Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
wieder?«
»Bitte. Da unten ist irgend etwas. Nein«, sagte sie dann, als Joss aufstand, und machte eine abwehrende Geste. »Bitte bleiben Sie hier. Sie alle. Sagen Sie mir nur, wo der Schlüssel ist.«
Mit dem Schlüssel in der Hand blieb sie eine Minute in der Mitte des Arbeitszimmers stehen und atmete tief durch; sie hatte das Gefühl, in sich selbst zu ruhen und stark zu sein, umgeben von einer Rüstung aus Licht. Sie verbot sich, der kribbelnden, ängstlichen Nervosität in ihrem Magen nachzugeben, ging mit festen Schritten zur Kellertür zurück und steckte den Schlüssel ins Schloß.
Der kalte Luftzug, der aus der modrigen Dunkelheit heraufdrang, war der gleiche wie immer. Sie schaltete das Licht ein, trat durch die Tür und stellte sich auf die oberste Stufe.
Dann ging sie langsam hinunter.
Unten blieb sie stehen und nahm all ihre Sinne zusammen. Sie sah nicht die Weinregale oder den Staub, die mit Isolierwolle umwickelten Wasserrohre und Stromleitungen, die mit dem zwanzigsten Jahrhundert ins Haus gekommen waren. Ihre Augen waren auf das mittelalterliche Gewölbe gerichtet und
auf die Schatten in der hintersten Ecke des Kellers, unterhalb des großen Saals, die von lang erloschenen Kerzen geworfen wurden.
Leise trat sie näher. Jetzt konnte sie es stärker fühlen: den ungezähmten, schweißerfüllten Geruch von Gefahr und Erregung.
Joss zitterte. »Ich halte das nicht mehr aus! Ich muß nachsehen, was sie macht.«
»Aber sie hat dir gesagt, du sollst hierbleiben, Joss«, sagte Luke abwehrend. Er war schrecklich beklommen, jeder Nerv in seinem Körper zum Zerreißen angespannt.
»Ich muß aber. Es ist mein Haus, Luke. Ich muß dabeisein. « Sie sprach sanft und überhaupt nicht trotzig, aber weder ihm noch David entging die eiserne Entschlossenheit in ihrer Stimme.
»Sei vorsichtig, Joss.«
Sie lächelte geistesabwesend. »Wird gemacht.«
Oben an der Kellertreppe blieb sie stehen und sah hinunter. Das Licht brannte, aber der vordere Keller war leer.
Nur mit Mühe konnte sie sich davon abhalten, laut nach Natalie zu rufen. Dann begann sie vorsichtig die Stufen in die Kälte hinabzusteigen und hielt die Luft an, um kein Geräusch zu überhören. Die Stille war intensiv, massiv. Unten wartete sie ein Weile und sah sich um. »Natalie?« Ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. »Wo sind Sie?«
Es kam keine Antwort.
Langsam ging sie zum Gewölbebogen, der in den zweiten Keller führte. Natalie stand vor der rückwärtigen Wand und starrte auf die Steine. Offenbar horchte sie angestrengt auf etwas.
Ganz leise trat Joss neben sie. Natalie ließ nicht erkennen, daß sie ihre Gegenwart bemerkte. Ihre Augen waren auf die Mauer gerichtet, ihre Hände mit gespreizten Fingern vor sich ausgestreckt, als suche sie nach etwas, das sie nicht sehen konnte.
»Es ist hier«, murmelte sie, »der Mittelpunkt. Kannst du es spüren?«
Joss stellte sich noch näher zu ihr. Sie spürte, daß jeder Nerv, jeder Muskel ihres Körpers sich anspannte.
»Was ist es?« hauchte sie.
»Ich weiß es nicht. Unter dem Boden hier ist jede Menge Energie. Ein Wünschelrutengänger würde vielleicht sagen, daß da ein unterirdischer Fluß oder eine Quelle verläuft, oder auch nur Erdenergie. Aber sie ist angezapft worden. Jemand hat sie benutzt, allerdings nicht auf die vorgesehene Art.«
Joss schluckte schwer. Ihre Haut kribbelte. »Kannst du etwas dagegen tun?«
»Das weiß ich noch nicht.« Natalie machte noch einen Schritt auf die Mauer zu, legte ihre Hände auf den kalten Stein und fuhr mit den Fingern über die Wand bis fast zum Boden hinab.
»Es ist dahinter. Was immer es ist.« Sie drehte sich zu Joss um. »Wir müssen nachsehen. Es tut mir leid, aber wir müssen nachsehen. «
»Du meinst, wir müssen die Mauer einreißen?«
Natalie nickte. »Nicht die ganze. Aber ich glaube, es ist hier. Ich kann es durch die Steine hindurch fühlen.« Einen Moment preßte sie die Hand gegen einen der grob behauenen Quader und packte den Rand so gut sie konnte mit den Fingernägeln, aber der Stein gab keinen Millimeter nach.
»Es ist einzementiert worden. Sieh her.« Joss beugte sich über ihre Schulter und deutete auf den bröckelnden Verputz.
Natalie nickte. »Wir brauchen eine Brechstange.«
»Ich hole die anderen.« Joss zögerte. »Kommst du mit? Warte lieber nicht allein hier unten.«
Natalie lächelte grimmig. »Keine Sorge. Mir passiert schon nichts. Hol nur etwas, damit wir den Stein heraushebeln können, und
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