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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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betrachtete einige Sekunden ihr Gesicht in dem seltsam ätherischen Mondlicht. Sie hatte die Augen geschlossen; sie war gar nicht richtig wach geworden. Irgendein schrecklicher Traum. Das kam vom Wein – sie hatten zuviel getrunken. Reumütig sah er auf die Flasche. Er hatte schon jetzt leichte Kopfschmerzen; in der Frühe würde er einen ausgewachsenen Kater haben. Wie dumm. Er legte sich auf den Rücken und starrte zum bestickten Baldachin empor, während neben ihm Joss’ Atem immer gleichmäßiger wurde und sie wieder in einen tiefen Schlaf versank.
    Der stets wachsame Schatten in der Ecke regte sich ein wenig. Es war kaum mehr als ein Aufblitzen des Mondlichts auf den Vorhängen, und ein Schauder sinnlicher Begierde schlängelte sich durch die Dunkelheit.

10
    D avid hatte sich begeistert auf die Idee gestürzt, ein Wochenende in East Anglia zu verbringen, ohne sich vorher die Konsequenzen zu überlegen. Als er jetzt durch die Windschutzscheibe seines betagten Vauxhall auf die alten, mit Efeu überwucherten Mauern von Belheddon Hall blickte, platzte er fast vor Neid. Aber dann gewann sein Großmut wieder die Oberhand. Wenn jemand das märchenhafte Glück verdiente, vom Schicksal einen solchen Palast zugespielt zu bekommen, dann Joss. Er dachte an die Informationen, die er in der Bibliothek für sie gefunden hatte, und lächelte. Das Haus war noch um vieles älter, als der Baustil auf den ersten Blick vermuten ließ, und sah auf eine beneidenswert romantische Geschichte zurück.

    Er stieg aus dem Wagen und streckte seine steifen Beine, bevor er wieder hineinkroch, um seinen Koffer, den Karton mit Delikatessen von Harrods und seine Aktentasche hervorzukramen.
    »Schaut her.« Als sie eine Stunde später am Eßtisch saßen, zeigte er mit dem Finger auf eine Seite seiner Aufzeichnungen. »Die Kirche wurde 1249 gebaut. Ich bin mir nicht sicher, aber wahrscheinlich sind die Fundamente des Hauses mindestens genauso alt. Natürlich bin ich kein Fachmann, aber das phantastische Zimmer mit der Galerie sieht nach fünfzehntem Jahrhundert aus, wenn nicht noch älter. Warum habt ihr denn noch nicht mit dem Geschichtsfritzen hier im Ort gesprochen?«
    »Keine Zeit.« Joss zog Tom das Lätzchen über den Kopf und wischte ihm damit das Gesicht ab. David warf ihr einen entsetzten Blick zu. »Warte, bis ich diesen jungen Mann ins Bett gebracht habe, und dann reden wir weiter«, fuhr Joss unbekümmert fort. »Machst du Kaffee, Luke?« Sie hob Tom aus dem Kinderstuhl und setzte ihn sich auf die Hüfte. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön es ist, dich zu sehen, David.« Im Vorübergehen legte sie ihm leicht die Hand auf die Schulter. »Ich muß unbedingt mehr über das Haus erfahren.«
    Kaum war sie durch die Tür verschwunden, runzelte David die Stirn. »Das klingt ziemlich gewichtig: ›Ich muß unbedingt mehr erfahren.‹«
    »Es ist seltsam für sie, hier zu leben.« Luke füllte den Kessel und stellte ihn auf den Herd. »Versetz dich mal in ihre Lage. Generationen von Vorfahren, und sie weiß so gut wie nichts von ihnen, nicht einmal von ihrer Mutter.« Er setzte sich wieder und schnitt sich ein großes Stück Käse ab. »Sie hat oft Alpträume. Irgendeine dumme alte Frau hier im Ort hat ihr erzählt, daß ihre beiden älteren Brüder im Haus tödlich verunglückt sind. Diese Vorstellung verfolgt sie jetzt.«
    David zog eine Augenbraue hoch. »Das kann ich ihr nicht verdenken. « Ein Schauder durchfuhr ihn. »Wie schrecklich. Na ja, zumindest ist die ältere Vergangenheit erfreulicher. Rund zweihundert Jahre lang hat ein Zweig der De Veres hier gelebt. Einen von ihnen haben sie im Tower einen Kopf kürzer gemacht.«
    Luke lachte und griff nach seinem Weinglas. »Und das findest du erfreulicher?«

    »Ich bin Historiker, und solche Sachen bereiten mir ein morbides Vergnügen.« David kicherte. »Die Geschichte ist wie eine Rolltreppe. Menschen betreten sie unten und fahren langsam hinauf. Wenn sie oben angekommen sind, steigen sie wieder hinab. Manchmal geht etwas schief, und sie fallen runter, oder sie bleiben mit dem Fuß hängen. Sie schauen nach vorne, in die Höhe, oder sie schauen zurück, nach unten.« Er lächelte, befriedigt über seine Metapher. »Letzten Endes ist es egal. Man verschwindet, hinterläßt keine Spur, und hinter einem stehen andere Menschen Schlange, die genauso hinauffahren und wieder runterfallen.«
    »Das ist die Philosophie des Weinkellers.« Als Joss wiederkam, füllte Luke ihr Glas

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