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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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durch seinen Körper rannen.
    Wienand wünschte sich, alles geträumt zu haben, aber es war nun mal kein Traum. Außerdem befand er sich auf dem Melaten-Friedhof, und er kannte keinen Grund, weshalb er ihn hätte besuchen sollen. Ihn hatten nur die unerklärlichen Botschaften hergetrieben.
    Ihm fiel ein, dass seine Frau vor dem Friedhof wartete. Er würde ihr einiges erklären müssen, und er war überzeugt, dass Maria ihn auslachte, aber das durfte sie nicht.
    Wienand streckte seine Arme aus und umfasste einen der liegenden Steine. Er diente ihm als Stütze und als Zugriff zugleich, und so zog er sich daran in die Höhe.
    Auf recht wackligen Beinen blieb er stehen und schaute auf die Mauer der Kapelle. Dort war alles wieder normal. Im Mauerwerk tanzte kein Gespenst, keine weiße Gestalt ließ sich dort blicken, und er hörte auch keine Stimme mehr.
    Dafür vernahm er ein anderes Geräusch, das ihn zusammenzucken ließ. Wer hier ging, der war kaum zu hören, weil der Boden die Schritte dämpfte. Und genau diese dumpfen Laute erreichten abgeschwächt seine Ohren.
    Ernst Wienand blieb stehen, weil er über die Grabsteine hinwegschauen wollte. Sein Blick glitt nach rechts zur Seite der Kapelle hin, und genau dort sah er die Gestalt auftauchen.
    Es war ein Mann.
    Er trug eine dunkle Hose, die einige Schmutzflecken zeigte. Zur Hose passte auch die ebenfalls dunkle Jacke. Der Mann war jünger als Ernst Wienand. Das blonde Haar war struppig geschnitten, und einige der eingegelten Spitzen zeigten eine dunklere Farbe.
    Ernst kannte den jüngeren Mann nicht, der wie jemand aus der IT-Branche wirkte, der sich hierher verlaufen hatte, aber er spürte instinktiv, dass sein Schicksal und das des Mannes miteinander verknüpft waren, denn der Gesichtsausdruck zeigte das gleiche ungläubige Staunen, das Ernst auch auf seinen Zügen vermutete.
    Der Blonde hatte ihn. gesehen, stutzte für einen Moment und kam auf Wienand zu. Er überstieg zwei am Boden liegende Grabsteine und blieb dann hinter dem stehen, auf den Ernst seine Hände gelegt hatte.
    »Hallo«, sagte er.
    Wienand nickte nur.
    Der andere schaute sich um. Er hob die Schultern und wusste nicht so recht, wie er anfangen sollte. Schließlich sagte er mit leiser Stimme. »Ich kann mir vorstellen, dass Sie das Gleiche erlebt haben wie ich.«
    »Und das wäre?«
    Eine Hand deutete auf die Kapelle. »Dort in der Mauer ist sie erschienen – oder?«
    Wienand nickte. Er fragte trotzdem: »Wer ist da erschienen? Können Sie mir das genauer sagen?«
    »Ja«, sagte der Jüngere mit zuckenden Lippen, »das kann ich Ihnen sagen. Es war eine Erscheinung, Es war ein Gespenst, ein Geist. Es war bleich und weiß...«
    Ernst unterbrach ihn. »Hatte die Erscheinung auch einen Namen?«
    »Hanna!«, flüsterte der Fremde.
    »Meine hieß Marietta.«
    Ein Nicken war die Antwort, dem eine Frage folgte. »Hat sie auch mit Ihnen Kontakt aufgenommen?«
    »Ja, das hat sie.«
    »Und?«
    Ernst Wienand sah keinen Grund, dem Fremden nicht die Wahrheit zu sagen. Er hatte in ihm längst einen Schicksalsgenossen erkannt, und so sagte er mit leiser Stimme: »Sie hat mir ihren Namen verraten. Sie hieß Marietta.«
    Der Jüngere schloss für einen Moment die Augen. »Hanna und Marietta«, sagte er mehr zu sich selbst gewandt. »Aber ich habe noch eine dritte Erscheinung gesehen...«
    »Ich auch.«
    »Kennen Sie deren Namen?«
    »Nein, der ist mir unbekannt.«
    »Ich weiß ihn auch nicht.«
    Ernst beschloss, dem Jüngeren reinen Wein einzuschenken. »Dann hat diese Marietta noch etwas zu mir gesagt. Sie hat behauptet, meine Mutter zu sein.«
    Nach diesem Satz zuckte der Blonde zusammen, als hätte er einen Schlag erhalten. Er saugte scharf die Luft ein, er ballte die Hände zu Fäusten und gab mit flüsternder Stimme bekannt, dass ihm das Gleiche widerfahren war.
    »Hanna ist aber nicht meine Mutter«, fügte er noch hinzu. »Meine Mutter hat einen ganz anderen Namen.«
    »Bei mir auch.«
    »Und jetzt?«
    Ernst wurde angeschaut, als erwarte der Mann von ihm die Lösung aller Probleme. Da musste er passen. Er hob nur die Schultern und stellte sich dabei vor.
    »Ich heiße Ernst Wienand.«
    »Den Namen habe ich nie gehört.«
    »Wie heißen Sie denn?«
    »Kalle Höffgen.«
    Wienand zuckte die Achseln. »Ihr Name sagt mir auch nichts, ehrlich. Trotzdem finden wir uns hier zusammen, weil angeblich hier die Geister unserer Mütter sind. Das ist doch schizo, ist das. Verdammt, wenn man das jemand erzählt, der hält uns

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