Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman
Augen ruhig. »Stark genug.«
Natalie nickte. »Luke, ich möchte, daß Sie und David weggehen. Weg vom Haus. Gehen Sie zu den Jungen, und bleiben Sie bei ihnen. Wir sagen Ihnen, wann Sie wiederkommen können.«
»Ich lasse Joss nicht allein«, widersprach Luke und nahm ihre Hand.
»Bitte, Luke, ich bitte Sie nicht leichten Herzens darum.« Natalie sah zu David, in dem sie einen Verbündeten erahnte.
Er verstand den Wink sofort. »Komm, Alter. Ich habe das Gefühl, das ist Frauensache.«
Natalie lächelte. »Genau das ist es.«
»Mir passiert nichts, Luke.« Joss trat zu ihm und gab ihm einen Kuß auf die Wange. »Bitte geh mit David.« Er schlang die Arme um sie und hielt sie fest an sich gedrückt, bis Joss ihn widerstrebend wegschob. »Geh jetzt.«
»Bist du sicher?«
»Ich bin sicher.«
Sie und Natalie blieben im Regen stehen und beobachteten, wie die beiden Männer langsam zur Pforte gingen. Als David sie
öffnete, blickte Luke zurück. Joss warf ihm eine Kußhand zu und wandte sich wieder um. Einige Sekunden später waren die beiden Männer verschwunden.
Natalie verfolgte alles geistesabwesend. Die Illusion der Realität glitt an den Rand ihrer Wahrnehmung, während sie ihre Intuition in sich aufsteigen ließ. »Bist du fertig? Es wird nicht leicht sein.« Sie zögerte. »Joss, du weißt, daß du schwanger bist.«
»Sei nicht dumm. Das kann nicht sein«, fuhr Joss entgeistert auf.
Natalie achtete kaum auf ihren Einwand. »Wir können das nur machen, weil du ein Mädchen zur Welt bringen wirst; und weil es ein Mädchen ist, müssen wir es bald machen.« Sie nahm Joss’ nasse, kalte Hände in ihre. »In einer Minute gehen wir mit diesen…«, sie deutete auf die Wachsfiguren, »… in die Kirche und werden sie trennen.«
»Und was ist mit dem Rauch, den wir da gesehen haben?« Joss’ Gedanken rasten, rannten gegen die schwarze Mauer, stießen sich an Natalies Gewißheit. »Aber ich bin nicht schwanger. Das kann nicht sein. Luke und ich … na ja, wir haben aufgepaßt. Es ist zu bald nach Neds Geburt. Wir wollen keine Kinder mehr …«
Natalie runzelte die Stirn. »Bitte, glaub mir einfach, nur für den Augenblick. Wir müssen das gemeinsam durchstehen, Joss. David hat recht, das hier ist Frauensache, und es gibt Dinge, die Frauen einfach wissen.«
Sie zögerte und überlegte, wie sie sich verständlich machen konnte.
»Der Fluch wurde ausgesprochen von jemandem, der genau wußte, was er tat. Es hat funktioniert. Diese zwei Menschen«, sie zeigte wieder auf die Puppen, »wurden durch Magie«, das sagte sie mit einem vagen Lächeln, weil sie die abwehrende Reaktion der meisten Menschen auf dieses Wort kannte, »durch eine starke Magie so untrennbar miteinander verbunden, daß die Vereinigung über den Tod hinaus wirkte. Es ist eine Kraft der Natur, die sehr geschickt eingesetzt wurde.«
»Edward und Katherine«, murmelte Joss.
»Edward und Katherine.«
»Aber was ist dann schiefgelaufen? Warum sind sie so wütend? Warum fügen sie anderen Schaden zu? War das auch Margarets Absicht?«
»Sie sind hier gefangen«, antwortete Natalie bedächtig. »Vielleicht genügt das als Grund. Aber möglicherweise steckt auch mehr dahinter. Vielleicht sucht der König noch immer nach ihr, vielleicht hat er sie verloren. Vielleicht will er auch etwas anderes. « Sie sah zu Joss. »Eine menschliche Geliebte.«
Joss schüttelte heftig den Kopf; ihre Gedanken waren gefangen, stießen immer wieder gegen die schwarze Mauer in ihrem Kopf und weigerten sich, greifbar zu werden, aber Natalie nickte nur erneut. »Du mußt dich der Wahrheit stellen.«
»Es gibt keine Wahrheit, der ich mich stellen müßte. Alles, was er uns angetan hat …« Joss brach ab. Der Keller. Die Augen. Die Arme, die sie zu ihm zogen. Schwarzer Samt und dann Nacktheit. Nein. »Nein. Das einzige, was er vielleicht getan hat, ist, mir Rosen zu bringen.« Sie schauderte. Die schwarze Mauer war wieder da. Es entstand eine lange Pause. Sie konnte Natalies Blick auf sich spüren und wollte ihm nicht begegnen.
Schließlich brach Natalie das Schweigen. »Also«, sagte sie und räusperte sich. »Komm jetzt. Wir fangen besser an.« Sie zog aus ihrer Tasche einen blauen Schal hervor – einen Seidenschal, wie Joss bemerkte –, hob vorsichtig die Wachsfiguren auf und wickelte sie darin ein. Dann ging sie auf die Pforte zu.
Das Licht in der Kirche brannte noch. Hinter der Tür blieben sie stehen, bis Joss sie resolut schloß. Das Geräusch, mit dem der
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