Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
Vom Netzwerk:
Gewißheit. Ein Bruder für Tom, und beide waren in entsetzlicher Gefahr. Joss schloß die Augen und atmete tief durch, um den Schreckensschrei zu unterdrücken, der aus ihrem tiefsten Innern aufsteigen wollte. Nein! Nein!
    Nein! Guter Gott, das war nicht möglich. Es konnte nicht sein. Die Hände schützend auf den Bauch gelegt, drehte sie sich langsam um. Angstschweiß brach ihr aus allen Poren; sie erwartete, daß es wieder dastehen würde – das große, breite Etwas zwischen ihr und dem Kinderbett. Aber es war nichts da.
    Lange Zeit blieb sie auf Toms Bohnensack hocken, die Arme um die Knie geschlungen, ihr Blick auf seine schlafende Gestalt unter der Decke geheftet. Manchmal schnüffelte er leise oder schmatzte ein wenig mit den Lippen, aber sonst war sein Schlaf ungestört. Langsam schlossen sich ihre Augen.
    Als ihr der Kopf nach vorne fiel, wachte sie mit einem Ruck auf. Einen Moment lang war sie vom Halbdunkel verwirrt. Sie konnte Tom nicht mehr sehen. Das im Dämmerlicht stehende Bett war leer. Verzweifelt sprang sie auf und merkte erst, als sie stolperte, daß ihr die Beine eingeschlafen waren.
    Tom war da, fast unsichtbar im Schatten, aber wohlbehalten, und schlief. Mit einem kleinen Schluchzen wandte sie sich zum Gehen. In der Tür blieb sie noch einmal stehen und warf einen Blick zurück. Jetzt war es wieder warm im Zimmer; es erschien ihr behaglich und sicher, und sie fühlte sich beinahe glücklich.
Plötzlich überkam sie eine überwältigende Sehnsucht nach Luke.
    Sie rieb sich die Augen und ging zu ihrem eigenen Bett zurück. Durch die Tür fiel der Lichtschein vom Flur herein. Luke lag in genau derselben Position wie sein Sohn, sein Gesicht war vom Schlaf leicht gerötet, sein Ausdruck entspannt und glücklich. Anstatt des Teddys umklammerte er ein Kopfkissen. Lächelnd löste Joss den Gürtel des Morgenmantels, ließ ihn zu Boden gleiten und sah noch einmal zurück zum Treppenflur. Dort war alles leer und still. Zufrieden zog sie die Decke zurück und wollte ins Bett schlüpfen. Auf dem Kissen lag eine Rose.
    Entsetzt wich sie einen Schritt zurück. »Luke!« Ihre Stimme war ein ersticktes Flüstern. »Luke, hast du …« Hast du die Rose dorthin gelegt, hatte sie fragen wollen, aber sie kannte die Antwort. Keine der Rosen war von Luke gewesen.
    Mit grauenerfüllter Faszination starrte sie auf die Blume. Sie legte schützend die Arme vor die Brust; sie fühlte sich elend und gedemütigt. Die Rose lag auf ihrem Bett, ihrem Kissen, wo zuvor ihr Kopf gelegen und sie hilflos geschlafen hatte. Vielleicht hatte er – hatte es neben ihr gestanden und sie betrachtet.
    Schaudernd trat sie noch einen Schritt zurück. »Luke!« Sie griff nach dem Lichtschalter. »Luke!«
    »Was ist los?« Stöhnend drehte er sich zu ihr um. Seine Augen waren verklebt, seine Haare zerzaust. So sah er Tom noch ähnlicher als sonst.
    »Sieh hin!« Mit zitternden Fingern zeigte sie auf das Kissen.
    »Was?« Ächzend setzte er sich auf. »Was ist los mit dir? Eine Spinne?« Mit leeren Augen blickte er sich um. Sie hatte noch nie Angst vor Spinnen gehabt.
    »Sieh auf das Kissen!« flüsterte sie.
    Luke sah gehorsam auf das Kissen und schüttelte dann den Kopf. »Ich kann sie nicht sehen. Sie ist wieder verschwunden. Du liebe Güte, Joss, es ist mitten in der Nacht!« sagte er barsch.
    »Da! Da!« Sie deutete aufgeregt auf das Kissen.
    »Was?« Verdrießlich kletterte er aus dem Bett und schlug die Bettdecke weit zurück, so daß das grüne Laken zu sehen war. »Was ist es denn? Wonach suchen wir denn?«
    »Da, auf dem Kissen.« Sie konnte sich nicht überwinden,
näher ans Bett zu treten. Von dort, wo sie stand, konnte sie die Rose zwar nicht sehen, aber sie wußte, daß sie da war.
    Ohne sie berühren zu müssen, wußte sie, wie sie sich anfühlen würde. Eiskalt und wächsern.
    Tot.
    »Da ist nichts, Joss, sieh doch selbst.« Jetzt, wo er etwas wacher war, hatte seine Stimme ihren barschen Ton verloren, und er wurde sanft. »Du mußt es geträumt haben, Liebes. Sieh her – da ist nichts. Was hast du denn geglaubt, was da ist?«
    Sie machte einen Schritt auf das Bett zu und sah auf das Kissen. »Sie war da. In der Mitte. Eine Blume. Eine weiße Blume«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    Luke warf ihr einen strengen Blick zu. »Eine Blume? Das ganze Aufhebens nur um eine Blume?« Auf einmal wurde er wieder ärgerlich. »Blumen tauchen nicht einfach so mitten in der Nacht auf. Und sie fallen auch nicht einfach aus dem Nichts

Weitere Kostenlose Bücher