Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
Vom Netzwerk:
über das Waschbecken und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, dann starrte sie in den Spiegel. Ihre Wangen waren rot, ihre Augen glänzten, und zwischen den Wimpern hingen noch glitzernde Tränen. »Sie können mich nicht dazu zwingen wegzufahren«, sagte sie laut zu ihrem Spiegelbild. »Sie können mich nicht dazu zwingen.«
    In ihren Ohren hallten ihre Schreie nach, und sie spürte noch den wächsernen Abdruck der Rose auf ihrer Wange – der Rose, die nie da war, wenn sie erwachte.
    »Joss?« Es klopfte leise an der Tür. »Komm raus. Simon will gehen.«
    Sie atmete tief durch, strich sich die Haare aus dem Gesicht und schloß die Tür auf. »Es tut mir leid, Simon.« Sie lächelte ihn
entschlossen an. »Ich bin etwas müde und angespannt, ich geb’s ja zu. Ich brauche nur etwas mehr Schlaf. Es tut mir leid, daß Luke Sie wieder geholt hat.«
    »Das ist schon in Ordnung.« Simon nahm seine Tasche vom Bett. »Solange es Ihnen gutgeht.« Unter seinen buschigen Augenbrauen sah er sie forschend an. »Werden Sie ein bißchen gelassener, Joss, bitte. Um des Kindes willen. Bleiben Sie hier, wenn Sie das wirklich wollen, aber lassen Sie sich von dem Haus nicht verrückt machen. Und«, fügte er ernst hinzu, »vielleicht sollten wir uns überlegen, ob eine Entbindung im Krankenhaus nicht doch besser wäre. Nur ein Gedanke!« Auf seinem Gesicht erschien plötzlich ein strahlendes Lächeln. »Also, ich gehe jetzt ab ins Bett, und wenn Sie klug sind, tun Sie beide dasselbe. Und ab sofort bitte keine Aufregungen mehr. Nein, Luke, Sie brauchen mich nicht zur Tür zu bringen. Mittlerweile kenne ich mich hier aus.« Er winkte zum Abschied und war verschwunden.
    »Joss.« Auf einmal schien Luke unfähig, Worte zu finden. Schließlich fragte er schulterzuckend: »Möchtest du etwas Kaltes zu trinken ?«
    Sie schüttelte den Kopf und setzte sich kleinlaut auf die Bettkante. »Es tut mir leid, Luke, ehrlich. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Wahrscheinlich habe ich nur wieder schlecht geträumt. Aber du hättest Simon nicht holen dürfen, wirklich nicht. Der Arme hat genug zu tun mit den Leuten, die wirklich krank sind.« Sie setzte sich auf die hohe Matratze und lehnte sich in die Kissen zurück. »Es hat sich so echt angefühlt; ich habe gedacht, daß ich wirklich etwas gefühlt habe, weißt du. Noch eine tote Rose.« Ein Schauder durchfuhr sie.
    Er seufzte. »Ich weiß, Joss. Ich weiß.«
    Es erschien ihr unmöglich, wieder einzuschlafen. Nachdem das Licht gelöscht und das Laken über sie gebreitet war – eine Bettdecke konnte sie in dem heißen Zimmer nicht ertragen –, versuchte sie, es sich neben Luke bequem zu machen. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Im Haus war es vollkommen still, das Zimmer noch dämmrig, aber von draußen, wo jenseits des Feldes die Sonne aus dem Meer aufstieg, drang der Chor der Vögel herein. Sie beobachtete, wie der Morgenstern zwischen dem Stabwerk hinter den halb zugezogenen Vorhängen verblaßte.
Anfangs brummte und seufzte Luke neben ihr, aber sehr bald ging sein Atem tief und gleichmäßig. Sein heißer Körper ließ sich mit all seinem Gewicht in die Matratze sinken, sicher und beruhigend, während sie steif vor Angst dalag und ihr jeder Teil ihres Körpers weh tat. Sie schloß die Augen und kniff sie fest zusammen, um sich aufs Einschlafen zu konzentrieren.
    In einer Ecke des Zimmers regte sich der Schatten, der sich nie weit entfernte, ein substanzloses, schauderndes Wesen. Neben ihm geriet eine Spinne in Aufruhr und floh hinter die Truhe, die vor dem Fenster stand.
     
    Als Luke zum nicht eben melodischen Gesang seines Sohnes erwachte, der aus dem Kinderzimmer drang, schlief Joss noch tief und fest. Sonnenlicht durchflutete den Raum, und er konnte vom Baum vor dem Fenster das beruhigende Gurren einer Taube hören. Mit den ersten Junitagen hatte eine Hitzewelle begonnen, und es war schon jetzt sehr heiß. Joss’ Gesicht war gerötet und fest gegen das Kissen gedrückt. Zwischen ihren Augen standen Falten, und es sah aus, als hätte sie geweint. Mit einem Seufzen kroch Luke leise aus dem Bett, um sie nicht zu wecken, und ging zu Tom hinüber.
    Joss schlief noch immer, als er ihr eine Stunde später eine Tasse Tee und die Post ans Bett brachte. Vorsichtig stellte er alles auf den Nachttisch und sah dann vom Fenster auf den Garten hinunter. Hinter ihm regte sich der Schatten in der Ecke und schwebte in die Mitte des Zimmers. Mittlerweile war es eindeutig, daß es sich um

Weitere Kostenlose Bücher