Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
ich noch nie erlebt. Das liegt sicher an dem Haus. Es ist alt, wunderschön und sehr geschichtsträchtig; wahrscheinlich fehlt nur eine moderne Beleuchtung, die das ganze Haus in grelles Licht taucht, sobald man einen Schalter betätigt. Und es ist schrecklich kalt dort. Die Leute sprechen immer wieder von kalten Stellen; aber sie vergessen, daß sie an moderne Häuser mit Zentralheizung und Doppelglasfenstern gewöhnt sind. Die kleinste Zugluft, und schon denken sie an einen bösen Geist, der durchs Zimmer weht.« Er lachte leise. »Was mit Edgar passiert ist, war nichts als ein schrecklicher, trauriger Unfall, David. Sie dürfen sich von diesen ganzen Spukgeschichten nicht verrückt machen lassen. Ich weiß, daß Edgar viel mit dieser Sache zu tun hatte, als die Duncans hier lebten. Er hat sie ermutigt. Die armen Leute, sie hatten ein sehr unglückliches Leben, aber meiner Ansicht nach hätte er all das Gerede über Gespenster nicht ernst nehmen dürfen.«
»Ich dachte, die Kirche nimmt es ernst«, wandte David nachdenklich ein. »Edgar hat mir gesagt, daß es in jeder Diözese eine eigene Abteilung gibt, die sich mit Exorzismus beschäftigt.«
James Wood schwieg einen Augenblick. »Es gibt in der anglikanischen Kirche noch einige sehr altmodische Anschauungen, die meiner Ansicht nach nicht sehr förderlich sind«, erklärte er schließlich.
»Ah ja.« David zog noch einmal die Augenbrauen hoch. Vor ihnen in der dunklen Hecke erschien das Tor zur Auffahrt, und sie traten hindurch. Die Büsche wirkten sehr schwarz, und durch den Frost war der Kies gefroren, so daß nicht das übliche freundliche Knirschen zu hören war, als sie schweigend zur vorderen Haustür gingen.
»Ich habe den Schlüssel für hinten«, flüsterte David, als sie an der Hausfassade hinaufsahen. Im Licht der Sterne zeichneten sich die Giebel, die hohen Kamine und die dunklen, unverhängten Fenster deutlich ab. Schaudernd dachte David an das helle Licht, das in jedem Stockwerk gebrannt hatte, als er vor nur vierundzwanzig Stunden weggefahren war.
Er ging dem Pfarrer durch den Torbogen in den Hof voraus und sah sich um. Alle Remisen waren verschlossen; der Hof lag
in tiefer Stille. Den Schlüssel in der Jackentasche umklammernd, ging er auf die Tür zu.
In der Küche war es noch warm. Erleichtert stellte David fest, daß offenbar nichts verstellt worden war. Er warf James Wood ein entschlosses Lächeln zu, als dieser seine Taschenlampe ausschaltete und in die Jackentasche steckte. »Hier lang, in den großen Saal.«
Er öffnete die Tür zum Gang und blieb horchend stehen. Das Haus war sehr still. Am liebsten wäre er auf Zehenspitzen geschlichen, aber er trat bewußt fest auf, als er zum großen Saal ging; er war dankbar zu wissen, daß Wood ihm auf den Fersen folgte. Er knipste das Licht an und blickte sich um. Der Raum sah aus wie immer. Dann ging er über die Steinplatten zum alten Eichentisch. Entsetzen packte ihn. Ein blauer Wachsfleck, wo die Kerzen gewesen waren – mehr war auf dem Tisch nicht zu sehen. Langsam drehte er sich um. Edgars Aktentasche hatte auf dem Sessel neben dem Kamin gelegen; die Flaschen mit Wein und Öl und Wasser hatten auf dem Tisch gestanden; auch das kleine Gefäß mit Silberdeckel neben dem Kreuz war verschwunden. Es enthielt das Salz für den Exorzismus.
»Das verstehe ich nicht.« David ging zum Kamin und stocherte mit der Fußspitze in der Asche herum. »Es ist alles weg.«
»Was ist weg?« Die Hände in den Taschen vergraben, betrachtete James Wood das Porträt über dem Kaminsims.
»Edgars Sachen. Das Kreuz. Die Kerzen. Das Sakrament.« David fuhr mit dem Finger über das kalte Wachs auf dem Tisch. »Hier, sehen Sie? Hier hat er gearbeitet. Und seine Tasche war da drüben, auf dem Sessel.« Langsam sah er sich um und blickte in die Schatten.
Wood runzelte die Stirn. »Dafür gibt es bestimmt eine ganz logische Erklärung. Der junge Jimbo Cotting zum Beispiel. Kann es sein, daß er aufgeräumt hat, nachdem Sie zum Krankenhaus gefahren sind?«
»Ich habe die Haustür zugesperrt«, antwortete David. »Jimbo würde nie in dieses Zimmer kommen; weiter als bis zur Küche betritt er das Haus nicht. Ich habe das Licht ausgemacht und die Tür zugesperrt, während die Sanitäter Edgar in die Ambulanz getragen haben. Dann habe ich Jimbo den Schlüssel gegeben und
bin der Ambulanz in meinem Wagen gefolgt. Niemals wäre er wieder hierhergekommen, soviel steht fest. Das Haus versetzt ihn in Angst und
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