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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Grabschändern zerstört worden waren. Die Idioten gibt es eben überall auf der Welt, und sie würden leider auch nicht aussterben.
    Der schmale Weg war nicht eben lang, und so erreichten wir schon nach kurzer Zeit sein Ende. Dort blieb Justus Schmitz stehen. Er atmete heftiger, sicherlich hatte ihn das Laufen angestrengt. Als ich bei ihm war und auch stehen blieb, hob er den rechten Arm und streckte den Zeigefinger nach vorn.
    »Sehen Sie den Ort dort? Hier ist es gewesen!«
    »Was meinen Sie?«
    »Da ist doch die Kapelle.«
    »Ja.«
    »Und vor der Kapelle, das heißt, damals stand sie noch nicht hier. Das ist die alte Hinrichtungsstätte. Und hier hat sich auch das Siechenhaus befunden.« Er schüttelte sich, als er daran dachte. »Es muss eine verdammt schlimme Zeit gewesen sein. Aber jede Zeit ist schlimm, auch die heutige.«
    Da stimmte ich ihm zu, auch wenn ich es nur durch ein Nicken andeutete. »Aber das ist auch der Ort, an dem Sie Ihre – sagen wir – Mutter vermuten?«
    »Genau.«
    »In der Kapelle?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er leise und setzte sich in Bewegung, wobei er nicht normal ging, sondern geduckt, als läge eine Last auf seinem Rücken. Justus hatte wieder den Kopf nach vorn gestreckt und sah aus wie jemand, der witterte.
    Mir gefiel dieser Teil des Friedhofs nicht, der relativ frei lag, denn es gab keine normalen Gräber, sondern hohe Bäume, die Schatten spendeten und dafür sorgten, dass es in unserer Umgebung ziemlich kühl und feucht war.
    Auch sah diese Stelle aus, als wäre sie als Müllplatz des Friedhofs gebraucht worden. Nur war hier kein echter Müll hingekippt worden, sondern alte Grabsteine, mit denen niemand mehr etwas anfangen konnte, und es tat mir fast Leid um diese alten Zeugen.
    Mir fiel auch ein ungewöhnlicher Baum auf, der von einem Blitzschlag getroffen sein musste, denn sein Stamm war praktisch in zwei Hälften gespalten, die trotzdem noch zusammenhingen, aber eine breite Furche gebildet hatten, in die jemand zahlreiche kleine, bunte Mitbringsel gestellt hatte, als sollte der Baum verehrt werden wie ein Toter. Nicht weit davon entfernt entdeckte ich ein flaches Grab, auf dem ähnliche dieser Toten-Souvenirs lagen.
    Justus Schmitz hatte mich stehen gelassen und war schon weiter nach vorn gegangen. Er ging nicht normal, sondern mit schweren, leicht stampfenden Schritten, und er bewegte ständig seinen Kopf, um in die verschiedenen Richtungen zu schauen, aber er sah nichts Verdächtiges.
    Ich blieb noch zurück. Erst als Justus nicht mehr weiterging, setzte auch ich mich in Bewegung und blieb schweigend an seiner linken Seite stehen.
    Justus Schmitz nagte an seiner Unterlippe, während er die Kapelle nachdenklich anschaute und seine Blicke von oben nach unten über das Mauerwerk gleiten ließ.
    »Hier ist es«, flüsterte er, »hier muss es einfach sein. Es gibt keine andere Lösung.«
    »Das wissen Sie genau?«
    »Natürlich.«
    »Spüren Sie etwas?«
    »Nein, verdammt!«, zischte er. »Das ist es ja eben. Ich spüre nichts, gar nichts.« Fast wütend schüttelte er den Kopf. »Es ist einfach grauenhaft, und ich komme damit nicht zurecht. Vorhin hatte ich Angst, jetzt sehne ich mich fast danach, meine angebliche Mutter als Geist wieder zu sehen.«
    Aus seiner Sicht hatte er Recht. Auch wenn ich mich umschaute, gab es nichts Verdächtiges zu sehen, und das wiederum ärgerte mich, weil ich persönlich noch nicht mit dem konfrontiert worden war, was Justus Schmitz erlebte.
    Ich machte mir meine Gedanken über die Geschichte dieses speziellen Ortes auf Melaten. Hier waren die Menschen auf grausamste Weise umgebracht worden. So genannte Ketzer und Hexen, die nicht in das Weltbild der Kirche passten, wobei sich nicht nur die katholische Kirche hervorgetan hatte, auch die reformierte hatte ihre dunklen Flecken auf der historischen Weste, das durfte man nicht vergessen.
    So viele Unschuldige auch umgekommen waren, ich aber hatte in meiner beruflichen Laufbahn auch erlebt, dass es Dämonen gab und auch Menschen, die mit ihnen paktierten. So war ich schon selbst Hexen begegnet, die tatsächlich mit dem Teufel zusammengekommen waren, um anschließend normale Menschen in seinem Sinne zu »bekehren«.
    Deshalb glaubte ich nicht hundertprozentig, dass ausnahmslos nur Unschuldige zu Tode gekommen waren. Ich hatte auch Fälle erlebt, bei denen diese Monstren zurückgekehrt waren. So etwas konnte mir hier auch passieren. Der Kollege neben mir war bestimmt kein Spinner, der sich

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