Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
Fachfrau.«
»Die Fachfrau ist im Augenblick etwas verwirrt«, antwortete sie selbstironisch, schob ihren Stuhl zurück und stand auf. »Könnt ihr alle hier warten und Kaffee kochen oder etwas in der Art, während ich allein durchs Haus gehe? Es gibt ein paar Dinge, die ich noch nicht ganz verstehe.«
Schweigend sahen sie zu, wie Natalie die Küche verließ, und hörten, wie ihre Schritte auf den Steinplatten im Gang allmählich verhallten.
»Eine mutige Frau«, bemerkte David leise. »Vor allem angesichts der Sachen, die ich hier drin gelesen habe. Eine interessante Fußnote: Katherines Kind, ob es nun der Sohn ihres Mannes oder des Königs war, hat die Geburt überlebt, die sie das Leben gekostet hat. Er ist 1500 gestorben, das heißt, er ist nur achtzehn geworden, aber er hatte vorher noch genug Zeit, um zu heiraten und eine Tochter zu zeugen, die nach seiner Mutter Katherine benannt wurde.« Er legte die Hand auf den Bücherstapel. »Davon abgesehen geht es hier mehr um Hexerei und Magie. In der damaligen Zeit war die Zauberkunst ziemlich hoch entwickelt.«
»Glaubst du wirklich, daß Natalie eine Hexe ist?« Luke zog eine Augenbraue hoch. »Sie entspricht nicht ganz meinem Bild von einer Hexe. Ich kann mir eher vorstellen, wie sie mit dem Morgenzug zur Arbeit in die City fährt, als daß sie nackt mit einem Besen um ein Feuer tanzt!«
»Das klingt, als würdest du einigen Stereotypen aufsitzen, alter Junge, und dich darüber hinaus chauvinistischen und politisch inkorrekten Gedanken hingeben!« widersprach David grinsend. Dann zwinkerte er Joss zu. »Was meinst du? Kann sie etwas machen?«
»Ich hoffe es«, antwortete Joss achselzuckend. »Für uns alle.«
»Ich sehe mal nach, was sie macht.« Luke ging zur Tür.
»Luke, nein!« rief Joss.
»Laß ihn eine Minute gehen, Joss.« David ergriff ihre Hand. »Ich möchte dir kurz etwas sagen, solange wir allein sind.« Seine Stimme war ernst.
»Worum geht’s?«
»Joss, ich habe beschlossen, Ende nächsten Jahres Dame Felicia’s zu verlassen.« Es klang so beiläufig und sachlich, daß sie nie die Trauer und die Einsamkeit hinter seinen Worten erraten hätte. »Ich habe eine Stelle angenommen, als Lehrer in Paris«, fuhr er mit einem bemühten Grinsen fort. »Eine Luftveränderung tut immer gut, wie du weißt. Schließlich geht mein Forschungsprojekt bei Belheddon Enterprises bald zu Ende. Wenn wir alles wissen, was es zu wissen gibt, was fange ich dann mit meiner Zeit an?«
»David …«
»Nein, Joss. Es ist alles schon geregelt. Mach dir keine Sorgen, wir bleiben in Kontakt. Schließlich muß ich ja meinen Patensohn im Auge behalten. Und du wirst ja öfter nach Paris kommen, jetzt, wo du Paul entdeckt hast.« Er schnitt eine Grimasse. »Eine neue Aufgabe kann nicht schaden, Joss.« Er sah ihr eine Sekunde in die Augen und blickte dann beiseite. Dabei fragte er sich, ob sie je ahnte, wie sehr er sie ins Herz geschlossen hatte? Er hoffte, nicht.
»Wir werden dich vermissen, David.« Sie sprach sehr leise.
Er nickte nur, weil er befürchtete, seine Stimme könnte seine Gefühle verraten. Erst nach einer Weile brach er das Schweigen. »Aber du wirst mich noch oft zu Gesicht bekommen, bevor ich fahre, das verspreche ich. Es sind ja noch Monate hin.« Er drückte ihre Hand. »Und jetzt kümmern wir uns wieder um diese Sache. Laß uns lieber nach Luke sehen, bevor unsere Hexe ihn in eine Kröte verwandelt!«
Natalie stand wieder vor dem Kamin im großen Saal. Jetzt konnte sie es deutlich wahrnehmen. Die Kraft, die um sie herum brodelte – eine unkontrollierte, ziellose Kraft –, die ihren Ursprung irgendwo unter den kalten Steinplatten hatte und von dort aus heraufdrang. Sie streckte die Hände mit der Handfläche nach unten aus, um die genaue Quelle zu lokalisieren. Da war etwas, tief unter der Erde.
Das Gesicht angespannt vor Konzentration, ging sie langsam in den Gang hinaus zur Treppe und legte die Hand auf die Kellertür. Sie war abgeschlossen. Natalie rüttelte an der Klinke. Zuvor waren die Gefühle aus dem Keller zwar negativ und unglücklich gewesen, aber sanft. Der Schmerz, der den kleinen zerschmetterten Körper des Jungen umgeben hatte, hatte die Mauern durchdrungen, aber dieses Gefühl war verschwunden. Selbst durch die geschlossene Tür hindurch konnte sie etwas anderes spüren.
Entschlossen drehte sie sich um und ging in die Küche. »Ich brauche den Schlüssel zum Keller, bitte.«
»Zum Keller?« wiederholte Joss. »Schon
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