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Der Fluch von Colonsay

Titel: Der Fluch von Colonsay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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rechnete sie mit dreißig Gästen zum Abendessen. »Dreißig«, stöhnte Meggy.
    Ambrosine hatte mit der Köchin bereits die wichtigsten Punkte der Tischdekoration und der Essensvorbereitungen besprochen. Es hatte eine Zeit lang so ausgesehen, als könnten sich die beiden nie zwischen Potage aux huîtres und Consommé à la Victoria entscheiden. Aber schließlich klappte es doch, und Mrs Gibbons bestellte die Austern. Diesmal musste wirklich alles perfekt sein. Der Premierminister Edmund Barton wurde höchstpersönlich erwartet.
    Alice erinnerte sich, wie sehr diese Tatsache ihre Eltern beeindruckt hatte.
    »Spül dein Haar mit Essig«, hatte Mira ihr geraten. »Dann wird es besonders glatt und glänzend.«
    »Und sprich nur, wenn du gefragt wirst«, hatte Mr Parkin hinzugefügt. »Denk an deine Aussprache, Mädchen.«
    »Bekommt er einen richtig festlichen Empfang, mit einer Kapelle, offiziellen Ansprachen und allem Drum und Dran?«, fragte Mira weiter, den Blick träumerisch in die Ferne ge-richtet.
    »Es ist gar nichts Offizielles«, murrte Alice.
    »Ah, ein privater Besuch.« Ihr Vater nickte, als ob er alles darüber wüsste. »Also kein Aufwand und so. Mr Barton muss das ganze Getöse inzwischen ziemlich überhaben.«
    »Mr Cunningham sagt, im Mai ist die Parlamentseröffnung, und da gibt es genug Getöse«, warf Alice ein.
    Ihr Vater blickte sie scharf an, wies sie aber nicht zurecht. »Na, ich denke, da hat er recht, Mädchen. Mrs Cunningham wird bestimmt ihre Smaragde rausholen, schätze ich. Sind berühmt, die Steine. Aus Indien.«
    »Bringen aber Unglück, sagt man«, fügte Mira hinzu und sah immer noch verträumt aus.
    Mr Parkin schnaubte. »Wer kann unglücklich sein, wenn er so reich und schön ist wie Mrs Cunningham? Du erzählst Unsinn, Frau.«
    Mira richtete sich mit roten Wangen auf und verteidigte ihre Meinung. »Ich weiß, was ich weiß«, entgegnete sie. »Mrs Sproat hat mir erzählt, sie seien einem Maharadscha oder so gestohlen worden, und es läge ein Fluch auf ihnen. Deswegen hat Cosmo Cunningham sie auch billig bekommen.«
    »Dann ist er jedenfalls ein besserer Geschäftsmann, als du oder ich je sein werden«, reagierte Mr Parkin verschnupft.
    Alice hörte aufmerksam zu, während sie vorgab, die Krümel zusammenzufegen. Sie wollte diese interessanten Informationen mit Meggy teilen – und natürlich mit Bertie, wenn er nach Hause kam.
    Gestern Nachmittag war sie zu Berties Versteck auf dem Dachboden hinaufgegangen und hatte an ihn gedacht. Sie hatte ein paar von seinen Schätzen entdeckt, einen Briefbeschwerer aus Stein und ein Buch über Vögel. Dort oben war es ruhig und warm gewesen. Als sie endlich zögernd wieder heruntergekommen war, hatte Ada am Fuß der Stiege gestanden.
    »Was stöberst du da oben herum?«, hatte sie mit ärgerlich vorgerecktem Kinn gefragt. Sie war wirklich ein äußerst unangenehmes Kind.
    »Das geht Sie nichts an, junges Fräulein«, hatte Alice entgegnet.
    Adas Gesicht war knallrot geworden. »Du bist aufsässig«, hatte sie gezischt. »Das erzähle ich weiter.«
    »Nur zu.« Alice war einfach an ihr vorbeigegangen.
    Warum hatten sie nicht Ada ins Internat geschickt und Bertie zu Hause gelassen? Das war einfach nicht fair.
    ***
    Erschrocken blickte Rosamund nach oben an die schmuddelige Zimmerdecke. Neben der Stuckrosette befand sich ein Fleck, der wahrscheinlich von Wasser herrührte, das irgendwann vom Dachboden heruntergetropft war. Sie fand aber keine Erklärung für den Krach.
    Der Dachboden war leer, das wusste sie. Die Arbeiter hatten wirklich alles bis auf die Spinnweben und Spinnen herausgeräumt. Dort gab es nichts mehr, was ein solches Geräusch hätte verursachen können. Sie schob den Gedanken zur Seite. Wahrscheinlich war es nur das alte Haus gewesen, das ächzte, der Wind oder einfach ihre Einbildung. Außerdem herrschte im Moment Stille. Colonsay lag in tiefem Schlaf.
    Zitternd kroch Rosamund in ihr Bett. Die Laken fühlten sich kalt und klamm an. Im Zimmer war es jetzt eindeutig kälter als zu dem Zeitpunkt, als sie es betreten hatte. Draußen musste es ziemlich abgekühlt haben. Vielleicht wechselte das Wetter, und der Wind drehte auf Südwest. Sie verkroch sich bibbernd in die Kissen, die Augen an die Decke geheftet.
    Die Lampe sah original aus, ein mattrosa Lilienkelch an einer einzelnen Kette. Die Stuckrosette zeigte zarte Farnwedel und Veilchen und war bis auf ein paar abgeplatzte Stellen intakt. Morgen wollten Fred Swanns Leute mit der

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