Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
Kopf, schwieg aber taktvoll. »Na ja, Sie sind für die Kleinen verantwortlich. Vielleicht haben Sie recht«, fügte sie nach einer Minute hinzu. Dann bemerkte sie den verschmierten Lappen in ihrer Hand und lachte. »Ja, vielleicht haben Sie recht. In der Kürze liegt die Würze, stimmt’s? Aber versuchen Sie wirklich, Luke und Joss vorher anzurufen, Kind. Sie haben ihre Nummer im Hotel dagelassen. Fragen Sie nur, ob es in Ordnung ist, wenn Sie zurückfahren, ja?«
Als Lyn mit dem Mini durch den Torbogen in den Hof fuhr, fiel ein leichter Regen vom bleigrauen Himmel. Sie sah zur offenen Tür der Remise. Offensichtlich war Jimbo da, aber zu ihrer Erleichterung
konnte sie ihn nirgends sehen. In seiner Gegenwart fühlte sie sich unbehaglich. Jedesmal, wenn sie ihm begegnete, ohne daß Luke dabei war, starrte er sie anzüglich an, und das Schlimme war, daß sie ihn mit seinen auffallenden Augen auch noch äußerst anziehend fand. Mit einem Anflug von Bedauern mußte sie wieder an Mat denken.
Sie nahm Lukes Schlüssel aus der Tasche und stieg aus dem Wagen. Dann befreite sie Tom aus seinem Kindersitz und wandte sich Ned zu. »Komm, Kleiner, jetzt holen wir dich hier raus! Bald ist Zeit zum Mittagessen, und ich wette, im Haus ist es eiskalt. Wir werden oben Feuer anmachen müssen, bevor du in deinem Zimmer schlafen kannst.« Die Gurte ließen sich nur schwer öffnen. Fluchend zerrte sie an den kleinen quadratischen Schnallen, bis es ihr endlich gelang, Ned aus dem Rücksitz herauszuheben. Mit dem Kind im Arm nahm sie den Katzenkorb heraus – Kit und Kat miauten begierig, weil sie nach der langen Fahrt endlich wieder herumtollen wollten – und sah sich nach Tom um.
»Tom! Tom, wo bist du?« Er war verschwunden. »Tom?« Ärgerlich drehte sie sich um und wischte sich den Regen aus dem Gesicht. »Komm her, du wirst doch ganz naß!« Aber offenbar war der kleine Frechdachs zielstrebig in die offene Remise gelaufen. Verdammt. Ein langes Gespräch mit Jimbo hatte ihr gerade noch gefehlt. »Tom, komm schnell! Ich möchte uns Mittagessen machen.«
Sie konnte ihn kichern hören. »Tom! Wo versteckst du dich, du Scheusal?« Seine Schritte hallten über die Pflastersteine im Hof. Sie wirbelte mit Ned im Arm herum. »Tom!«
»Sie sind ja wieder da.« Jimbo war in der Garagentür erschienen; in der Hand hielt er einen Schraubenschlüssel. Wie immer trug er einen verdreckten, ölverschmierten Overall, und seine ungepflegten langen Haare waren mit einem Gummiband im Nacken zusammengehalten. Er musterte sie von oben bis unten, als würde sie einen winzigen Bikini tragen und nicht eine alte Jeans und einen leuchtendblauen Anorak. Trotz des eiskalten Regens, der ihr den Nacken hinunterlief, wurde ihr auf einmal heiß.
»Wie du siehst. Ist Tom da drin?«
»Tom?« Er blickte auf seine Füße, als würde der Junge sich hinter seinen Beinen verstecken. »Nein, ich glaub nicht.«
»Kannst du mal nachsehen? Im Wagenschuppen. Ich will, daß er ins Haus kommt. Der Regen wird immer stärker.« Sie versuchte, Ned mit dem Kragen ihres Anoraks vor der Nässe zu schützen.
Jimbo verschwand in der Remise. Plötzlich bemerkte Lyn, daß von dort leise Musik zu hören war, und zwar überraschenderweise klassische Musik. Sie trat näher. »Ist er da?«
»Nein. Das hab ich auch nich gedacht. Ich hab ihn nich gesehen. Ist er Ihnen abgehauen, der Wicht?«
»Ja«, sagte Lyn grimmig.
»Ich sag Ihnen was. Gehen Sie mit dem Baby rein, und ich such nach ihm.« Jimbo wandte sich um, hielt dann aber inne, und seine Miene nahm einen besorgten Ausdruck an. »Weiß Joss, daß Sie die Kinder hierher zurückbringen?«
»Ich rufe sie heute abend an. Ich hab’s gestern abend im Hotel versucht, aber sie waren nicht da.« Sie zögerte. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wo Tom sein könnte.«
»Wissen Sie, ich finde, Sie hätten sie nicht zurückbringen sollen. « Jimbo rieb sich den Nacken mit einer ölverschmierten Hand. »Sie sollten nich im Haus sein.«
»Ach verdammt, jetzt fängst du auch noch damit an!« Lyn machte auf dem Absatz kehrt und ging schnell zur Haustür. Es war nicht an ihr, Jimbo zu erklären, daß Joss selbst den Kindern weh getan und sich die Geschichten nur eingebildet hatte. Das war Lukes Aufgabe. »Bitte, Jimbo, such nach ihm. Er wird hier draußen ganz naß.«
Während sie noch immer nach Tom Ausschau hielt, legte sie sich Ned auf die Schulter und angelte die Schüssel aus ihrer Tasche. Die Tür schwang auf, und
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