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Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman

Titel: Der Fluch Von Belheddon Hall: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine , Ursula Wulfekamp
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schrie.
    »Joss! Joss, wach auf!«
    Luke beugte sich über sie und schüttelte sie sanft an der Schulter. »Joss, du hast wieder einen schlimmen Traum.«
    Ächzend drehte Joss sich zu ihm und zwang sich, die Augen zu öffnen. Am Fenster zuckten Blitze auf, und sie konnte den Donner im Zimmer hören. Also war es doch kein Traum gewesen – verwirrt starrte sie in die Dunkelheit. Ihr Kopf dröhnte vor Erschöpfung, und als der Schmerz erneut einsetzte, klammerte sie sich an den Schlaf, der ihr entgleiten wollte.
    »Luke.« Stöhnend krümmte sie sich zusammen. »O Gott, ich glaube, das Baby kommt. Die Wehen! Kannst du Simon anrufen? « Jetzt war sie hellwach und spannte jeden Muskel gegen den wachsenden Schmerz an. Entspann dich. Atme in die Wehe hinein. Atme weiter. »O Gott! Sie kommen schnell. Du rufst besser die Ambulanz.« Sie biß die Zähne zusammen, als Luke aus dem Bett sprang, das Licht anmachte und zur Tür lief. Entspann dich. Wehr dich nicht dagegen. Laß dich treiben. Atme.

    Guter Gott, sie mußte weg aus dem Haus!
    Sie wartete, bis der Gipfel des Schmerzes vorüber war, und setzte sich dann auf. Einen Augenblick lang erhellte ein Blitz das Fenster, und in seinem Licht konnte sie die Gestalt in der Zimmerecke deutlich erkennen. Es war der Mann vom Strand – groß, mit blonden Haaren und breiten Schultern.
    »Nein!« Joss kroch aus dem Bett und wich zurück; in der plötzlichen Dunkelheit war sie wie blind. Sie wollte, daß das Bett zwischen ihr und der Ecke stand. Erneut erleuchtete ein Blitz den Raum – es war niemand da. Sie umklammerte den Bettpfosten; eine weitere Wehe baute sich auf. O Gott, dafür waren die Bettpfosten da! In der alten Zeit. In der Zeit, über die sie in ihrem Buch schrieb. Sie hielt sich mit aller Macht an ihm fest. Luke! Wo war Luke? Sie mußte das Haus verlassen. Fort von hier – von ihm –, in ein freundliches, helles, geschäftiges, sicheres Krankenhaus, wo sie von Menschen und Technik umgeben war und es keine Schatten gab.
    »Luke!« Endlich gelang es ihr zu schreien. »Luke, wo bist du?« Sie mußte packen und sich anziehen. Sie konnte nicht auf die Sanitäter warten. Luke würde sie ins Krankenhaus fahren müssen – er mußte anrufen, um zu sagen, daß sie unterwegs waren. O Gott, jetzt kamen sie wieder, die Schmerzen, unnachgiebig, bauten sich wie ein riesiges Monstrum in ihr auf, zerrten ihren Körper in alle Richtungen, während sie den Bettpfosten umklammerte und ihr Gesicht gegen das alte, schwarze Holz preßte.
    Wieder flammte ein Blitzschlag durchs Zimmer, und sie öffnete die Augen und sah in die Ecke. Sie war leer. Da war niemand. Nur der Schatten des Schranks am Boden. Durch das offene Fenster hörte sie, daß draußen plötzlich Regen niederging, ein Rauschen auf dem Blätterdach, ein Trommeln auf dem Rasen. Der süße Geruch von nasser Erde stieg ins Zimmer, und jetzt fing Tom zu schreien an.
    »Tom-Tom! Ich komme!« Sie stolperte zur Tür. »Luke! Luke, wo bleibst du?«
    Im Flur war es dunkel, und die Tür zu Toms Zimmer war beinahe geschlossen. Sie schob sie auf und sah hinein. Tom saß zusammengekauert in der Ecke des Bettchens und hielt die Hände
vor die Augen. Als sie die Tür weiter öffnete, setzte er zu einem langen, schrillen Schrei an, einem Schrei des schieren Grauens.
    »Liebling, du brauchst keine Angst zu haben. Es ist nur ein dummes Gewitter.« Noch während sie zu ihm eilte, begann eine neue Wehe. Sie biß die Zähne zusammen, hob den kleinen Jungen aus seinem Bettchen, drückte ihn an sich und bemerkte, daß seine Windel naß und der Pyjama völlig verschwitzt war.
    Seine Ärmchen lagen um ihren Hals, und er schluchzte krampfhaft, während sie dastand, mit tiefen Atemzügen den Schmerz zu beherrschen versuchte und spürte, wie sein Gewicht sie nach unten zog.
    »Tom-Tom, ich muß dich ganz kurz absetzen, Schätzchen …« Sie konnte kaum sprechen. Verzweifelt bemühte sie sich, seinen Griff zu lockern, aber je mehr sie es versuchte, desto fester umklammerte er sie; ihr panischer Versuch, ihn abzusetzen, vergrößerte nur seine Angst.
    »Joss? Wo bist du?« Plötzlich erschien Luke in der Tür. »O Joss, mein Liebes. Komm, ich nehm ihn dir ab.« Sie lag auf den Knien vor dem Gitterbett, die Arme um das Kind, und keuchte, als die Wehe wieder abebbte. »Guter Gott, wie kann das sein? Warum ausgerechnet jetzt, wo Lyn weg ist?« Er versuchte, Toms Finger von Joss’ Hals zu lösen, aber der kleine Junge kreischte hysterisch, als ein weiterer

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