich im Zimmer um. »Wissen Sie, ich kann nichts fühlen. Gar nichts. Ich wünschte, ich könnte es, vielleicht wüßte ich dann eher, wie ich mit all dem umzugehen habe.«
    »Seien Sie froh, daß Sie nichts fühlen können!« widersprach David. »Ich glaube nicht, daß es besonders angenehm ist, übersinnliche Fähigkeiten zu besitzen. Ganz und gar nicht.«
    Von der Rose sagte er nichts. Er wartete, bis James die Tasche in die Hand nahm, und ging dann zur Wand, um die Lichter auszumachen. Oben in der Galerie war jemand und beobachtete sie, davon war er überzeugt. Er konnte sogar das unterdrückte Triumphgefühl spüren.
    Ohne hochzublicken, ging er ins Zimmer zurück und trieb James vor sich her zur Tür. Das Lachen, das er hinter sich zu hören glaubte, stammte nicht von einem Kind. Es gehörte einer Frau.
     
    Mary lag im Kirchhof rücklings im hohen Gras ausgestreckt und sah zum Himmel empor. Mit den Wolken, die vom Meer hereintrieben, waren die Sterne langsam verschwunden, und mittlerweile war der Himmel pechschwarz. Sie schloß die Augen und
war froh, daß die Schmerzen endlich aufgehört hatten. Allmählich wurden ihre Beine taub.
    Ihr Schuh steckte noch in dem schmiedeeisernen Gitter um das alte Grab, wo sie gestolpert war. In der Dunkelheit konnte sie nicht sehen, daß das Blut von ihrem eingekeilten Fuß stetig ins Gras tropfte.
    Irgendwo in der Ferne hörte sie eine Tür ins Schloß fallen. »Hier! Ich bin hier!« rief sie, aber ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, und niemand hörte sie.
    Sie hätte wissen müssen, daß das Böse jetzt in der Kirche war; sie hätte spüren und erkennen müssen, daß es irgendwie erweckt worden war. Aber sie wurde alt, zu alt. Zu schwach. Sie mußte Jocelyn warnen. Langsam schloß sie die Augen, und ihr Kopf fiel auf ein weiches Polster von getrocknetem Gras. Noch ein bißchen ausruhen, dann würde sie wieder versuchen, auf die Beine zu kommen. Aber auf einmal fühlte sie sich so schrecklich müde.
    »Georgie? Sam?« Ihr Flüstern war sehr schwach. »Helft mir, Jungs. Ich

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