Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
ihm rufen.« Janet blieb stehen und legte die Hände trichterförmig an den Mund. »Tom! Tom-Tom, wo bist du?«
»Tom!« wiederholte Lyn und rannte zum Gebüsch am Ende des Rasens. »Tom-Tom, komm! Zeit zum Mittagessen!«
Als sie schließlich die Vorderfront des Hauses erreichten, waren sie beide erschöpft, heiser vom Schreien und völlig verdreckt, weil sie im Schlamm unter den Büschen und Bäumen nachgesehen hatten.
»Es hat keinen Sinn. Wir müssen die Polizei holen. Der Wald ist riesig. Den können wir nicht allein durchsuchen.« Lyn war leichenblaß.
»Nein.« Janet steckte ihre eisigen Hände in die Taschen. »Sie haben recht. Wir verständigen besser die Polizei.«
Sie überquerten den Kies vor dem Haus und gingen unter dem Torbogen in den Hof. Vor der Tür stand Lukes Wagen.
»Oh mein Gott«, stieß Lyn hervor und blieb stehen. »Was soll ich ihnen bloß sagen?«
»Die Wahrheit, Kind. Kommen Sie. Je eher wir das tun, desto eher können wir die Polizei verständigen.« Janet legte ihr wieder den Arm um die Schultern.
Gemeinsam traten sie ins Haus und öffneten die Küchentür.
Luke und Joss standen lachend am Tisch, mit einem strahlenden Tom in ihrer Mitte; in der einen Hand hielt er ein Modell des Eiffelturms, mit der anderen klammerte er sich an Joss.
»Tom?« Lyns Schrei ließ alle umfahren. »Tom, wo bist du bloß gewesen? Und wo ist Ned?«
»Lyn! Janet! Was ist denn los?« Joss starrte die beiden Frauen entsetzt an. »Ned ist hier, er schläft im Wagen. Was ist denn? Warum seid ihr beide so naß?«
Langsam ging Lyn um den Tisch und blieb eine ganze Minute schweigend vor dem Kinderwagen stehen, in dem das Baby
schlief. Dann kniete sie sich nieder und öffnete die Gurte, mit denen er im Buggy angeschnallt war; die Gurte, deren Schnallen für Toms kleine Finger viel zu steif waren. Ned war in eine der weichen Decken gehüllt, die sie vor den Herd gehängt hatte.
Sie faßte die Decke an. Sie war vollkommen trocken. Tränen strömten ihr übers Gesicht, als sie zu Joss aufsah.
»Was ist passiert?« fragte Joss.
»Ich habe gedacht, ich hätte sie verloren.« Lyn hob Ned aus dem Wagen und gab ihm einen Kuß auf den Kopf. Dann stand sie auf und drückte ihn Joss in die Arme. »Ich dachte, wir hätten sie verloren. Ich dachte … ich dachte…« Sie setzte sich an den Tisch, verbarg den Kopf in den Händen und brach in lautes Schluchzen aus.
»Offenbar ist es gut, daß wir zurückgekommen sind«, sagte Luke mit einem Blick auf Joss. »Jetzt komm schon, altes Haus. Es ist alles in Ordnung.« Ungeschickt streichelte er Lyn über die Haare und sah dann zu Janet. »Ihr seht ja beide aus, als hätte euch jemand rückwärts durch eine Hecke gezerrt. Könntet ihr uns vielleicht erzählen, was hier passiert ist?«
»Augenblick. Zuerst will ich Tom etwas fragen.« Janet kniete sich vor den kleinen Jungen nieder und drückte ihn an sich. »Also gut, du kleiner Wicht. Kannst du Tante Janet sagen, wo du und Ned euch versteckt habt?« fragte sie mit einem aufmunternden Lächeln. »Ihr habt euch doch versteckt, oder?«
Tom nickte heftig.
»Ah ja. Und wo? Tante Lyn und ich haben überall nach euch gesucht und konnten euch nicht finden.«
»Mit Georgie spielen.«
»Ja, und warum überrascht mich das nicht?« sagte Janet leise und hob eine Hand, um Joss’ Aufschrei abzuwehren. »Und wo spielt ihr mit Georgie, Tom?«
»Oben.«
»Ganz oben? Auf dem Dachboden?«
Er nickte wieder.
»Und hast du Tante Lyn dort eingesperrt?«
Einen Augenblick starrte er sie an. »Das war Georgie«, sagte er schließlich.
»Ah ja. Du weißt, daß das nicht nett von ihm war, oder?«
Tom machte ein beschämtes Gesicht. Er spähte zu Lyn und verbarg dann sein Gesicht in Janets Pullover. Über seinen Kopf hinweg sah sie zu Joss. »Bitte, bringen Sie die beiden zu mir. Sie dürfen nicht hierbleiben.«
»Janet…«
Lukes Widerspruch wurde von Lyn unterbrochen. »Bitte, Luke. Bis wir wissen, was passiert ist.«
»Aber du glaubst doch nicht an diesen ganzen Unsinn mit den Gespenstern!« wandte Luke entgeistert ein.
»Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Ich finde, wir sollten alle zu Janet gehen. Wenn sie uns nimmt. Nur, bis wir wissen, was hier los war.«
»Ich freue mich, wenn ihr kommt, Luke.«
Plötzlich gab er nach. »Also gut. Ihr Mädels könnt gehen, und die Kinder auch. Aber ich bleibe hier.«
»Nein! Denk daran, was Paul gesagt hat.«
»Joss. Ich lasse mir von einem Haufen alter Geschichten keine Angst
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