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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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nachdenklich. Er streckte die Hand aus, um es zu berühren, überlegte es sich dann aber anders und zog die Hand wieder zurück. »Was ist es?«
    Natalie schüttelte langsam den Kopf.
    »Wir müssen nachsehen.« Das kam von Luke. Er holte tief Luft. »Soll ich es öffnen?«
    »Nein. Ich glaube, wir müssen sehr vorsichtig damit umgehen. « Sie konnte die Kraft spüren, die von dem Gegenstand
ausging, sein Gewicht, die Kälte. Ein Schauder ließ sie zusammenfahren, sie mußte sich zwingen, das Päckchen nicht so weit wie möglich von sich zu schleudern. »Ich glaube, wir sollten damit nach oben gehen – nach draußen.« Plötzlich war ihr sehr übel. Angst und Abscheu packten sie derart heftig, daß sie sich kaum mehr in der Gewalt hatte. Ihre Hand begann hilflos zu zittern.
    »Natalie …«
    »Geht mir aus dem Weg.« Mit zusammengebissenen Zähnen schloß sie die Finger um den Gegenstand und ging auf die Treppe zu. Sie mußte nach draußen. Jetzt. Sofort. Bevor das Böse sie alle umhüllte.

42
    » E go te baptiso …«
    Abrupt brach sie ab und hielt den Atem an; das einzige Geräusch in der finsteren Kirche war das Schlagen ihres eigenen Herzens. Über ihrem Kopf flackerte wild das heilige Licht, und sie hörte das Quietschen der Ketten, an denen es hing.
    »Ego te baptiso in nomine Patris, et Filii, et Spiritus Sancti … «, setzte sie erneut an.
    »Edward …« Ihre Finger schlugen das Zeichen des Kreuzes über die kleine Wachsfigur in ihrer Hand.
    »Edward von York, König von England…«
    Lächelnd fuhr sie über den Kopf des Püppchens mit der kleinen, ungeschickt geformten Drahtkrone. Ihre Fingerspitze glitt über die Schultern die Brust hinab und blieb kurz am Beinansatz ruhen, dort, wo eine kleine Ausbuchtung seine Männlichkeit andeutete.
    Sie setzte die Puppe auf dem Altar ab und griff in ihren mit Quasten verzierten Beutel, der an ihrer Schärpe hing, um eine zweite Puppe hervorzuholen, ebenso unbeholfen geformt wie die erste, doch anhand der Erhebungen am Brustkorb eindeutig als weibliche Figur zu erkennen.
    »Ich taufe dich, Katherine …«

    Katherine!
    Der Name hallte durch die Schatten in der Kirche.
    »Und nun«, hauchte sie, »bringe ich euch zusammen, vereine euch in diesem Hause eures Gottes!«
    Sie hielt beide Figuren vor das Kruzifix, das hoch über dem Altar hing, drückte sie langsam zusammen und spürte, wie das Bienenwachs in ihren warmen Händen weich wurde. Die süße Klebrigkeit von Honig umgab sie, während sie die beiden Püppchen Gesicht an Gesicht mit einem scharlachroten Seidenfaden zusammenband.
    »Im Namen Gottes erkläre ich euch zu Mann und Frau.« Sie lächelte. »Nicht im Vorbau, sondern hier vor dem Altar Gottes, und nun wird die Verbindung durch die heilige Messe selbst gesegnet werden.«
    Sie warf einen Blick über die Schulter zu den Schatten, immer im Zweifel, ob nicht doch jemand sie beobachtete, ob nicht der Priester anwesend war, irgendwo hinter der geschnitzten Altarwand.
    Mit einer Geste, die ebenso unanständig war wie die Handlung, die sie soeben vollzogen hatte, hob sie das bestickte Altartuch hoch und legte die Puppen darunter, bevor sie das Tuch lächelnd wieder darüberbreitete. Bald würde der Priester kommen, um die Messe zu zelebrieren, und die Vereinigung der Puppen, gebenedeit durch seine Handlungen, würde vollständig sein, unauflösbar in alle Ewigkeit.
    Sie wischte sich die Hände an ihrem schweren Brokatrock ab und trat vom Altar zurück.
    Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln.
    Edward und Katherine.
    Jetzt konnte nichts sie mehr trennen, und nichts würde verhindern, daß Katherine ein Kind von ihm empfing.
    Nichts.
     
    »Bring es hierher. Leg’s auf den Tisch.« Sie standen im Wind und Regen draußen auf der Terrasse rund um den grauen, mit Flechten bewachsenen Gartentisch.
    Joss legte Natalie eine Hand auf die Schulter. »Alles in Ordnung?«

    Natalie nickte. Hier draußen fühlte sie sich besser; die Atmosphäre war weniger erdrückend, die Wut weniger groß. Der Regen fiel immer heftiger, sie hob das Gesicht, um ihn auf der Haut zu spüren, wie er frisch und sauber über ihr Gesicht in die Haare lief. Mit einem tiefen Atemzug legte sie die Hand mit der Handfläche nach oben auf den Tisch und öffnete die Finger.
    »Warten Sie, ich spanne den Schirm auf.« Luke hatte ihn beim Hinausgehen mitgenommen.
    »Nein.« Natalie schüttelte den Kopf. »Es kann ruhig naß werden. «
    Der Stoff, der das Päckchen umhüllte, war alte, graue und brüchige

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